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ATSB2101 Kreuzbandverletzungen: Ein Vergleich zwischen Männern und Frauen

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Veranstaltung Aktuelle Themen der Sportbiomechanik
Autor(en) Jonas Kadel, Annika Stoeveken
Bearbeitungsdauer -
Status in Bearbeitung
Zuletzt geändert am 26.07.2021

1. Einleitung

Kreuzbandverletzungen sind eine häufig vorkommende und gleichzeitig eine der schwersten Sportverletzungen bei Profisportler*innen (Erdrich, 2020). Betroffene beenden in Folge dessen nicht selten ihre aktive Sportlerkarriere oder finden nicht wieder zu alter Form zurück (Petersen et al., 2005). In den USA erleiden zwischen 100000 und 250000 Personen jährlich Verletzungen am vorderen Kreuzband (Gordon & Steiner nach Gokerle et al., 2010). Damit ist das vordere Kreuzband das am häufigsten verletzte Band des menschlichen Körpers (Spindler & Wright, 2008). Die Verletzung des hinteren Kreuzbandes hingegen, werden in der Literatur deutlich seltener zum Thema gemacht. Dementsprechend ist das Wissen über Verletzung am hinteren Kreuzband deutlich geringer (Ruße et al., 2006). Auch in diesem Artikel soll der Fokus auf Verletzungen am vorderen Kreuzband gelegt werden, da dieses deutlich häufiger geschädigt ist. Neben der Tatsache, dass das vordere Kreuzband generell sehr verletzungsanfällig ist, weisen verschiedene Studien darauf hin, dass Frauen in vergleichbaren Sportarten ein deutlich höheres Verletzungsrisiko aufweisen als Männer (Gokeler et al., 2010). In diesem Wiki-Artikel sollen Ansätze herausgearbeitet werden, warum Frauen häufiger von Verletzungen des vorderen Kreuzbandes betroffen sein könnten. Zusätzlich sollen Ideen geliefert werden, um der erhöhten Verletzungsrate bei Frauen vorzubeugen.

In Folgendem wird es zunächst einen Überblick über den Aufbau des Kniegelenks gegeben, um anschließend zur biomechanischen Funktion der Kreuzbänder an sich zu kommen. Nachfolgend wird der Verletzungsmechanismus des vorderen Kreuzbandes beschrieben und dabei auftretende, biomechanische Unterschiede zwischen Männern und Frauen werden aufgezeigt. Abschließend werden Ideen für die Praxis vorgestellt, die zur richtigen Anwendung von Vorbeugungsmaßnahmen dienen sollen, bevor letztendlich ein Fazit gezogen werden kann.

2. Das Kniegelenk

„Das Kniegelenk ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers“ (Grifka & Dullien, 2009, S. 1). In Abbildung 1 sind die wichtigsten Strukturen des Kniegelenks zu erkennen.

https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktioniert-das-knie.html

Abb.1: Knochen, Knorpel und Bänder im rechten Kniegelenk: links Ansicht von vorn, rechts von der Seite; Quelle: https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktioniert-das-knie.html

An dem Gelenk sind drei Knochen beteiligt:

  • das Femur (der Oberschenkelknochen)
  • die Tibia (das Schienbein)
  • die Patella (die Kniescheibe)

Das Femur ist der längste und kräftigste Knochen des menschlichen Körpers, bildet das Verbindungsstück zwischen Hüfte und Kniegelenk und weist zwei kräftige Knochenvorsprünge am distalen (von der Körpermitte entfernten) Ende auf (Flohe et al., 2009). Diese sind durch eine Grube, der sogenannten Kreuzbandhöhle, voneinander getrennt. Das kräftig ausgeprägte proximale (zum Rumpf hin gelegene) Ende der Tibia bildet das Gelenk-Gegenstück zum Femurende. Die Tibia ist der zweitlängste Knochen des menschlichen Körpers und damit der kräftigste Knochen des Unterschenkels (Keppler, 2018). Sie bildet das Verbindungsstück zwischen Sprung- und Kniegelenk. Das Wadenbein (die Fibula) ist nur indirekt am Aufbau des Kniegelenks beteiligt und dient lediglich als Ansatzpunkt für Bänder. Die Patella ist als dreieckartiger, flacher Knochen in die Sehne des Musculus quadriceps femoris (Oberschenkelmuskel) eingebettet und fixiert. Dadurch wird das Kniegelenk nach vorne geschützt (Becker, 2016). So wird unteranderem eine Überstreckung im Bein verhindert. Damit die Knochen nicht direkt aufeinander reiben, sind sie an den Kontaktstellen mit Knorpel überzogen (Grifka & Dullien, 2009).

Zwischen den beiden Knochen Femur und Tibia liegen die Menisken. Diese sind zwei halbmondförmige Knorpel im Kniegelenk (Fuchs & Wenzl, 2001). Sie haben eine „Stoßdämpfer-Funktion“, da sie sich an die Gelenkflächen der Knochen anpassen und den Druck auf das Gelenk abfedern. Es wird zwischen Außen- und Innenmeniskus unterschieden. Der Innenmeniskus ist mit den Strukturen der Bänder fest verwachsen. Der Außenmeniskus hingegen ist freier beweglich (Fuchs & Wenzl, 2001).

Das Kniegelenk ist außerdem durch eine Menge von Bandstrukturen und der Gelenkkapsel gesichert. Diese verhindern, dass sich die knöchernen Elemente des Gelenks zu stark gegeneinander verschieben. Zu den Bändern im Kniegelenk zählen die Seitenbänder und die Kreuzbänder (Grifka & Dullien, 2009):

  • Das Ligamentum collaterale fibulare (Knieaußenband) verläuft an der äußeren Seite des Knies. Es verläuft vom Gelenkkopf des Wadenbeins zu dem des Oberschenkelknochens. Es schützt das Kniegelenk vor lateraler Krafteinwirkung, also Kräften die das Knie von der Körpermitte weg nach außen drücken.
  • Das Ligamentum collaterale tibiale (Knieinnenband) ist ein breites flachen Band, welches an der medialen Seite des Knies verläuft. Es beginnt am Ende der Oberschenkelknochens und endet am Schienbenkopf. Zusammen mit dem Knieaußenband schränkt das Knieinnenband die Außenrotation des Kniegelenkes ein.
  • Das Ligamentum cruciatum anterior (vorderes Kreuzband) verläuft in der Mitte des Kniegelenks, in der Kreuzbandhöhle, und verbindet Femur und Tibia. Dabei zieht es von oben-hinten-außen nach unten-vorne-innen.
  • Das Ligamentum cruciatum posterior (hinteres Kreuzband) verbindet ebenfalls Femur mit Tibia, verläuft jedoch von vorne-oben-innen nach hinten-außen-unten, also gegensinnig zum vorderen Kreuzband.

Der Verlauf sowie die Funktionen der Kniebänder werden in dem folgenden Video veranschaulicht.

3. Die Biomechanik der Kreuzbänder

Da den beiden Kreuzbändern (Ligamenta cruciata) im Kniegelenk eine zentrale Bedeutung für die Kniekinematik zukommen (Mehl et al., 2018) und sie die zentrale Rolle in diesem Wiki-Artikel spielen, werden diese im weiteren Verlauf näher beleuchtet.

Beide Kreuzbänder bestehen aus straffem, parallelfaserigem Bindegewebe. Sie stabilisieren das Kniegelenk, indem sie es in seiner Bewegung einschränken. Einzelne Anteile der Kreuzbänder sind so gut wie in jeder Stellung gespannt (Kohn, 2016). Dadurch ist bei allen Kniegelenksstellungen Stabilität gewährleistet (Petersen & Tillmann, 2002).

Das vordere Kreuzband (VKB) ist etwa drei bis vier Zentimeter lang und bis zu einem Zentimeter breit (Petersen & Tillmann, 2002). Bei einer Messung von Davis et al. (1999) betrug die durchschnittliche VKB-Breite 5,7 mm bei Frauen und 7,1 mm bei Männern. Es hält im Durchschnitt einer maximalen Belastung von ca. 2500 Newton stand (Pötzel & Steinbeck, 2001). Die Hauptfunktion des VKB ist es, die Tibia gegen die Verschiebung nach vorne zu sichern. Am wirksamsten erfüllt das VKB diese Aufgabe zwischen 20° und 30° Beugung. Da es in diesem Winkel maximal gespannt ist, ist das VKB im Umkehrschluss in dieser Position gleichzeitig am auch am anfälligsten. In dieser Gelenkstellung lässt sich die Tibia nach Durchtrennung des VKB um ca. 5–10 mm weiter nach vorne ziehen als bei einem Kniegelenk mit intaktem Kreuzband (Petersen & Tillmann, 2002). Diesem Phänomen bedient sich der Lachman-Test, um zu testen, ob ein VKB-Riss vorliegt. Zur Veranschaulichung des Lachman-Tests dient das nachfolgende Video.

Bei der Rotationssicherung wirken die Kreuzbänder als sekundäre Stabilisatoren. In Innenrotation (max. 5°-10°) wickeln sie sich umeinander (Petersen & Tillmann, 2002). Auf diese Weise begrenzt das VKB die Verdrehung des Unterschenkels nach innen. Nach außen lässt sich der Unterschenkel um 30°-40° verdrehen. In dieser Stellung verlaufen die beiden Kreuzbänder annähernd parallel (Petersen & Tillmann, 2002). An der Sicherung des Kniegelenks gegen varische (nach außen) und valgische (nach innen) Kräfte sind die Kreuzbänder nur zu 15% (Varus) und 22% (Valgus) beteiligt (Petersen & Tillmann, 2002). Aufgrund der schlechten Durchblutung heilen Verletzungen des VKBs selten von alleine und müssen daher in der Regel operiert werden (Petersen & Tillmann, 2002).

Das hintere Kreuzband (HKB) ist stärker als das VKB. Die Messungen von Davis et al. (1999) ergaben eine durchschnittliche HKB-Breite von 9,5 mm bei Frauen und 10,9 mm bei Männern. Es ist somit breiter als das VKB. Allerdings unterscheidet es sich mit einer Länge von 3 cm bis 4 cm nicht in der Länge vom VKB (Seidel & Tittel, 2014). Das HKB übertrifft die Reißfestigkeit des VKB um ungefähr 50% (Seiler, 2000). Dabei verläuft es von der Innenseite des medialen Gelenkknorren des Femurs, zum vorderen oberen Ende des Schienbeins (area intercondylaris posterior tibiae). Das HKB zieht also von vorne-oben-innen nach hinten-außen-unten und damit gegenläufig zum VKB (Seidel & Tittel, 2014). Es ist bei einer Kniegelenkbeugung von 90° maximal und bei Streckung mehrheitlich entspannt. Damit ist das hintere Kreuzband bei gebeugtem Kniegelenk das entscheidende Führungselement (Seiler, 2000). Es sichert die Gleitrichtung des Schienbeins nach hinten („hintere Schublade“) (Seidel & Tittel, 2014). Generell ist es jedoch nur ein basaler Stabilisator des Kniegelenks (Seiler, 2000). Durch seine erhöhte Stabilität kommt es in Folge von Sportverletzungen eher selten zu Beeinträchtigungen des HKB. Bei schweren Verletzungen, meist Unfällen, kann aber auch das HKB reißen (Seiler, 2000).

4. Verletzungen am Kreuzband

Die Kreuzbandverletzung ist eine häufige Sportverletzung (Mehl et al., 2018). Besonders häufig hört man von einem Riss des Kreuzbands bei Sportler*innen (Erdrich, 2020). Von einem Kreuzbandriss ist meistens das vordere Kreuzband betroffen. Verletzungen dieser Art sind langwierig und mit einem hohen Aufwand bei der Rehabilitation verbunden (Gokeler et al., 2010). Dazu kommen häufige Folgeschäden. Etwa 70% der vorderen Kreuzbandverletzungen ereignen sich im Alter zwischen 15 und 45 Jahren und ca. 30% erleiden innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Rekonstruktion des Kreuzbandes erneut eine Verletzung eines Kreuzbandes (Erdrich, 2020).

Die Gelenkmechanik des Knies ist komplizierter als bei anderen Gelenken. Grund dafür ist, dass das Knie sowohl sehr beweglich sein aber gleichzeitig auch großen Belastungen standhalten muss. Sein komplizierter Aufbau ist mitunter der Grund dafür, dass das System anfällig für Störungen ist (Grifka & Dullien, 2009). Hinzu kommen große Belastungen, denen es ausgesetzt ist. Die generelle Verletzungsanfälligkeit des Kniegelenks ist bei Frauen sogar noch einmal gesteigert. Das Risiko für Frauen eine Kreuzbandverletzung zu erleiden ist um das 4 bis 6-fache erhöht (Hewett et al., 2005). Auch das Risiko einer zweiten Kreuzbandverletzung nach einer Kreuzbandoperation für Frauen ist deutlich erhöht (Erdrich, 2020). Neben den Variablen Vorverletzung, Alter und Geschlecht lassen sich in der Literatur zahlreiche anatomische, hormonelle, umweltbedingte und biomechanische sowie neuromuskuläre Risikofaktoren für eine Kreuzbandverletzung finden. Frauen bringen für viele dieser Faktoren ungünstigere Voraussetzungen mit, was die erhöhte Verletzungsanfälligkeit erklären könnte (Erdrich, 2020). Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht der Risikofaktoren einer Kreuzbandverletzung.

Vgl., Mehl et al., 2018, S.53

In diesem Kapitel soll die Biomechanik, die für eine Kreuzbandverletzung von Bedeutung ist, genauer betrachtet werden. Darüber hinaus werden die genauen Verletzungsmuster betrachtet. Im Zuge dessen wird analysiert, warum die biomechanische Situation bei Frauen ungünstiger ist als bei Männern.

4.1. Der Verletzungsmechanismus bei Verletzungen des vorderen Kreuzbandes

Die meisten Kreuzbandrisse finden ohne äußere Einwirkung statt (Mehl et al., 2018). Die Bewegung des Knies und die Belastung während einer Landung sind Prädiktoren für das Verletzungsrisiko des vorderen Kreuzbandes. Die meisten Verletzungen des vorderen Kreuzbandes treten typischerweise während plötzlicher Drehbewegungen, bei abrupten Verlangsamungen oder bei Landungen auf (DeMorat et al., 2004). Vor allem ein dynamischer Knievalgus (Hewett et al., 2005) und eine Knieflexion von 5° - 20° können eine Ruptur des vorderen Kreuzbands begünstigen (Mehl et al., 2018). Nach den Informationen aus dem vorangegangenen Kapitel macht dieser Verletzungsmechanismus Sinn, da das vordere Kreuzband in dieser Position maximal gespannt ist und die Kräfte, die auf es einwirken, hier enorm sind (Mehl et al., 2018). Diese Bewegungen treten beispielsweise bei einer Landung nach einem Kopfball im Fußball oder bei einer schnellen Körpertäuschung im Handball auf.

[Abb. 2: Bild Knievalgus Position –> Genehmigung wird eingeholt]

Es gibt verschiedene Tests, die dabei helfen sollen gefährdete Sportler zu identifizieren. Die meisten Tests sind auf die Erkennung der Valgusstellung im Knie ausgerichtet. Sehr häufig wird der „Drop-Jump-Screening-Test“ zur Analyse verwendet. Der Ablauf des Drop-Jumps wird in dem folgenden Video vorgestellt. Zur Analyse wird dieser Sprung mit einer Kamera aufgezeichnet und die Bewegung in dem Video genauer betrachtet. Ist der Abstand zum Zeitpunkt der Landung zwischen den beiden Kniegelenken kleiner als der Abstand zwischen den Füßen, liegt ein dynamischer Valgus vor (Mehl et al., 2018).

Hewett et al. (2005) analysierten in ihrer Studie 205 Athletinnen mittels „Drop-Jump-Screening-Test“. Bei Sportlerinnen mit einem Kreuzbandriss war der Knieabduktionswinkel (frontal betrachtet der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel) im Vergleich zu gesunden weiblichen Kontrollpersonen um 8° erhöht. In dieser Studie konnte ein Abduktionsmoment eine Verletzung des VKB mit einer Spezifität von 73 % und einer Sensitivität von 78 % vorhersagen. Betrachtete man die Sportlerinnen von der Seite, fanden die Autoren bei Sportlerinnen mit VKB-Riss einen geringeren maximalen Knieflexionswinkel von 10,5° während der Landung im Vergleich zu gesunden Sportlerinnen.

Ein weiterer Aspekt, der typisch für die Körperhaltung bei einer Kreuzbandverletzung zu sein scheint, ist dass der Körperschwerpunkt zum Zeitpunkt der Verletzung hinter dem Knie liegt (Mehl et al., 2018). Zum Beispiel spielt die Körperlage bei dem sogenannten Phantomfuß-Mechanismus im Skisport eine besondere Rolle. Der Phantomfuß-Mechanismus, ist ein Bewegungsmechanismus, der häufig im Skisport zu einer Kreuzbandverletzung führt. Hierbei kommt es zu einer Innenrotation des Schienbeins gegenüber dem Oberschenkel bei stark gebeugtem Knie während sich der Oberkörperschwerpunkt hinter dem Knie befindet. Dadurch wird eine Kontraktion des musculus quadrizeps femoris erzeugt, die zusätzlich das vordere Kreuzband belastet. Die ischiokrurale Muskulatur dient hierbei normalerweise ausgleichend. In der beschriebenen Position ist der Hebelarm für die hintere Oberschenkelmuskulatur ungünstig und sie kann ihrer Aufgabe nicht nachgehen (Petersen et al., 2005).

[Abb. 3: Bild Phantomfuß-Mechanismus, folgt –> Genehmigung wird eingeholt]

Die maximalen isometrischen Quadrizepskontraktionen bei jungen trainierten Männern wurde durch radiologische und mathematische Analysen auf zwischen 6000 und 7000 N (3000 N Normalbevölkerung) geschätzt. Die exzentrischen Kontraktionskräfte wurden sogar auf noch höher geschätzt (DeMorat et al., 2004). DeMorat et al. (2004) simulierten an 13 Kniegelenken von Körperspendern eine Quadrizepskraft von 4 500 N in 20° Knieflexion. In sechs Kniegelenken kam es zur makroskopisch sichtbaren Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass scheinbar eine starke Belastung des Quadrizeps zu einer signifikanten anterioren Translation der Tibia relativ zum Femur führt. Daraus schlussfolgerten sie, dass bei Verletzungen des VKB ohne äußere Einwirkung, der Quadrizeps die intrinsische, auslösende Kraft ist. DeMorat et al. (2004) merken in ihrer Arbeit auch an, dass bereits zahlreiche Studien an Leichen gezeigt haben, dass eine isometrische Quadrizepsbelastung maximale VKB-Belastungswerte bei nahezu vollständig gestrecktem Knie erzeugt und dass die vom Quadrizeps erzeugte anteriore Scherkraft umgekehrt proportional zum Kniebeugewinkel ist. Das heißt, dass die Last des vorderen Kreuzbandes sinkt, je weiter das Knie gebeugt ist.

4.2. Risikosportarten

Besonders gefährdet sind Sportler*innen aus Sportarten mit abrupten Richtungswechseln mit Seit- und Drehbewegungen. Dazu zählen zum Beispiel Sportarten wie Fußball, Handball und Basketball (Erdrich, 2020). Aber auch im Skisport wird in den letzten Jahren durch die Tendenz zu immer schnelleren und kleiner Kurven eine häufigere Verletzungsrate der Kreuzbänder, insbesondere von Frauen, beobachtet. Bei einer Studie, die über 34 Jahre in einem Skigebiet lief und welche die Skiverletzungen in dieser Zeit analysierte, betrafen 14 % der Verletzungen das VKB. Davon waren zu 63 % Frauen betroffen (Gokeler et al., 2010). Im Fußball haben Frauen sogar ein 6-fach erhöhtes VKB-Verletzungsrisiko im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen (Gokeler et al., 2010). Betrachtet man jedoch die absoluten Zahlen erleiden Männer mehr Kreuzbandverletzungen (Nehrer, 2013). Außerdem ist der Fußball die Sportart, in der Kreuzbandverletzungen am häufigsten vorkommen (Nehrer, 2013). Dabei finden die meisten Verletzungen ohne gegnerische Einwirkung statt (Erdrich, 2020). Auch auffällig ist die Tatsache, dass bei den Ballsportarten 85,2 % der VKB-Verletzungen in einer Angriffssituation und nur 14,8 % während einer Abwehrsituation stattfinden (Erdrich, 2020).

4.3. Biomechanische Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Knie

Bereits in der Pubertät unterscheidet sich die Entwicklung zwischen Jungen und Mädchen maßgeblich. Durch den Testosteronanstieg bei jungen Männern haben diese bereits früh eine höhere gesamte relative Muskelmasse, einen geringeren Gesamtfettanteil und im Vergleich zu den Mädchen unterschiedliche Körperproportionen. Dies führt zu verschiedenen Unterschieden bezüglich der biomechanischen Gegebenheiten zwischen den Geschlechtern (Nehrer, 2013). Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien und Herausgeberwerke, die sich mit der unterschiedlichen Biomechanik von Männern und Frauen in den unteren Extremitäten beschäftigen. Im Folgenden Teil werden einige Aspekte vorgestellt, die in Studien häufig als ausschlaggebend für das unterschiedliche Verletzungsrisiko der Kreuzbänder zwischen Männern und Frauen genannt werden.

Ein wichtiger Unterschied scheint die Gesamtbeinachse zu sein. Aufgrund eines breiteren Beckens bei Frauen, ist der Winkel zwischen der Längsachse des Femurs und der Patellasehne größer. Gerne wird hierbei auch von einem Q-Winkel gesprochen. Aus dieser Ausrichtung resultiert eine Valgusstellung (X-Bein-Stellung). Dadurch liegen kinematische Unterschiede in der Frontalebene der unteren Extremitäten zwischen Männern und Frauen vor (Gokeler et al., 2010). Vor allem die Patella, aber auch das vordere Kreuzband scheinen durch einen größeren Q-Winkel stärker belastet zu werden (Nehrer, 2013). Da der vorgestellte Verletzungsmechanismus bei einer Kreuzbandruptur (Kapitel 3.1) durch Kräfte aus der Frontal- und Transversalebene verursacht wird, kann die durch einen hohen Q-Winkel veränderte Zugrichtung der stabilisierenden Muskulatur ein Prädiktor für VKB-Verletzungen sein (Gokeler et al., 2010).

[Abb. 4: Q-Winkel; folgt –> Genehmigung wird eingeholt]

Darüber hinaus setzten sich viele Studien mit der unterschiedlichen Größe der Kreuzbandhöhle (Interkondyläre Notch) bei Frauen und Männern auseinander. Dieser Aspekt wird allerdings sehr kontrovers diskutiert (Gokeler et al., 2010). Alte Studien konnten bereits zeigen, dass bei Athlet*innen mit schmaler Kreuzbandhöhle das Risiko eines Kreuzbandrisses erhöht ist (Davis et al., 1999). Davis et al. (1999) kamen in ihrer Arbeit zu dem Ergebnis, dass es eine signifikante Korrelation von Kreuzbandhöhlenweite und VKB-Weite gibt und dass Frauen eher kleinere VKB-Weiten aufweisen. Auch Anderson et al. (2001) untersuchten in ihrer Studie den Aspekt der Kreuzbandhöhlengröße. Auszüge der Messungen mittels Magnetresonanztomographie sind in der untenstehenden Tabelle dargestellt. In der Studie wurden 50 weibliche und 50 männliche Teilnehmer*innen mit einem Durchschnittsalter von ungefähr 16 Jahren untersucht. Die Wissenschaftler*innen stellten fest, dass unter anderem die Kondylenbreite, die Kreuzbandhöhlenbreite und die VKB-Fläche bei männlichen Teilnehmern signifikant größer war. Auch bei Mitberechnung des Körpergewichts war die durchschnittliche VKB-Fläche bei den männlichen Sportlern immer noch signifikant größer als bei den Weiblichen. Betrachtete man jedoch die VKB-Größe zur fettfreien Körpermasse (Körpergewicht minus gesamtes Körperfett) gab es keinen signifikanten Unterschied im Bereich des vorderen Kreuzbandes zwischen den männlichen und weiblichen Sportler*innen. Alles in Allem konnte aus der Studie jedoch entnommen werden, dass Frauen im Durchschnitt ein dünneres VKB besitzen, welches bei ähnlicher Krafteinwirkung somit auch früher Verletzungen aufweist.

Vgl., Anderson et al., 2001, Übersetzter Auszug aus „Table 5: Magnetic Resonance Imaging Measurement Differences Between Male and Female Basketball Players“; S.62

Der genaue Mechanismus, der letztendlich zu einer Kreuzbandruptur durch eine kleiner Kreuzbandhöhle führt, ist jedoch unklar (Petersen et al., 2005). Es wird vermutet, dass durch einen Engpass am vorderen Rand der Kreuzbandhöhle ein Riss des VKB begünstigt werden kann (Gokeler et al., 2010). Folgestudien kamen hingegen zu dem Ergebnis, dass weniger das Geschlecht ausschlaggebend für das Volumen des VKB ist, sondern eher die Körpergröße (Fayad et al., 2008).

Ein weiterer Unterschied zwischen Männern und Frauen ist die muskuläre Kontrolle der medial-lateralen Kniebewegung. Typischerweise wird die Bewegung des Kniegelenks bei Frauen beim einbeinigen Landen oder Abbremsen von den Bodenreaktionskräften und nicht von der Muskulatur der Sportlerin geleitet. Das heißt die Bänder müssen mehr Kräfte auffangen. Man spricht von einer „Ligament Dominanz“ bei Frauen. Dies führt zu einer hohen Valgusbewegung des Knies und zu hohen Bodenreaktionskräften (Hewett & Johnson, 2010).

Außerdem tendieren Sportlerinnen dazu ihre Kniestrecker bevorzugt gegenüber ihren Kniebeugern zu aktivieren, um die Kniestabilität zu kontrollieren (Hewett & Johnson, 2010). Das Problem dabei ist aber, dass der Kniestrecker bei Anspannung einen tibialen Vorschub erzeugt. Das heißt, der Winkel zwischen Patellasehne und Tibiaschaft kann bei einer Aktivierung des Quadrizeps eine Scherkraft nach vorne auf die Tibia relativ zum Femur verursachen. Das wiederum bedeutet Stress für das VKB (DeMorat et al., 2004). Dieser Bewegung wirken normalerweise die Kniebeuger als Antagonisten entgegen (Petersen et al., 2005).

Auch Anderson et al. (2001) fanden in Ihrer Untersuchung heraus, dass das „Hamstrings-zu-Quadrizeps-Muskel-Verhältnis“ bei männlichen Probanden höher als bei den weiblichen Probanden war. Daraus deuteten Anderson et al., dass die hinteren Oberschenkelmuskeln bei den weiblichen Sportlerinnen im Vergleich zu den Quadrizepsmuskeln relativ schwächer waren als bei den männlichen Sportlern.

Abb. 5: Tibiabewegung bei Anspannung der Oberschenkelmuskulatur; Quelle: https://skilehrerverband.de/wp-content/uploads/2020/01/Modul-Theorie-2018_Funktionelle-Bewegungsanalyse_Wallner.pdf

5. Vorbeugungsmaßnahmen/Ideen für die Praxis

Zur Prävention von VKB-Verletzungen gibt es bereits unterschiedliche Ansätze. Diese können entweder die Veränderung der intrinsischen oder der extrinsischen Faktoren zum Ziel haben. Intrinsische Faktoren sind auf den Menschen direkt bezogen (Jöllenbeck et al., 2010). Dazu zählen zum Beispiel die in Kapitel 4.3 behandelten anatomischen und biomechanischen Aspekte. Extrinsische Faktoren hingegen sind auf äußere Bedingungen, wie zum Beispiel die Sportausstattung und Wetterbedingungen bezogen (Jöllenbeck et al., 2010). Mögliche präventive Maßnahmen sind zum Beispiel Trainingsprogramme, die an den modifizierbaren Risikofaktoren arbeiten. Des weiteren ist die Untersuchung und Anwendung von Screening-Tests zur individuellen Zustandseinschätzung sinnvoll (Jöllenbeck et al., 2010). Dadurch ist eine frühzeitige Risikoerkennung möglich und einer Verletzung kann rechtzeitig mit entsprechenden Übungen entgegengewirkt werden.

Im folgenden wird der Fokus auf präventive Maßnahmen, die auf eine Veränderung der intrinsischen Faktoren abzielt, gelegt. Vor allem die intrinsischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen spielen in den folgenden Maßnahmen eine Rolle. In den vergangenen Jahren wurden bereits verschiedene Strategien zur Prävention von Kreuzbandrissen entwickelt (Mehl et al., 2018). Alle erfolgreichen Programme beinhalten die folgenden Schlüsselelemente (Hewett & Johnson, 2010):

  • dynamische Aufwärmphase
  • Sprungtraining mit Schwerpunkt auf Körperhaltung und -kontrolle
  • Rumpfpositionierung
  • dynamisches Rumpfgleichgewicht
  • Ganzkörperkontrolle durch eine spezielle Aufgabe
  • Krafttraining für den Rumpf und die untere Extremität
  • sportspezifische Aerobic- und Fertigkeitskomponenten
  • Trainingsprogramme vor und während der Saison, die strikt befolgt werden

Aufgrund der erhöhten Kreuzband-Verletzungsrate bei Frauen scheint es sinnvoll die genannten Risikofaktoren, die sie aufweisen, in der Praxis gesondert zu berücksichtigen. Zu den Maßnahmen, die bisher entwickelt wurden zählen die Aufklärung über typische Verletzungsmechanismen, die Anpassung gefährdender Bewegungen, Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts und der Propriozeption, neuromuskuläres Training, Krafttraining der ischiokruralen und hüftstabilsierenden Muskulatur sowie Laufübungen (Mehl et al., 2018). Hewett und Johnson (2010) betonen, dass neuromuskuläres Training einen signifikanten Effekt auf die Reduzierung des relativen VKB-Verletzungsrisikos bei Sportlerinnen aus Risikosportarten hat. Nehrer (2013) empfiehlt vor allem im leistungsorientierten Sport den Unterschieden zwischen den Geschlechtern mehr Beachtung zu schenken. Vorgeschlagen werden Regelanpassungen und die Entwicklung von angepassten Trainingsgeräten beziehungsweise die Anpassung der Sportausrüstung. Orthesen oder externe Unterstützung sieht er hingegen zur Reduktion von Bandverletzungen als weniger geeignet. Teilweise reagieren die ersten Sportarten auf die beobachtete Entwicklung. So wird in den USA zum Beispiel bereits bei Fußballerinnen ein passendes Koordinations- und Kräftigungsprogramm in den Trainingsalltag integriert, um die Verletzungshäufigkeit im Frauenfußball zu reduzieren (Nehrer, 2013). Heidt et al. (2000) haben in ihrer Untersuchung ein 7-wöchiges Präventionsprogramm bei 300 Fußballerinnen vor dem Beginn der Saison getestet. Das Programm umfasste sportspezifisches kardiovaskuläres Konditionstraining, plyometrische Übungen (Sprungübungen), Krafttraining und Flexibilitätsübungen. Das Ergebnis zeigte, dass die Spielerinnen der untrainierten Gruppe sich deutlich häufiger verletzten, als Spielerinnen in der Trainingsgruppe. Auch wenn das Programm nicht speziell zur Prävention von VKB-Verletzungen ausgelegt war, ist aus den Ergebnissen deutlich erkennbar, dass das Programm gerade im Bereich der Kreuzbänder Wirkung zeigte.

[Tabelle 3 aus Heidt et al.]

Ein bekanntes Beispiel für ein Präventionsprogramm, dass sich speziell mit der Problematik der hohen Verletzungsanfälligkeit von Frauen beschäftigt, ist Sportsmetrics (Mehl et al., 2018). Das Sportsmetrics Programm existiert bereits seit 1999 und begann mit einer im American Journal of Sports Medicine veröffentlichten Sportsmetrics-Studie. Das Programm ist im Wesentlichen für die Vorbereitungsphase einer Saison gedacht. Das heißt für eine Dauer von ungefähr 8 Wochen. Während der Saison sollte dann nur ein Teil der Übungen ausgeführt werden. Um nachhaltigere Effekte erzielen zu können, wurden in der Folge Präventionsprogramme für Fußball und Handball entwickelt, die das herkömmliche Aufwärmen ersetzen können und mindestens 1–3-mal wöchentlich durchgeführt werden sollen. Dazu zählt unter anderem das Fifa 11+ Programm (Jöllenbeck et al., 2010).

6. Fazit

Die Bewegungsmechanismen, die eine VKB-Verletzung hervorrufen können, sind gut erforscht. Dagegen sind die intrinsischen Ursachen und Kräfte noch nicht eindeutig definiert (DeMorat et al., 2004). Die Ergebnisse verschiedener Studien weisen aber darauf hin, dass der Geschlechtsunterschied bei den Kreuzbandrissen in erster Linie durch einen Unterschied in mehreren miteinander verbundenen intrinsischen Faktoren verursacht wird (Anderson et al., 2001).

Um vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, können Sportlerinnen manchen Faktoren entgegenwirken, andere sind naturgegeben. Der Q-Winkel beispielsweise ist geschlechterspezifisch und kann durch Training nicht verändert werden, ebenso die kleinere Kreuzbandhöhle der Sportlerinnen (Gokeler et al., 2010). Hier sind sie biomechanisch im Nachteil gegenüber ihren männlichen Kollegen. Bei der „Ligament-Dominanz“ von Sportlerninnen hingegen sieht es anders aus. Auch diese Unterschiede zu männlichen Sportlern sind zwar biomechanisch gegeben, können jedoch durch gezieltes Stabilisationstraining ausgeglichen werden (Hewett & Johnson, 2010). Gleiches gilt für das „Hamstrings-zu-Quadrizeps-Muskel-Verhältnis“ (Anderson et al. 2001). Ebenso können Sportlerinnen durch Stabilisations- und Sprungtraining ihre Landeposition verbessern, um eine zu extreme Valgusstellung bei der Landung zu vermeiden (Heidt et al. 2000). Abschließend lässt sich also festhalten, dass es bei Verletzungen am VKB einen geschlechterspezifischen Unterschied gibt, der auch nur zum Teil durch gezieltes Training nivelliert werden kann. Gerade deswegen sollte unserer Meinung nach, gerade bei Risikosportarten, vermehrt auf die Prävention von Verletzungen am VKB eingegangen werden, um diesen am besten schon vorzubeugen.

7. Bonusaufgabe

Einfluss des weiblichen Sexualhormons Östrogen auf Kreuzbandverletzungen

Einen Einfluss auf die generelle Stabilität der Bänderstrukturen bei Frauen, und somit auch auf ein erhöhtes Risiko für Kreuzbandverletzungen, könnten weibliche Sexualhormone haben (Gokeler et al., 2010). Studien hierzu werden zurzeit allerdings noch kontrovers diskutiert. Langzeitstudien zu dieser These gibt es leider noch keine und die wenigen, speziell auf Kreuzbänder spezialisierten Studien, wurden bisher meist nur an Tieren durchgeführt (Seidel & Tittel, 2014). Dass eine erhöhte Östrogenkonzentration biomechanischen Einfluss auf den menschlichen Mechanismus hat, fanden allerdings bereits 1976 Hama et al. heraus (Seidel & Tittel, 2014). So reduziert eine hohe Östrogenkonzentration beispielsweise die Kollagenmenge sowie den Sehnenfibrillendurchmesser signifikant (Seidel & Tittel, 2014). Ob sich diese Veränderungen jedoch direkt auf die Stabilität der Kreuzbänder auswirkt, konnte bisher nicht festgestellt werden. Auch der zugrunde liegende Mechanismus für diese Vermutung ist bisher nicht geklärt (Gokeler et al., 2010). Vereinzelte Studien zeigten allerdings eine erhöhte Inzidenz von Kreuzbandverletzungen während der Ovulationsphase, also der Menstruationsphase der Frau, bei der die Östrogenkonzentration im Körper am höchsten ist (Nehrer, 2013). Ob dieses Phänomen jedoch direkt auf die erhöhte Östrogenkonzentration zurückzuführen ist, wurde bisher nicht final geklärt (Erdrich, 2020), zumal auch widersprüchliche Studien existieren (Petersen & Tillmann, 2002). Würden sich die Vermutungen jedoch bewahrheiten, könnte die Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva, wie beispielsweise der „Pille“, zur Reduzierung der Verletzungsraten führen (Erdrich, 2020). Denn so wäre der weibliche Körper keinen extremen Schwankungen der Östrogenkonzentrationen ausgesetzt. Letztendlich ist, wie bereits erwähnt, der direkte Einfluss einer erhöhten Östrogenkonzentration auf eine zunehmende Verletzungsrate an Kreuzbandverletzungen nicht vollständig geklärt (Gokeler et al., 2010). Die existierenden Hinweise könnten allerdings ein Anzeichen darauf sein, dass die Vermutungen sich bewahrheiten. Allerdings müssten dazu weitere, genauere Studien angestellt werden.

Literatur

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