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biomechanik:projekte:ss2014:skilanglauf

WP1402 Skilanglauf

WP1402 - Skilanglauf
Veranstaltung PS Biomechanik
Autor S. Gebhardt, T. Hofmann
Bearbeitungsdauer 45 min
Präsentationstermin 25.06.2014

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Einleitung

Der Skilanglauf ist eine Skisportart, die ihren Ursprung in vor mehr als 10.000 Jahren in Skandinavien hat. Aus diesem Grund wird er als eine der Nordischen Skisportarten bezeichnet. Gekennzeichnet wird der Skilanglauf als eine Fortbewegung auf Skiern, die durch Fuß- und Stockabdruck entsteht. Unter konditionellen Aspekten ist er den Ausdauerdisziplinen zuzuordnen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die gesamten Skeletmukulatur für die Fortbewegung von großer Bedeutung ist. Derzeit betreiben in Deutschland 2,4 Millionen Skilangläufer diesen Sport. Da beim Skilanglauf deutlich niedrigere Geschwindigkeiten auftreten als bei den alpinen Skisportarten erfreut er sich besonders im älteren Teil unserer Gesellschaft großer Beliebtheit. Dies zeigt sich auch im Boom der Sommersportart Nordicwalking, die sich aus einer Sommertrainingsform des Langlaufs gebildet hat. Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend weiter bestehen bleibt. Aus gesellschaftlicher Sicht ist dies durchaus wünschenswert, denn zum einen kann Ausdauersport gerade in den Wintermonaten einen positiven Beitrag zur Bekämpfung der Zivilisationskrankheiten liefern und zum anderen stellt der Skilanglauf eine umweltfreundliche Alternative zum alpinen Skitourismus dar.

Bei der Betrachtung der Biomechanik des Skilanglaufs sind alle wesentlichen Bereiche der Biomechanik von Bedeutung. In diesem Wiki möchten wir diese für die klassische Technik erläutern. Dazu wird der Bewegungsablauf des Diagonalschritts, der Bewegungsablauf des Doppelstockschubs und die Dynamik des Systems Ski-/Skifahrer beim Diagonalschritt beschrieben.

verfasst von S. Gebhardt

Bewegungsbeschreibung Klassisch im Detail

Diagonalschritt

Der Diagonalschritt ist die Grundbewegungsform der klassischen Technik und dominierend in der alltäglichen Langlaufpraxis, besonders bei Freizeitlangläufern und Skiwanderern. Dies liegt daran, dass zur Ausübung dieser Technik keine gespurten Loipen benötigt werden. Der Langläufer kann seine Strecke frei bestimmen und Intensität sowie Tempo selbst wählen.

Die vier Phasen des Diagonalschritts

Der gesamte Bewegungsablauf des Diagonalschritts kann in vier Phasen unterteilt werden und gliedert sich folgend:

Abb.1 Beinabdruck (Wenger,1992)

1. Die Abdruckphase Die Abdruckphase beginnt, wenn beide Füße auf gleicher Höhe sind. In diesem Fall wird auch vom „Druckpunktnehmen“ gesprochen. Der Langläufer muss eine ausreichende Haftreibung zwischen Ski (-wachs) und den Schneekristallen herstellen. Der Abdruck wird durch eine leichte Beugung des Abdruckbeins eingeleitet. Die Kniebeugung erzeugt eine leichte Vorspannung im Muskel, welche als zusätzliche Kraft für den Abdruck genutzt wird. Während dieses Vorgangs befindet sich der Oberkörper vor den Beinen und die Hüfte wird soweit nach Hinten geschoben, dass sie eine senkrechte Linie mit dem Sprunggelenk bildet. Der Abdruck wird durch eine völlige Streckung des Beins beendet.

Abb. 2 Gleitphase (Wenger,1992)

„Die Abdruckphase ist gleichzeitig die Phase der Gewichtsverlagerung auf den Gleitski. „Sie beginnt mit dem Abdruck und ist beendet, wenn sich das Abdruckbein entlastet aus der Spur hebt“ (Wenger & Wöllzenmöller, 1992, S. 87).

2. Die Gleitphase Die Gleitphase beginnt, wenn das Abdruckbein den Boden verlässt und das Gewicht auf das andere Bein verlagert wird. Innerhalb dieser Bewegungsform ist das Gleitbein durchgestreckt. Dadurch kann sich die Oberschenkelmuskulatur entspannen, die Hüfte schiebt sich nach oben und Schwungbein kann frei nach vorne geführt werden.

Abb. 3 Schwungphase des Beins (Wenger, 1992)

3. Die Schwungphase des Beins teilt sich in einen aktiven und einen passiven Teil. Die passive Schwungphase beschreibt das Auspendeln des Abdruckbeins nach hinten. Wie weit das Abdruckbein nach hinten schwingt hängt ausschließlich von der Abdruckkraft ab. Die Muskulatur soll sich hierbei entspannen und erholen. Mit dem Schwung nach hinten dehnt sich die Beugemuskulatur des Hüftgelenks. Die Spannung im Muskel ist Voraussetzung für den aktiven Schwung nach vorne. Die aktive Schwungphase beginnt mit der Vorwärtsbewegung des Beins und passt sich dem Laufrhythmus an. Das Bein wird in einem runden Schwung bis zum Gleitbein geführt. Dieser Schritt ist besonders wichtig, da nur in diesem Fall der optimale Vortriebsimpuls genutzt werden kann. Zu frühes Aufsetzen des Schwungbeins führt zu einer Verschlechterung des Vortriebs und zum Geschwindigkeitsverlust.

Abb. 4 Arm- und Stockarbeit (Wenger,1992)

4. Arm- und Stockarbeit Die Arm- und Stockarbeit ist ein wichtiger Bestandteil der Vorwärtsbewegung. Die Armkraft ist zwar geringer als die der Beine aber zusammen mit der Oberkörpermuskultur ergibt sie eine große Muskelmaße. Hinzu kommt noch der längere Arbeitsweg der Stöcke, gegenüber den Beinen. Die Bewegung der Arm- und Stockarbeit besteht aus einer Zugphase und einer Schubphase. Der Ablauf erfolgt wechselseitig zur Beinarbeit. Beim Gleiten auf dem rechten Bein führt der linke Arm die Stockarbeit aus und umgekehrt. Bei der Zugphase ziehen die Arme den Stock bis zum Körper (Zugarbeit der Armmuskulatur). Wenn die Stockspitze auf Höhe des Gleitbeins in den Schnee sticht, beginnt die Schubphase. Die Armmuskulatur übt einen Druck auf den Stock aus, wodurch der Langläufer nach vorne geschoben wird. Während der Gesamtbewegung ist darauf zu achten, dass sich Arme und Stöcke parallel zur Laufrichtung bewegen. Abweichungen führen zum Verlust der Vortriebskraft.

Folgendes Video verdeutlicht den gesamten Bewegungsablauf des Diagonalschritts



Doppelstockschub

Der Doppelstockschub findet seine Anwendung in der klassischen Technik und der Skatingtechnik. In der klassischen Technik kann er außerdem als Doppelstockschub mit Zwischenschritt oder Einschritt ausgeführt werden. In diesem Wiki wird der Bewegungsablauf des Doppelstockschubs in der klassischen Technik beschreiben. Dieser Unterteilt sich in die Zugphase, Schubhase und Schwungphase. Die Gleitphase findet durchgehend statt.

Die Zugphase beginnt, „…wenn der Vorschwung der Arme beendet ist und die Stöcke im Schnee einsetzen…“(Wenger & Wöllzenmöller, 1992, S.100). In dieser Position befinden sich die Stöcke in einem spitzen Winkel nach hinten. Setzen die Stöcke zu weit vorne an tritt eine Bremswirkung ein. Der Körperschwerpunkt liegt vor den Fußspitzen, so dass das Körpergewicht auf die Fußballen verlagert wird. Nun kann sich der Läufer an die Stöcke heranziehen. Wenn die Arme senkrecht zum Boden stehen ist das Ziehen nicht mehr möglich, und es beginnt die Schubphase. In der Schubphase dominieren die Arme. Der Körper nimmt eine fast waagerechte Haltung ein und die Arme schieben ihn nach vorne. Mit dem Verlassen der Stöcke aus dem Boden, tritt die Schwungphase ein. Die Arme pendeln nach hinten aus, der Körper richtet sich auf und die Stöcke werden wieder in die Position für die Zugphase gebracht.

Folgendes Video verdeutlicht den gesamten Bewegungsablauf des Doppelstockschubs



verfasst von T. Hofmann

Biomechanische Prinzipien des Diagonalschritts

Dynamik des Diagonalschritts

Um den Weg-Zeit Verlauf des KSP des Skilangläufers mathematisch zu beschreiben wird das Grundgesetz der Dynamik angewendet. Analog dazu ergibt sich aus der Summe der Drehmomente $ M_i $ und dem Trägheitsmoment des Skiläufers um die $y$-Achse $ I $, die Winkelbeschleunigung $\dot{\omega}$. ;#;

$$ \sum_{i=0}^n F_i = m~a $$ $$ \sum_{i=0}^n M_i = I ~\dot{\omega} $$

;#; Diese beiden Axiome sind von Bedeutung wenn der Langläufer beschleunigt/verzögert oder wenn man die Dynamik innerhalb eines Bewegungszyklus der Periode $ T $ betrachtet, da der KSP des Langläufer während des Zyklus fortwährend eine Geschwindigkeitsänderung erfährt und sich der Körper in den einzelnen Bewegungsphasen unterschiedlich stark nach vorne neigt. In diesem Fall gilt allerdings, dass die Summe der Kraftstöße und Drehimpulsstöße über die Periode $ T $ gleich null sein müssen. ;#;

$$ \Delta{\vec{P}} = 0 = \sum_{i=0}^n \int\limits_T \vec{F_i} ~ \mathrm{d}t $$ $$ \Delta{\vec{L}} = 0 = \sum_{i=0}^n \int\limits_T \ \vec{M_i} ~ \mathrm{d}t $$ ;#; Um Beträge und Richtungen der wirkenden Kräfte zu ermitteln können die Grundlagen der Biomechanik herangezogen werden, die im Wikimodul Dynamik erklärt werden. Für die Wahl des Koordinatensystems im Freikörperbild ist es zweckmäßig, dieses so zu wählen, dass sich alle Kräfte in einen Anteil in Bewegungsrichtung (Vortrieb und Widerstand, $x$- Achse) und einen orthogonal zur Bewegungsrichtung (Normalkräft,$z$-Achse) zerlegen lassen (Superpositionsgesetz).

Abb. 5 zeigt das Freikörperbild eines Skilangläufers in der Gleitphase bei Beginn des Stockeinsatzes , Abb. 6 die für die Momentenbetrachtung relevanten Hebelverhältnisse.

Abb. 5 Kräfte die auf einen Langläufer wirken, aufgeteilt in Komponenten in Bewegungsrichtung, $x-$ Achse und normal zur Bewegungsrichtung, $y-$ Achse (modifiziert nach Wenger, 2003)
Abb. 6 Stockkräfte und Skikräfte mit dazugehörigen Hebeln $l_1,l_2,l_3$ die auf den Langläufer ein Moment ausüben $~~~~~~~$ (modifiziert nach Wenger, 2003) $~~~~~~~$

Kräfte und Momente auf den Skilangläufers

Zu den Vortriebskräften zählen die Komponenten des Stockabdrucks in Bewegungsrichtung $F_{x,Pole}$ , die Komponente des Beinabdrucks in Bewegungsrichtung während der Abdruckphase $F_{x,Ski}$ und die Komponente der Gewichtskraft in Bewegungsrichtung bei Bergabfahrt $F_{x,g}$ , die in der Literatur auch häufig Hangabtriebskraft genannt wird. Nicht berücksichtigt ist hierbei eine Kraft aus ggf. auftretendem Rückenwind. Zu den Widerstandskräften zählen die Reibkräft auf den Ski während der Gleitphase $F_{x,Ski}$ , die Luftwiderstandskräft $F_{L}$ , sowie die Komponente der Gewichtskraft gegen die Bewegungsrichtung bei Bergauffahrt $ F_{x,g}$(Hangabtriebskraft). Folgend sollen die einzelnen Kräfte genauer betrachtet werden:

1. Stockkräfte/Stockmomente Bei den Kräften des Stockabdrucks kann man davon ausgehen, dass die Kräfte des Stocks nur in dessen Richtung wirken. Diese Annahme ist gerechtfertigt, da sonstige Kräfte nur durch ein eingeprägtes Moment des Handgelenks übertragen werden können und die daraus resultierende Kraft bedingt durch die große Stocklänge $l_{Stock}$(nicht in der Abb.) nach $F = M_{Handgelenk}/l_{Stock}$ sehr klein sein muss. Für $ F_{x,Pole}$ und $ F_{z,Pole} $ gilt somit:

$$ F_{x,Pole} = F_{Pole} ~ cos (\gamma) $$ $$ F_{z,Pole} = F_{Pole} ~ sin (\gamma) $$

mit dem Stockeinsatzwinkel $\gamma$ zwischen Stock und Boden. Mit dem Hebelarm $l_1$ ergibt sich das positive, aufrichtende Moment $M_{Pole}$ mit den Betrag

$$ M_{Pole} = F_{Pole} ~ l_1 $$

Aus diesen drei Gleichungen geht hervor, dass ein kleinerer Stockeinsatzwinkel $\gamma$ der z.B. durch die Wahl eines längeren Stockes und eines dadurch weiter hinten liegenden Einstechpunkt des Stocks erreicht werden kann, der vortriebwirksame Anteil $ F_{x,Pole}$ des Stockeinsatze vergrößert wird. Gleichzeitig nimmt durch den kürzer werdenden Hebelarm $l_1$ in diesem Fall jedoch das aufrichtende Moment des Langläufers ab und er würde nach vorne über kippen.

2. Gewichtskraft Der Betrag der Gewichtskraft beträgt $ m ~ g $. Der Anteil des Vortriebs/Widerstands durch die Gewichtskraft ist nur abhängig vom Neigungswinkel des Geländes <latex>\begin{align*} \gamma \end{align*}</latex> . Für flaches Gelände ist offensichtlich, dass dieser Anteil weg fällt.

$$ F_{g,x} = F_{g} ~ sin (\gamma) $$ $$ F_{g,z} = F_{g} ~ cos (\gamma) $$

Da die Gewichtskraft immer auf den Schwerpunkt wirkt, resultiert aus aus ihr kein Moment auf den Langläufer.

3. Luftwiderstand/ Luftwiderstandsmoment Die Richtung des Luftwiderstands auf einen Körper ist per Definition die Richtung der Anströmgeschwindigkeit $\vec{v}$. Bei Vernachlässigung von zusätzlich auftretenden Windeinflüssen ist sie somit immer gegen die Bewegungsrichtung des Langläufers gerichtet. Für den Betrag gilt:

$$ F_L = A ~ C_W ~ \frac{\rho}{2} ~ v^2 $$

Für den dimensionslosen Widerstandsbeiwert $C_w$ und die Frontfläche $A$ können für eng anliegende Kleidung die Werte $C_w=1.16$ und $ A=0.55m^2$ angenommen werden (vgl. Penwarden, 1974, S.75-84). Die Luftdichte beträgt unter Normbedingungen ($0 ^\circ C$) $1.293 kg/m^3$. Dieser Wert korrespondiert allerdings mit einem Luftdruck von $1,013 bar$ der in etwa auf Meereshöhe herrscht. Da der Skilanglauf auch häufig im Bergland betrieben wird kann dieser Wert je nach Höhe, Temperatur und Luftfeuchtigkeit auch wesentlich niedriger ausfallen (ca.$-20\%$ auf $2000m$ Höhe). Der Luftwiderstand wirkt als Druckkraft in unterschiedlicher Größe auf jeden Teil des Körpers, in Abb.1 ist dies als Steckenlast angedeutet.
Der Ortsvektor $\vec{r}_{Druckp}$ der resulierenden Luftkraft wird aerodynamischer Druckpunkt genannt(nicht in Abb.5 /Abb.6 dargestellt). Wenn durch

$$ \vec{r}_{hebel,aero} = \vec{r}_{KSP} - \vec{r}_{Druckp} $$

der Ortsvektor des Hebels zwischen Druckpunkt $\vec{r}_{Druckp}$ und KSP $\vec{r}_{KSP}$ bestimmt wird, folgt für das Moment des Luftwiderstands

$$ \vec{M}_{L} = \vec{r}_{hebel,aero} \times \vec{F}_L $$

4. Skikräfte/Skimomente Zum Verständnis der Skikräfte ist zunächst Verständnis über Aufbau und Funktionsweise eines Langlaufski notwendig. Abb.7 zeigt die typisch konkave Form eines Klassikskis mit den beiden Funktionszonen für Abdruck und Gleiten.

Abb.7 Langlaufski mit Gleitzonen und Abdruckzonen (Wenger,2003)

In der Gleitphase wirkt auf einen Ski im Vergleich zur Abdruckphase eine wesentlich geringere Kraft durch das Wegfallen des Abdruckimpulses bezeihungsweise durch die Tatsache, dass beide Skier in einer Phase gleichzeitig belastet werden (siehe Abb. 5). Bedingt durch die konkave Form in Kombination mit der Spannung des Skis haben in dieser Phase nur die Gleitzonen Kontakt mit dem Schnee. Sie bestehen aus einem glatten Polyethylenbelag, der idealerweise zusätzlich mit Gleitwachs überzogen ist. Durch den Druck des Skis in Kombination mit dessen Reibung auf dem Schnee schmilzt der Schnee und es bildet sich zwischen Ski und Schnee ein Wasserfilm aus. Die Reibung eines Wasserfilms zwischen zwei Platten ist die klassischste Form der viskosen Reibung. Ihr Betrag berechnet sich nach:

Abb.8 Druckverteilung bei Abstoßen und Gleiten (nach Wenger,2003)

$$ F_{B,x} = \eta~A~\frac{\Delta{v}}{\Delta{y}} $$

wobei $\eta$ für die dynamische Viskosität der Flüssigkeit, $A$ für die Fläche des Skis mit Bodenkontakt und $\frac{\Delta{v}}{\Delta{y}}$ für die Scherrate steht. Im Zusammenhang mit dem Skisport ist die Temperaturabhängigkeit von $\eta$, die durch den Arrhenius Ansatz beschrieben wird von enormer Bedeutung, da die lokale Temperatur zwischen Ski und Schnee stark schwankt.

$$ \eta= \eta_0~e^{\frac{E_A}{R~T}} $$

Wobei $\eta_0$ eine Materialkonstante, $E_A$ die Platzwechselenergie (Abhängig von intermolekularen Kräften), $R$ die allgemeine Gaskonstante und $T$ die abolute Temperatur sind.
In der Abdruckphase wirkt bedingt durch den dynamischen Beinabdruck eine sehr hohe Kraft auf die Mitte des Skis (Abb.8 unten). Dadurch wird ein Kontakt zwischen Abdruckzone und Schnee hergestellt. Die Abdruckzone besteht entweder aus mechanischen Schuppen, die ein makroskopisches Verzahnen im Schnee während des Abdrucks gewährleisten oder aus einem Belag der mit sogenanntem Haft- oder Steigwachswachs bedeckt ist und adhäsiv zwischen Ski und Schnee wirkt. In dieser Bewegungsphase existierte keine Relativgeschwindigkeit zwischen Ski uns Schnee, der Ski haftet am Schnee. Diese Art der Reibung entspricht der klassischen Haftreibung. Die maximale Abdruckkraft des Skifahres darf die Haftbedingunden

$$ F_{x,Ski} \leq \mu_{Haft} ~ F_{z,Ski} $$

nicht überschreiten, da sonst der Ski nach hinten wegrutschen würde. Da die Abdruckphase nicht in Abb.5 dargestellt ist, wird an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in dieser Phase $F_{x,Ski}$ als beschleunigende Komponente in positive $x-$Richtung zeigt. Für die Beträge der Momente um den KSP gilt

$$ M_{1,Ski} = -l_3 ~ F_{x,Ski} $$ $$ M_{2,Ski} = \pm l_2 ~ F_{z,Ski} $$

mit $l_3$ als der $z-$ z-Koordinate des KSP und $l_2$ des Abstands der Beinachse zum KSP in $x-$Richtung, der mal positiv und mal negativ sein kann, je nachdem ob sich das Bein vor oder hinter dem KSP befindet. Durch den kurzen Hebelweg $l_2$ resultiert aus $F_{z,ski}$ in der Gleitphase nur ein sehr geringes Moment.

Aus den Zusammenhängen für die Reibung des Skis wird ersichtlich, dass richtig abgestimmtes Material wesentlich für ein optimales Gleit- und Abdruckverhalten ist. In diesem Zusammenhang ist die richtige Wahl der Skispannung und der Skilänge in Bezug auf das Gewicht und das Abruckvermögen des Langläufers von Bedeutung, da nur so garantiert werden kann, dass Gleit- und Haftzone des Skis in den dazugehörigen Bewegungsphasen optimalen Bodenkontakt haben. Zusätlich existieren unzählige auf sämtliche Schneebedingungen und Temperaturen optimierten Gleit- und Haftwachse, die dafür sorgen die Werte $\eta$ zu minimieren und $\mu_{Haft}$ zu maximieren. Für eine Anleitung zum richtigen Wachsen sei auf Wenger (1992) und Wenger (2003) verwiesen. Es wird ebenfalls klar, dass vom Langläufer in hohem Maße sensumotorische Fähigkeiten verlangt werde, da er die Gleitbedingungen durch seine Motorik aktiv beeinflussen kann und seine Abdruckkraft optimal an die Haftbedingungen anpassen muss.
Die in diesem Kapitel dargestellten Gleichungen für die Skikräfte beschränken sich auf die Grundlagen, die in den Wikimodulen Dynamik vermittelt wurden. Es existieren noch wesentlich komplexere Modelle, die auch das Zusammenspiel von Reibung des Skis und Flüssigkeitsfilm beschreiben(siehe Karlöff (2005), Moxnes(2009)).

Kraftmessungen für Stock und Abdruckkräfte

Abb. 9: Langlaufversuchsstand des Neuromuscular Research Centers Universität Jyväskyla (nach Vähäsörinki et. al., 2007)

In ähnlicher Weise wie bei der Analyse der Biomechanik des Laufens können Skikräfte und Stockkräfte durch Skilanglaufen über Druckplatten ermittelt werden. Da die Platten mit Schnee bedeckt sein müssen und eine zusätzliche Plattenpaarreihe zur Aufnahme der Stockkräfte benötigt wird, ist der Versuchsaufbau allerdings komplexer und wesentlich seltener realisiert als beim Laufen. Abbildung 9 zeigt den Versuchsstand des Neuromuscular Research Centers der Universität Jyväskyla (Finnland) in einem Skitunnel. In Abbildung 10 sind die Horizontal- und Vertikalkomponenten der Ski- und Stockkräfte für einen Bewegungszyklus dargestellt. Den Kurven des Kraftverlaufs lassen sich die oben beschriebenen Bewegungsphasen Abdruckphase, Gleitphase und Schwungphase zuordnen. Die Phase des „Pre-Load“ ist in Abbildung 10 jedoch als Ende der Gleitphase definiert, in der Bewegungsbeschreibung weiter oben im Artikel wird sie als „Druckpunktnahme“ dem Beginn der Abdruckphase zugeordnet.
Besonders Anschaulich wird durch den Kraftverlauf das Zusammenspiel von Gleit- und Haftzone des Skis. Die Gleitphase endet mit dem „Pre-Load“ der Abb. 10, dem steilen Anstieg der $z$-Komponente des belasteten Beins $F_{z,Ski}$. Dieser Anstieg entspricht der Druckverteilung im untersten Bild der Abbildung 8, wodurch die Haftzone des Skis in Kontakt mit dem Schnee gebracht wird. Dadurch wird auch der Abfall von $F_{y,Ski}$ (Pfeil, rechte Seite der 2. Messwertreihe) bis weit in den negativen Bereich verständlich, denn durch den Kontakt der Haftzone bremst der Ski bis zum Stillstand. Der maximale Haftreibungskoeffizient $\mu_{Haft}$ kann aus dem Verhältnis der beiden Kurven ermittelt werden und beträgt für die in Abb.10 dargestellte Versuchsreihe $\mu_{Haft}=0.294$

Abb.10: Horizontal- und Vertikalkomponenten der Ski- und Stockkräfte auf dem Versuchstand bei 2% Steigung, linke Graphen: linke Stock- und Skikräfte, rechte Graphen: rechte Stock- und Skikräfte (nach Vähäsörinki et. al., 2007)

Fazit/Ausblick

In diesem Wiki wurde ein Einblick in die Biomechanik des Langlaufs gegeben. Die einzelnen Bewegungsphasen des Diagonalschritts und des Doppelstockschubs in der klassischen Technik wurden beschrieben. Die auf den Langläufer wirkenden Kräfte konnten mit den Grundlagen, die in den Wikimodulen Dynamik gelehrt wurden sehr gut beschrieben werden. Es wurde ein zusätzlicher Einblick in Kraftmessungen gegeben, die zur Bewegungsanalyse im Skilanglauf eingesetzt werden.
Für eine Komplettierung dieses Wiki Moduls bietet sich an, die an den Bewegungsphasen beteiligten Muskelgruppen herauszuarbeiten. Zusätzlich wäre ein interessanter Ansatz, die Belastungen die auf den Bewegungsapparat beim Skilanglauf wirken mit denen des Laufens quantitativ zu vergleichen und damit die allgemein bekannte Aussage, dass der Skilanglauf eine gelenkschonenende Sportart sei aus biomechanischer Sicht zu hinterlegen.

verfasst von S. Gebhardt

Fragen

<spoiler |1.Was ergibt sich aus der Summe der Drehmomente M und dem Trägheitsmoment des Skiläufers ?> Aus der Summe der Drehmomente und dem Träheitsmoment des Skiläufers ergibt sich eine Winkelbeschleunigung um die Horizontalachse, der Langlaufer hat unterschiedlich starke Vorlage. </spoiler> <spoiler |2. Welche beiden Gruppen von Wachsen werden beim klassischen Skilanglauf angewendet, worin liegt ihr Unterschied?> Beim Skilanglauf gibt es Gleit- und Haftwachse. Gleitwachse werden in der klassischen Technik im vorderen und hinteren Bereich des Skis aufgetragen um besseres Gleiten zu ermöglichen. Haftwachse werden in der klassischen Technik mittig unterhalb der Skis aufgetragen um durch adhäsive Kräfte einen Beinabdruck zu ermöglichen. </spoiler> <spoiler |3. Wozu dienen die Stockkräfte noch ausser zum erzeugen eines Vortriebimpulses?> Ausser zum Erzeugen des Vortriebimpulses tragen die Stockkräfte noch zu einem aufrichtenden Moment des Langläufers bei. </spoiler>

Literatur

[1] Karlöf, L., Axell, L. T., Slotfeld-Ellingsen (2005). Why is ice and snow slippery? The Tribo-physics of skiing. Oslo: Swix Sport AS.
[2] Moxnes, J.F., Hauksen, K. (2009) A dynamic model of Nordic diagonal stride skiing, with a literature review of cross country skiing Stavenger: Computer Methods in Biomechanics and Biomedical Engineering Vol. 12
[3] Penwarden, A. D., Grigg, P. F., Rayment, R. (1974), Measurements of Wind Drag on People Standing in a Wind Tunnel. Building and Environment Vol. 13.
[4] Vähäsörinki, P., Komi, P.,V., Seppälä, S., Ishikawa, M.,Kohlemainen, V., Salmi,J.,A., Linnamo,V. (2007). Effect of Skiing Speed on Pole Forces in Cross-Country Skiing Research Center, Department of Biology of Physical Activity, University of Jyväskylä, Finland;
[5] Wenger, U., Wöllzenmöller, F. (1992). Der große Ratgeber: Skilanglauf. Klassische Technik & Skating. Oberhaching: Sportinform Verlag Franz Wöllzenmöller.
[6] Wenger, U., Wöllzenmüller, F. (2003). Skilanglauf. München: Stiebner-Verlag GmbH.
[7] http://www.deutscherskiverband.de/ueber_uns_der_dsv_zahlen_fakten_de,470.html, abger. am 10.06.2014
[8] http://www.deutscher-wetterdienst.de/lexikon/download.php?file=Standardatmosphaere.pdf, abgerufen am 10.06.2014


Bewertung des Wiki-Moduls

Kategorie Gebhardt Hofmann Anmerkungen
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