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biomechanik:projekte:ws2018:wp1802

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biomechanik:projekte:ws2018:wp1802 [22.08.2019 16:38] – [Fazit] mustermannbiomechanik:projekte:ws2018:wp1802 [28.11.2022 00:58] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1
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-===== Nonverbal kommunizieren ?! =====+===== Nonverbal kommunizieren?! =====
 Menschen kommunizieren wortlos, doch welche Rolle spielt unser Körper dabei? Menschen kommunizieren wortlos, doch welche Rolle spielt unser Körper dabei?
  
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 <html><p align="right"> Verfasst von Laura Wehr, Sebastian Ott, Saara Gh.-Hovizavi </p></html> <html><p align="right"> Verfasst von Laura Wehr, Sebastian Ott, Saara Gh.-Hovizavi </p></html>
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 ===== Gesten als Kommunikationsmittel im täglichen Gebrauch digitaler Medien ===== ===== Gesten als Kommunikationsmittel im täglichen Gebrauch digitaler Medien =====
-Bisherige Grundlage für nahezu jegliche Kommunikationsforschung in der Psychologie oder Soziologie basieren auf der sogenannten Kanaltheorie, die von den US-amerikanischen Mathematikern Claude Shannon und Warren Weaver entwickelt wurde.  Dieser Theorie zufolge gibt es drei wesentliche Komponenten für eine erfolgreiche Kommunikation zwischen zwei Personen: Sender, Empfänger, Nachricht. Körperliche Beteiligung um Botschaften zu de- oder encodieren, ist für die beiden Mathematiker ausgeschlossen. Die Theorie versagt für Storch und Tschacher bereits bei einer Überlegungen die sie anstellen, welche auch für die Kommunikation über digitale Medien zutreffend ist, denn sie sagen, dass: „... im Allgemeinen ein Teil des psychischen Geschehens unbewusst verläuft,...viele Menschen sind sich über ihre Bedürfnisse und Motive nicht im Klaren und können darum im Speziellen auch nicht präzise wissen, was für eine Botschaft sie senden. Ebenso können sie darum auch nicht präzise einschätzen, wann ihre Botschaft vom Empfänger verstanden wurde.“   Sie weisen mit dem Begriff embodied communication darauf hin, dass: „die Psyche immer in einem Körper eingebettet ist.“  +Bisherige Grundlage für nahezu jegliche Kommunikationsforschung in der Psychologie oder Soziologie basieren auf der sogenannten Kanaltheorie, die von den US-amerikanischen Mathematikern Claude Shannon und Warren Weaver entwickelt wurde. ((1))  Dieser Theorie zufolge gibt es drei wesentliche Komponenten für eine erfolgreiche Kommunikation zwischen zwei Personen: Sender, Empfänger, Nachricht. Körperliche Beteiligung um Botschaften zu de- oder encodieren, ist für die beiden Mathematiker ausgeschlossen. Die Theorie versagt für Storch und Tschacher bereits bei einer Überlegungen die sie anstellen, welche auch für die Kommunikation über digitale Medien zutreffend ist, denn sie sagen, dass: „... im Allgemeinen ein Teil des psychischen Geschehens unbewusst verläuft,...viele Menschen sind sich über ihre Bedürfnisse und Motive nicht im Klaren und können darum im Speziellen auch nicht präzise wissen, was für eine Botschaft sie senden. Ebenso können sie darum auch nicht präzise einschätzen, wann ihre Botschaft vom Empfänger verstanden wurde.“((2))   Sie weisen mit dem Begriff embodied communication darauf hin, dass: „die Psyche immer in einem Körper eingebettet ist.“ ((3))
  
 Unser Körper ist demnach ein Kommunikationsmittel, dem wir uns nicht entledigen oder es bewusst ausschalten können. Dies gilt aber in erster Linie für jene Kommunikationsweisen, in der Personen körperlich präsent sind. Dennoch macht es den Anschein, dass wir in digitalen Räumen nicht auf unseren Körper als Kommunikationsmedium verzichten können. Unser Körper ist demnach ein Kommunikationsmittel, dem wir uns nicht entledigen oder es bewusst ausschalten können. Dies gilt aber in erster Linie für jene Kommunikationsweisen, in der Personen körperlich präsent sind. Dennoch macht es den Anschein, dass wir in digitalen Räumen nicht auf unseren Körper als Kommunikationsmedium verzichten können.
  
-1969 stellen Paul Ekman und Wallace V. Friesen ein Modell vor, welches nonverbales Verhalten unter Menschen klassifiziert und auch auf unsere heutige digitale Kommunikationsformen angewendet werden kann. In Bezug auf vermeintlich sprachliche Kommunikation – heute in Form von sogenannten Emojis oder Emoticons – sind die sogenannten Embleme diejenigen Zeichen, die sich direkt auf körperliche Kommunikation übertragen lassen.  Sie können als ikonische Bildzeichen gelesen werden, was bedeutet, sie haben einen semantischen Inhalt der kulturell bedingt und meist bereits in frühester Kindheit erlernt ist. Hierbei handelt es sich um verbildlichte nonverbale Zeichen, die+1969 stellen Paul Ekman und Wallace V. Friesen ein Modell vor, welches nonverbales Verhalten unter Menschen klassifiziert und auch auf unsere heutige digitale Kommunikationsformen angewendet werden kann. In Bezug auf vermeintlich sprachliche Kommunikation – heute in Form von sogenannten Emojis oder Emoticons – sind die sogenannten Embleme diejenigen Zeichen, die sich direkt auf körperliche Kommunikation übertragen lassen.((4)) Sie können als ikonische Bildzeichen gelesen werden, was bedeutet, sie haben einen semantischen Inhalt der kulturell bedingt und meist bereits in frühester Kindheit erlernt ist. Hierbei handelt es sich um verbildlichte nonverbale Zeichen, die
  
- „...selbst eine eindeutig kodierte, meist sprachlich übersetzbare Bedeutung haben und im Allgemeinen bewusst und in kommunikativer Absicht eingesetzt werden. Embleme erhalten nicht erst in Beziehung auf ein paralleles verbales Geschehen eine Bedeutung, sondern sie können auch eine sprachliche Äußerung ersetzen.“   + „...selbst eine eindeutig kodierte, meist sprachlich übersetzbare Bedeutung haben und im Allgemeinen bewusst und in kommunikativer Absicht eingesetzt werden. Embleme erhalten nicht erst in Beziehung auf ein paralleles verbales Geschehen eine Bedeutung, sondern sie können auch eine sprachliche Äußerung ersetzen.“ ((5))  
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-Der Bedeutungsinhalt muss jedoch von Sender und Empfänger gleichwertig verstanden werden können. Das Emblem kann also in seiner Bedeutung auf zwei Wegen eingesetzt werden. Ein Emoji wie z.B. der angespannte, muskulöse Arm kann neben dem eigentlichen Körperteil, auch einen Bedeutungsinhalt der Stärke, Sportlichkeit oder als Drohung transportieren. Des Weiteren können sogenannte Adaptoren Verhaltensweisen – die überwiegend über die Hände kommuniziert werden – darstellen und keiner interaktiven Kommunikation dienen, sondern beispielsweise lediglich ein Kratzen an der Schläfe ausdrücken, aber nicht als explizit bewusste Botschaft klassifiziert werden können.  +
  
 +Der Bedeutungsinhalt muss jedoch von Sender und Empfänger gleichwertig verstanden werden können. Das Emblem kann also in seiner Bedeutung auf zwei Wegen eingesetzt werden. Ein Emoji wie z.B. der angespannte, muskulöse Arm kann neben dem eigentlichen Körperteil, auch einen Bedeutungsinhalt der Stärke, Sportlichkeit oder als Drohung transportieren. Des Weiteren können sogenannte Adaptoren Verhaltensweisen – die überwiegend über die Hände kommuniziert werden – darstellen und keiner interaktiven Kommunikation dienen, sondern beispielsweise lediglich ein Kratzen an der Schläfe ausdrücken, aber nicht als explizit bewusste Botschaft klassifiziert werden können.((6)) 
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 [{{ :biomechanik:projekte:ws2018:laura_bild_1_.jpg?300| Abb. 1: Whats-App: Gruppenchat-Auszug, 10.08.2019 \\}}]  [{{ :biomechanik:projekte:ws2018:laura_bild_1_.jpg?300| Abb. 1: Whats-App: Gruppenchat-Auszug, 10.08.2019 \\}}] 
  
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-Die Nutzerin Lenka Minarikova die hinter dem Profilnamen zgung   steht, ist Yoga-Lehrerin und der Inhalt ihres Profils und Feeds auf Instagram beinhaltet ausschließlich Posts zu dieser Sportart. Die beiden oben abgebildeten Screenshots sind ein Ausschnitt zweier Videos welche sie in ihrer Story – eine temporäre Sammlung von Posts die nach 24 Stunden automatisch gelöscht werden – veröffentlichte. Den linken Ausschnitt von Abb.2 dieser kurzen Videos (jeweils 5 Sekunden) versah sie mit einer Erklärung oder fast schon Rechtfertigung in Form eines Textes der übersetzt aus dem Englischen lautet: „Versagen ist Teil des Prozesses, eine/n LehrerIn zu finden ist essentiell, wenn du Angst hast zu versagen und Beratung brauchst.“ Am Ende des Textes ist ein Emoji abgebildet. Es bildet einen digital gezeichneten, gelben, muskulösen Oberarm mit geballter Faust und deutlich sichtbarem Bizeps ab. Auch in der direkten interpersonellen Kommunikation oder einer Konversation zwischen Menschen die sich gegenüberstehen, wird der Oberarm als ein Zeichen von Stärke verständen, wenn er angespannt und hochgehoben wird. Auch im sportlichen Kontext des Yoga von Minarikova wird das signalisiert. Jedoch kann der Text in ihrem Video nicht losgelost davon betrachtet werden, denn das Video zeigt sie selbst in einer Übung – im Yoga sogenannte Assanas – wie sie einen Handstand macht und ihr Körper somit von ihren Armen in der Luft getragen wird. Der Oberarm verkörpert hier im wahrsten Sinne, den starken Arm der den Körper in der Luft trägt und gleichzeitig soll er als gestische Ergänzung im Text dazu ermuntern, auch bei Fehlschlägen in der Yogapraxis weiter zu üben und sich gegebenenfalls Hilfe zu suchen.+Die Nutzerin Lenka Minarikova die hinter dem Profilnamen zgung ((7)) steht, ist Yoga-Lehrerin und der Inhalt ihres Profils und Feeds auf Instagram beinhaltet ausschließlich Posts zu dieser Sportart. Die beiden oben abgebildeten Screenshots sind ein Ausschnitt zweier Videos welche sie in ihrer Story – eine temporäre Sammlung von Posts die nach 24 Stunden automatisch gelöscht werden – veröffentlichte. Den linken Ausschnitt von Abb.2 dieser kurzen Videos (jeweils 5 Sekunden) versah sie mit einer Erklärung oder fast schon Rechtfertigung in Form eines Textes der übersetzt aus dem Englischen lautet: „Versagen ist Teil des Prozesses, eine/n LehrerIn zu finden ist essentiell, wenn du Angst hast zu versagen und Beratung brauchst.“ Am Ende des Textes ist ein Emoji abgebildet. Es bildet einen digital gezeichneten, gelben, muskulösen Oberarm mit geballter Faust und deutlich sichtbarem Bizeps ab. Auch in der direkten interpersonellen Kommunikation oder einer Konversation zwischen Menschen die sich gegenüberstehen, wird der Oberarm als ein Zeichen von Stärke verständen, wenn er angespannt und hochgehoben wird. Auch im sportlichen Kontext des Yoga von Minarikova wird das signalisiert. Jedoch kann der Text in ihrem Video nicht losgelost davon betrachtet werden, denn das Video zeigt sie selbst in einer Übung – im Yoga sogenannte Assanas – wie sie einen Handstand macht und ihr Körper somit von ihren Armen in der Luft getragen wird. Der Oberarm verkörpert hier im wahrsten Sinne, den starken Arm der den Körper in der Luft trägt und gleichzeitig soll er als gestische Ergänzung im Text dazu ermuntern, auch bei Fehlschlägen in der Yogapraxis weiter zu üben und sich gegebenenfalls Hilfe zu suchen.
  
-Der rechte Screenshot (Abb.3) bildet eine Weiterführung ab. Zu sehen ist ebenfalls eine Momentaufnahme des Kurzvideos mit Unterschrift. Hier steht Minarikova weiterhin im Handstand und untertitelt ihre Aufnahme mit der Aufforderung: „Aber du musst viel öfter allein üben als mit deinem/r LehrerIn.“ Hinter dem Text befindet sich ein weiteres Emoji, es zeigt den Oberkörper einer Frau mit einem gehobenen Arm dessen Handinnenfläche horizontal von ihrem Körper wegdreht ist. Es scheint, als würde Sie ein imaginäres Tablett halten. Hier wird eine repräsentative Geste   durch ein Emoji imitiert. Minarikova serviert also buchstäblich ihren FollowerInnen ihren zuvor genannten Hinweis auf einem Tablett.+Der rechte Screenshot (Abb.3) bildet eine Weiterführung ab. Zu sehen ist ebenfalls eine Momentaufnahme des Kurzvideos mit Unterschrift. Hier steht Minarikova weiterhin im Handstand und untertitelt ihre Aufnahme mit der Aufforderung: „Aber du musst viel öfter allein üben als mit deinem/r LehrerIn.“ Hinter dem Text befindet sich ein weiteres Emoji, es zeigt den Oberkörper einer Frau mit einem gehobenen Arm dessen Handinnenfläche horizontal von ihrem Körper wegdreht ist. Es scheint, als würde Sie ein imaginäres Tablett halten. Hier wird eine repräsentative Geste((8)) durch ein Emoji imitiert. Minarikova serviert also buchstäblich ihren FollowerInnen ihren zuvor genannten Hinweis auf einem Tablett.
  
    
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 <html><p align="right"> Verfasst von Laura Wehr </p></html>\\ <html><p align="right"> Verfasst von Laura Wehr </p></html>\\
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 1 Vgl.: Storch, Maja; Tschacher, Wolfgang: Embodied Communication. Kommunikation beginnt im Körper, nicht im Kopf. Bern: Hans Huber, 2014. S. 10. 1 Vgl.: Storch, Maja; Tschacher, Wolfgang: Embodied Communication. Kommunikation beginnt im Körper, nicht im Kopf. Bern: Hans Huber, 2014. S. 10.
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-===== Sport- & Siegesposen: Nonverbale Kommunikation über Gesten =====+===== Nonverbale Kommunikation im Sport =====
  
  
 Die nonverbale Kommunikation hat auch im Sport eine vielsagende Bedeutung. Siegerposen im Sport können unterschiedlich gedeutet und aufgeladen werden. Hochgereckte Arme, ein offener Brustkorb oder gar den Kopf nach hinten werfen¬– all diese Merkmale stellen eine ‚typische‘ Siegespose dar. Die Siegerpose deutet auf die Emotion Stolz hin. In ähnlicher Weise deutet die Forschung darauf hin, dass es die Emotion stolz über die Kulturen hinweg gibt.  Die nonverbale Kommunikation hat auch im Sport eine vielsagende Bedeutung. Siegerposen im Sport können unterschiedlich gedeutet und aufgeladen werden. Hochgereckte Arme, ein offener Brustkorb oder gar den Kopf nach hinten werfen¬– all diese Merkmale stellen eine ‚typische‘ Siegespose dar. Die Siegerpose deutet auf die Emotion Stolz hin. In ähnlicher Weise deutet die Forschung darauf hin, dass es die Emotion stolz über die Kulturen hinweg gibt. 
  
-„Bei Stolz handelt es sich um eine besonders interessante Erscheinungsform von Emotionen, weil es hier nicht nur um einen Gesichtsausdruck geht, sondern auch um eine Körperhaltung und den Einsatz von Gesten. Zum prototypischen Ausdruck von Stolz gehört insbesondere ein leichtes Lächeln, ein etwas nach hinten geneigter Kopf, ein sichtbar erweiterter Brustkorb und eine hochtrabende Haltung sowie Arme, die über dem Kopf ausgestreckt werden, oder Hände, die an den Hüften aufliegen.“  +„Bei Stolz handelt es sich um eine besonders interessante Erscheinungsform von Emotionen, weil es hier nicht nur um einen Gesichtsausdruck geht, sondern auch um eine Körperhaltung und den Einsatz von Gesten. Zum prototypischen Ausdruck von Stolz gehört insbesondere ein leichtes Lächeln, ein etwas nach hinten geneigter Kopf, ein sichtbar erweiterter Brustkorb und eine hochtrabende Haltung sowie Arme, die über dem Kopf ausgestreckt werden, oder Hände, die an den Hüften aufliegen.“ ((9)) 
- +Wissenschaftler aus den USA und aus Italien haben Fotos einiger UntersuchungsteilnehmerInnen beobachtet und ihr Verhalten im Vergleich zum Verhalten eines isolierten Stammes ohne Schriftsprache in Burkina Faso in Westafrika beobachtet und treffsicher dekodiert und keine auffallenden Unterschiede festgestellt.((10)) 
-Wissenschaftler aus den USA und aus Italien haben Fotos einiger UntersuchungsteilnehmerInnen beobachtet und ihr Verhalten im Vergleich zum Verhalten eines isolierten Stammes ohne Schriftsprache in Burkina Faso in Westafrika beobachtet und treffsicher dekodiert und keine auffallenden Unterschiede festgestellt. +
  
 [{{ :biomechanik:projekte:ws2018:alberto.png?200|| Abbildung 4: Alberto Cortador, 2017, Foto: Trek Segafredo. }}] [{{ :biomechanik:projekte:ws2018:alberto.png?200|| Abbildung 4: Alberto Cortador, 2017, Foto: Trek Segafredo. }}]
  
  
-Auf Abbildung 4, sieht man den spanischen Radrennfahrer Alberto Contador, der 2017 das Rennen Vuelta a Espana gewonnen hat.  Seine Haltung beinhaltet hochgestreckte Arme, ein offener Brustkorb und den Kopf leicht nach hinten verlegt. Diese erwähnte Geste symbolisiert die Emotion Stolz wieder. +Auf Abbildung 4, sieht man den spanischen Radrennfahrer Alberto Contador, der 2017 das Rennen Vuelta a Espana gewonnen hat. ((11)) Seine Haltung beinhaltet hochgestreckte Arme, ein offener Brustkorb und den Kopf leicht nach hinten verlegt. Diese erwähnte Geste symbolisiert die Emotion Stolz wieder. 
  
-Jessica Tracy und David Matsumoto haben zwei Emotionen erforscht: Stolz und Scham, indem sie im Jahr 2004 während der Olympischen Spielen und den Paraolympischen Spielen die Teilnehmer beobachtet haben.  Sie haben die zwei Emotionen Scham und Stolz bei JudokämpferInnen als Spontanreaktion speziell beim Sieg und bei einer Niederlage beobachtet.  Es wurden Sehende und Blinde Sportler aus 37 Ländern aufgrund ihres nonverbalen Verhaltens beobachtet, nachdem sie ihren Wettkampf verloren oder gewonnen hatten.  Das Interessante dieser Forschung war, dass der Ausdruck von Stolz bei Sehenden sowie auch blinden SporterInnen im gleichen Maße zu beobachten war.  Die Emotion Scham mit nach unten fallenden Schultern und einer eingezogene Brust, trat im Allgemeinen bei allen Sportlern gleicherweise auf .  Eine Gruppe fiel jedoch stark auf: Sehende SportlerInnen aus „stark individualistischen Kulturen“ wiesen diese Emotion nicht auf, sie wichen in dem Falle ab.  Daraus stellt sich die Frage wieso grade sehende Sportler aus „stark individualistischen Kulturen“ nicht ein einheitliches Verhalten mit dem der anderen zeigen. Diese Frage dient dem Ausblick.+Jessica Tracy und David Matsumoto haben zwei Emotionen erforscht: Stolz und Scham, indem sie im Jahr 2004 während der Olympischen Spielen und den Paraolympischen Spielen die Teilnehmer beobachtet haben. ((12)) Sie haben die zwei Emotionen Scham und Stolz bei JudokämpferInnen als Spontanreaktion speziell beim Sieg und bei einer Niederlage beobachtet. ((13)) Es wurden Sehende und Blinde Sportler aus 37 Ländern aufgrund ihres nonverbalen Verhaltens beobachtet, nachdem sie ihren Wettkampf verloren oder gewonnen hatten. ((14)) Das Interessante dieser Forschung war, dass der Ausdruck von Stolz bei Sehenden sowie auch blinden SporterInnen im gleichen Maße zu beobachten war. ((15)) Die Emotion Scham mit nach unten fallenden Schultern und einer eingezogene Brust, trat im Allgemeinen bei allen Sportlern gleicherweise auf. ((16)) Eine Gruppe fiel jedoch stark auf: Sehende SportlerInnen aus „stark individualistischen Kulturen“ wiesen diese Emotion nicht auf, sie wichen in dem Falle ab.((17))Daraus stellt sich die Frage wieso grade sehende Sportler aus „stark individualistischen Kulturen“ nicht ein einheitliches Verhalten mit dem der anderen zeigen. Diese Frage dient dem Ausblick.
  
 Nun stellt sich die Frage, was für Körpergesten bzw. Sieges- und Verlierergesten im Sport bekannt sind. Welche Bedeutung wird ihnen zugeschrieben? Und vor allem welche Hintergründe verbergen sich hinter diesen Körpergesten? Bei bekannten Siegesgesten handelt es sich um sehr schnelle, unmittelbare und universelle Ausdrucke, die kulturüberspannend produziert werden. Die Arme werden in die Höhe geschossen und es wird Freude ausgestrahlt, Freude über den Sieg den man für sich, die Mannschaft oder ggf. für das Land ein hergeholt hat.   Nun stellt sich die Frage, was für Körpergesten bzw. Sieges- und Verlierergesten im Sport bekannt sind. Welche Bedeutung wird ihnen zugeschrieben? Und vor allem welche Hintergründe verbergen sich hinter diesen Körpergesten? Bei bekannten Siegesgesten handelt es sich um sehr schnelle, unmittelbare und universelle Ausdrucke, die kulturüberspannend produziert werden. Die Arme werden in die Höhe geschossen und es wird Freude ausgestrahlt, Freude über den Sieg den man für sich, die Mannschaft oder ggf. für das Land ein hergeholt hat.  
  
-"Körpersprache ist die fortwährend stattfindende äußere Darstellung des inneren Befindens. Dazu gehören alle bewusst oder unbewusst ausgeführten ebenso wie alle bewusst +"Körpersprache ist die fortwährend stattfindende äußere Darstellung des inneren Befindens. Dazu gehören alle bewusst oder unbewusst ausgeführten ebenso wie alle bewusst oder unbewusst unterlassenen Bewegungen und körpersprachlichen Äußerungen. Dabei ist es gleichgültig, ob deren Umfang von anderen Menschen wahr- oder zur Kenntnis genommen wird oder nicht“. ((18)) Somit senden Menschen Signale nach außen, dessen sie sich in erster Linie nicht bewusst sind. Die Freude und der Jubel, sind Darstellungen des inneren Befindens, welcher meist unbewusst stattfindet. Zu beachten ist jedoch, dass die im Sport eingesetzten Gesten auch Inszenierungen der SporterInnen sind. Es ist nicht zu bestreiten, dass der Jubel auch unbewusst auftreten kann, jedoch wird am nächsten Beispiel deutlich, inwiefern man sich selbst darstellen kann.
-oder unbewusst unterlassenen Bewegungen und körpersprachlichen Äußerungen. Dabei ist es gleichgültig, ob deren Umfang von anderen Menschen wahr- oder zur Kenntnis genommen wird oder nicht“.  Somit senden Menschen Signale nach außen, dessen sie sich in erster Linie nicht bewusst sind. Die Freude und der Jubel, sind Darstellungen des inneren Befindens, welcher meist unbewusst stattfindet. Zu beachten ist jedoch, dass die im Sport eingesetzten Gesten auch Inszenierungen der SporterInnen sind. Es ist nicht zu bestreiten, dass der Jubel auch unbewusst auftreten kann, jedoch wird am nächsten Beispiel deutlich, inwiefern man sich selbst darstellen kann.+
  
 [{{ :biomechanik:projekte:ws2018:ronaldo2.png?200| Abbildung 5: Christiano Ronaldo, 2017, Foto: Gerard Julien/ AFP. }}] [{{ :biomechanik:projekte:ws2018:ronaldo2.png?200| Abbildung 5: Christiano Ronaldo, 2017, Foto: Gerard Julien/ AFP. }}]
  
  
-Auf Abbildung 5 ist Christiano Ronaldo zu sehen, ein Fußballspieler, der im Profi-Fußball sehr gute Leistungen aufweist. Nach einem erfolgreichen Tor wurde dieses Bild geschossen, es soll ebenso eine Siegerpose darstellen. Christiano Ronaldo hat seine Arme nicht in die Höhe geworfen, sondern sein Arme sind nach unten gebeugt und seine Hände zu Fäusten geballt. Sein Körper zeigt eine ‚starke‘ Haltung und den muskulösen Körper. Die Körpersprache ist hier eine andere im Vergleich zur Abbildung 4. „Im Sport ist der Körper das privilegierte Medium der Handlung, des kommunikativen Austausches, des Bedeutens, Verstehens und der Darstellung“.  Der Austausch dieser Art, findet zwischen SportlerInnen und ZuschauerInnen statt, die Darstellung kann provozieren, aber auch faszinieren, je nachdem aus welcher Sicht sie betrachtet wird. „Die Gesten des Sports sind denen eines Schauspielers vergleichbar, die an eine bereits existierende Praxis erinnern.“  +Auf Abbildung 5 ist Christiano Ronaldo zu sehen, ein Fußballspieler, der im Profi-Fußball sehr gute Leistungen aufweist. Nach einem erfolgreichen Tor wurde dieses Bild geschossen, es soll ebenso eine Siegerpose darstellen. Christiano Ronaldo hat seine Arme nicht in die Höhe geworfen, sondern sein Arme sind nach unten gebeugt und seine Hände zu Fäusten geballt. Sein Körper zeigt eine ‚starke‘ Haltung und den muskulösen Körper. Die Körpersprache ist hier eine andere im Vergleich zur Abbildung 4. „Im Sport ist der Körper das privilegierte Medium der Handlung, des kommunikativen Austausches, des Bedeutens, Verstehens und der Darstellung“. ((19)) Der Austausch dieser Art, findet zwischen SportlerInnen und ZuschauerInnen statt, die Darstellung kann provozieren, aber auch faszinieren, je nachdem aus welcher Sicht sie betrachtet wird. „Die Gesten des Sports sind denen eines Schauspielers vergleichbar, die an eine bereits existierende Praxis erinnern.“  
  
 Inwieweit finden die Gesten im Sport als unbewusste Handlungen der Emotionen statt oder sind dies teilweise gezielte Marketing- und Inszenierungsstrategien, um den Zuschauer anhand von Emotionen an sich zu binden.  Diese Frage könnte ebenso dem Ausblick dienen, um Inszenierungsstrategien näher zu analysieren. Solche Inszenierungsstrategien spielen in der Politik eine größere Rolle. Die Nonverbale Kommunikation, die sich hierbei abspielt wird genauestens einstudiert und in Szene gesetzt. Nicht nur im Sport sind vermeintlich einstudierte Darstellungen von nonverbaler Kommunikation ersichtlich. Inwieweit finden die Gesten im Sport als unbewusste Handlungen der Emotionen statt oder sind dies teilweise gezielte Marketing- und Inszenierungsstrategien, um den Zuschauer anhand von Emotionen an sich zu binden.  Diese Frage könnte ebenso dem Ausblick dienen, um Inszenierungsstrategien näher zu analysieren. Solche Inszenierungsstrategien spielen in der Politik eine größere Rolle. Die Nonverbale Kommunikation, die sich hierbei abspielt wird genauestens einstudiert und in Szene gesetzt. Nicht nur im Sport sind vermeintlich einstudierte Darstellungen von nonverbaler Kommunikation ersichtlich.
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 9   Aronson, Elliot/ Wilson, Timothy/ Akert, Robin: Sozialpsyschologie, Hallbergmoos: Pearson, 2014, S.265.\\ 9   Aronson, Elliot/ Wilson, Timothy/ Akert, Robin: Sozialpsyschologie, Hallbergmoos: Pearson, 2014, S.265.\\
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 19  Alkemeyer, Thomas: Zeitschrift für Semiotik, Band 19- Heft 4 (1997), Stauffenberg: Verlag Tübingen, 1997. \\ 19  Alkemeyer, Thomas: Zeitschrift für Semiotik, Band 19- Heft 4 (1997), Stauffenberg: Verlag Tübingen, 1997. \\
 20  Ebd. \\ 20  Ebd. \\
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 Gesten begleiten unser tägliches Miteinander ständig. In jeder direkten und indirekten Konversation sind sie meist vorhanden. Gesten beeinflussen unser emotionales Auffassen der Kommunikation, im Alltäglichen, im Sport sowie auch in politischen Kontexten. Warum sind jedoch auch in der Politik Gesten von Bedeutung? Gesten begleiten unser tägliches Miteinander ständig. In jeder direkten und indirekten Konversation sind sie meist vorhanden. Gesten beeinflussen unser emotionales Auffassen der Kommunikation, im Alltäglichen, im Sport sowie auch in politischen Kontexten. Warum sind jedoch auch in der Politik Gesten von Bedeutung?
-Anhand des Beispiels des Willy Brandts Kniefall vor dem Denkmal für die ermordeten Juden in Warschau 1970 lässt sich wohl eine der emotionalsten und bedeutungsvollsten Gesten der Nachkriegsgeschichte beschreiben. Nach der Kranzniederlegung kniete Willy Brandt vor dem Denkmal der ermordeten Juden in Warschau und schwieg.  Welche Bedeutung hatte diese Geste Brandts und warum hielt Willy Brandt nicht lediglich eine angemessene Rede ohne Kniefall?+Anhand des Beispiels des Willy Brandts Kniefall vor dem Denkmal für die ermordeten Juden in Warschau 1970 lässt sich wohl eine der emotionalsten und bedeutungsvollsten Gesten der Nachkriegsgeschichte beschreiben. Nach der Kranzniederlegung kniete Willy Brandt vor dem Denkmal der ermordeten Juden in Warschau und schwieg. ((21)) Welche Bedeutung hatte diese Geste Brandts und warum hielt Willy Brandt nicht lediglich eine angemessene Rede ohne Kniefall? 
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 +In der Politik ist die Übermittlung von politischen Inhalten und Standpunkten ein wichtiger Punkt um Emotionen und Sachverhalte einem/r RezipientenIn zu übermitteln. Nicht nur in dem stark medialen Zeitalter des 20. und 21. Jahrhundert waren oder auch sind Gesten von Bedeutung einer schnellen opportunen Darstellungsweise. Bereits bei den Römern waren Gesten kulturell kodiert und mit einer bestimmten Emotion behaftet. „Politische Emotionen in Rom waren daher der rationalen Politik nicht entgegengesetzt. Sie waren deren Basis.“ ((22)) Durch die Selbstinszenierung der Herrscher oder auch der Ergebenen und Besiegten wurden allgemeine emotionale Botschaften nur durch das Gesehene verbreitet und fungierten als Bestärkung des eigentlich geschehen. ((23)) Ein Sieg wird als Sieg bereits durch den Sieg klar, jedoch durch eine Gestik aufgewertet.
  
-In der Politik ist die Übermittlung von politischen Inhalten und Standpunkten ein wichtiger Punkt um Emotionen und Sachverhalte einem/r RezipientenIn zu übermitteln. Nicht nur in dem stark medialen Zeitalter des 20. und 21. Jahrhundert waren oder auch sind Gesten von Bedeutung einer schnellen opportunen Darstellungsweise. Bereits bei den Römern waren Gesten kulturell kodiert und mit einer bestimmten Emotion behaftet. „Politische Emotionen in Rom waren daher der rationalen Politik nicht entgegengesetzt. Sie waren deren Basis.“  Durch die Selbstinszenierung der Herrscher oder auch der Ergebenen und Besiegten wurden allgemeine emotionale Botschaften nur durch das Gesehene verbreitet und fungierten als Bestärkung des eigentlich geschehen.   Ein Sieg wird als Sieg bereits durch den Sieg klar, jedoch durch eine Gestik aufgewertet. +Überleitend von den Römern kann die Geste der Kranzniederlegung bereits als Respekt und Anteilnahme am Geschehenen gedeutet werden. Durch den Kniefall verstärkt sich die emotionale und persönliche Anteilnahme Brandts, die dem ‚Urteilenden‘ eventuell zuvor nicht bekannt gewesen war und unterstützt die Aussage Prof. Dr. Marcus Maurers (Professor für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation), dass Gestik eine Urteilsgrundlage in der politischen sowie der allgemeinen Kommunikation sei. Sie soll das Meinungsbild über den Sachverhalt sowie die Meinung über den/ die PolitikerIn beeinflussen und auch lenken. ((24)) Eine Sichtbarmachung von Emotionen? 
-Überleitend von den Römern kann die Geste der Kranzniederlegung bereits als Respekt und Anteilnahme am Geschehenen gedeutet werden. Durch den Kniefall verstärkt sich die emotionale und persönliche Anteilnahme Brandts, die dem ‚Urteilenden‘ eventuell zuvor nicht bekannt gewesen war und unterstützt die Aussage Prof. Dr. Marcus Maurers (Professor für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation), dass Gestik eine Urteilsgrundlage in der politischen sowie der allgemeinen Kommunikation sei. Sie soll das Meinungsbild über den Sachverhalt sowie die Meinung über den/ die PolitikerIn beeinflussen und auch lenken.  Eine Sichtbarmachung von Emotionen? +
  
-Politikerinnen und Politiker sind bestenfalls vom Volke gewählt worden um Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen der Bevölkerung umzusetzen und in die Gemeinschaft einzubauen. Symbolisch gesehen sind PolitikerInnen „eine Projektionsleinwand für kollektive Erwartungen […]“.  Um diese Erwartungen gerecht zu werden und zu bekräftigen, verhelfen sich PolitikerInnen verschiedenster Visualisierungen um die Erwartungen dem Rezipienten zu vermitteln. Nonverbale Informationen, wie Bilder, Filme oder Emotionen, verbleiben meist länger in Erinnerung als verbale Informationen.  Durch solche beabsichtigten Gesten soll eine persuasive Botschaft übermittelt werden und Sachverhalte durch visuelle Darstellung ‚eindeutig‘ veranschaulicht werden. +Politikerinnen und Politiker sind bestenfalls vom Volke gewählt worden um Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen der Bevölkerung umzusetzen und in die Gemeinschaft einzubauen. Symbolisch gesehen sind PolitikerInnen „eine Projektionsleinwand für kollektive Erwartungen […]“. ((25)) Um diese Erwartungen gerecht zu werden und zu bekräftigen, verhelfen sich PolitikerInnen verschiedenster Visualisierungen um die Erwartungen dem Rezipienten zu vermitteln. Nonverbale Informationen, wie Bilder, Filme oder Emotionen, verbleiben meist länger in Erinnerung als verbale Informationen. ((26)) Durch solche beabsichtigten Gesten soll eine persuasive Botschaft übermittelt werden und Sachverhalte durch visuelle Darstellung ‚eindeutig‘ veranschaulicht werden.((27)) 
        
-Der/ die BetrachterIn nimmt die Inszenierung somit als realer wahr, da das künstlich erzeugte Bild mit eigenen Augen gesehen und empfunden wird. Eine weitere Anziehungskraft liegt wahrscheinlich auch in der zeitlichen Wahrnehmung zwischen nonverbaler und verbaler Wahrnehmung. Dem Gesagten steht oft das Gesehene davor. Neben der direkten nonverbalen politischen Kommunikation eines/r PolitikerIn, beschreibt Maurer des Weiteren auch die Wichtigkeit der Gestik und Mimik eventueller Dritter des Geschehens, welche die RezipientenInnen beim ersten Blick eine Situation stärker beeinflussen soll.  (Maurer 2016, S. 122) Neben der Bedeutung Dritter an einem Geschehen, deren Gestik und Mimik die Rezipienten beeinflussen, ist auch der Handlungsort von Bedeutung und kann einer Gestik eine andere Wirkung vermitteln: Eine Begrüßung zweier PräsidentenInnen bei einem internationalen Kongress lässt eine andere Emotion entstehen, wie im Gegensatz das Händeschütteln eines PräsidentenInnen in einem ländlichen Wählerkreis einer bestimmten Partei.   Peter Siller, Scientific Manager an der Goethe Universität Frankfurt, geht auf die Komplexität der Auftritte und der damit verbundenen inszenierten Darstellung von PolitikerInnen ein. Große oder kleine Reden und bestimmte Themen könnten den WählerInnen viel abverlangen und sind nur bedingt kurz verbal übermittelbar. Je nach Themengebiet und Komplexitätsgrad kann eine verbal vermittelte Information die Zuhörerinnen und Zuhörer mitreißen, verwirren oder auch langweilen. Ein Bild, demnach eine Geste des/r jeweiligen PolitikerIn „führt damit zu einer Reduzierung von politischer Komplexität“ da sie als Inbegriff des eigentlich gesagten gelten und somit von möglichen RezipientenInnen schneller implizit gedeutet werden kann. Siller spricht hier von einer Entlastung von komplizierten Fakten und Argumenten.  +Der/ die BetrachterIn nimmt die Inszenierung somit als realer wahr, da das künstlich erzeugte Bild mit eigenen Augen gesehen und empfunden wird. Eine weitere Anziehungskraft liegt wahrscheinlich auch in der zeitlichen Wahrnehmung zwischen nonverbaler und verbaler Wahrnehmung. Dem Gesagten steht oft das Gesehene davor. Neben der direkten nonverbalen politischen Kommunikation eines/r PolitikerIn, beschreibt Maurer des Weiteren auch die Wichtigkeit der Gestik und Mimik eventueller Dritter des Geschehens, welche die RezipientenInnen beim ersten Blick eine Situation stärker beeinflussen soll. ((28)) Neben der Bedeutung Dritter an einem Geschehen, deren Gestik und Mimik die Rezipienten beeinflussen, ist auch der Handlungsort von Bedeutung und kann einer Gestik eine andere Wirkung vermitteln: Eine Begrüßung zweier PräsidentenInnen bei einem internationalen Kongress lässt eine andere Emotion entstehen, wie im Gegensatz das Händeschütteln eines PräsidentenInnen in einem ländlichen Wählerkreis einer bestimmten Partei. ((29)) Peter Siller, Scientific Manager an der Goethe Universität Frankfurt, geht auf die Komplexität der Auftritte und der damit verbundenen inszenierten Darstellung von PolitikerInnen ein. Große oder kleine Reden und bestimmte Themen könnten den WählerInnen viel abverlangen und sind nur bedingt kurz verbal übermittelbar. Je nach Themengebiet und Komplexitätsgrad kann eine verbal vermittelte Information die Zuhörerinnen und Zuhörer mitreißen, verwirren oder auch langweilen. Ein Bild, demnach eine Geste des/r jeweiligen PolitikerIn „führt damit zu einer Reduzierung von politischer Komplexität“ da sie als Inbegriff des eigentlich gesagten gelten und somit von möglichen RezipientenInnen schneller implizit gedeutet werden kann. Siller spricht hier von einer Entlastung von komplizierten Fakten und Argumenten.((30))  
  
-Zur Gestik gehörend wird jedoch auch die Mimik vereinnahmt. Die Mimik kann zudem als „der wichtigste Bereich des Körpers für nonverbale Signale“ beschrieben werden. Anzunehmen ist auch, dass durch die schwer kontrollierbaren Eigenschaften des Gesichtes, wie das Augenzucken und Blinzelns in bestimmten Momenten der Grund dafür ist.  In Anbetracht Willy Brandts Gesichtsausdruck beim Kniefall ist eine Unterstreichung der Gesamtsituation zu bemerken. Sein Gesichtsausdruck beeinflusst maßgeblich die Ernsthaftigkeit der Situation und das Mitgefühl. Durch eine veränderte Mimik hätte die Botschaft verändert werden können. Ein lächelndes Gesicht in demütiger kniender Haltung entkräftet die Gesamtsituation völlig und übermittelt somit eine andere Emotion. Auf den Psychologen Prof. Albert Mehrabian geht die Annahme zurück, dass 55% der Kommunikation zwischen zwei Menschen die Körpersprache ausmacht, 38% über Ton und Stimme transportiert wird und nur 7% über den Inhalt. Durch Inkonsistenzstudien konnte man in den 1960 und 1970 Jahren die Dominanz der Mimik und Gestik gegenüber dem gesprochenen Inhalt aufführen. Hierbei wurden Studien durchgeführt bei welchen ein positives Wort mit einem negativen Gesichtsausdruck gesagt wurde, sowie auch umgekehrt. Bei der beschriebenen Studie wurde demnach die Dominanz der Mimik bestätigt.   Die Inkonsistenzstudien Mehrabians werden jedoch auf Grund von Beeinflussung der TeilnehmerInnen sehr kritisiert. Lässt sich die Kraft der Körpersprache und der damit zusammenhängende Emotions- und Inhaltsübermittlung von Gesten überhaupt messen?+Zur Gestik gehörend wird jedoch auch die Mimik vereinnahmt. Die Mimik kann zudem als „der wichtigste Bereich des Körpers für nonverbale Signale“ beschrieben werden. Anzunehmen ist auch, dass durch die schwer kontrollierbaren Eigenschaften des Gesichtes, wie das Augenzucken und Blinzelns in bestimmten Momenten der Grund dafür ist. ((31)) In Anbetracht Willy Brandts Gesichtsausdruck beim Kniefall ist eine Unterstreichung der Gesamtsituation zu bemerken. Sein Gesichtsausdruck beeinflusst maßgeblich die Ernsthaftigkeit der Situation und das Mitgefühl. Durch eine veränderte Mimik hätte die Botschaft verändert werden können. Ein lächelndes Gesicht in demütiger kniender Haltung entkräftet die Gesamtsituation völlig und übermittelt somit eine andere Emotion. Auf den Psychologen Prof. Albert Mehrabian geht die Annahme zurück, dass 55% der Kommunikation zwischen zwei Menschen die Körpersprache ausmacht, 38% über Ton und Stimme transportiert wird und nur 7% über den Inhalt. Durch Inkonsistenzstudien konnte man in den 1960 und 1970 Jahren die Dominanz der Mimik und Gestik gegenüber dem gesprochenen Inhalt aufführen. Hierbei wurden Studien durchgeführt bei welchen ein positives Wort mit einem negativen Gesichtsausdruck gesagt wurde, sowie auch umgekehrt. Bei der beschriebenen Studie wurde demnach die Dominanz der Mimik bestätigt. ((32)) Die Inkonsistenzstudien Mehrabians werden jedoch auf Grund von Beeinflussung der TeilnehmerInnen sehr kritisiert. Lässt sich die Kraft der Körpersprache und der damit zusammenhängende Emotions- und Inhaltsübermittlung von Gesten überhaupt messen?
  
-Dr. phil. Siegfried Frey, Professor für Kommunikations- und Medienpsychologie, stellte in seinen Forschungen fest, dass übermäßig häufige Gesten in einem bestimmten Zeitraum negativ für das Empfinden der Rezipienten sind. Speziell die Arm- und Handbewegung ließ die RezipientenInnen die für sie nonverbale Rede als weniger verträglich wirken. Hingegen wurde „die Wahrnehmung von Gewissenhaftigkeit von den Bewegungsmustern nicht beeinflusst“.  Diese Erkenntnis in Bezug auf die nonverbale Kommunikation des Politiker Willy Brandt mit seinem Kniefall vor dem historisch wichtigen Denkmal lässt auf eine gewünschte Übertragung von Emotion und Darstellung als Verbildlichung der verbal ausgedrückten Informationen rückschließen. +Dr. phil. Siegfried Frey, Professor für Kommunikations- und Medienpsychologie, stellte in seinen Forschungen fest, dass übermäßig häufige Gesten in einem bestimmten Zeitraum negativ für das Empfinden der Rezipienten sind. Speziell die Arm- und Handbewegung ließ die RezipientenInnen die für sie nonverbale Rede als weniger verträglich wirken. Hingegen wurde „die Wahrnehmung von Gewissenhaftigkeit von den Bewegungsmustern nicht beeinflusst“. ((33)) Diese Erkenntnis in Bezug auf die nonverbale Kommunikation des Politiker Willy Brandt mit seinem Kniefall vor dem historisch wichtigen Denkmal lässt auf eine gewünschte Übertragung von Emotion und Darstellung als Verbildlichung der verbal ausgedrückten Informationen rückschließen. 
    
-Gerade im 21. Jahrhundert sind Medien jeglicher Form von enormer Bedeutung, unter anderem auch in der Politik. Das Weiterreichen von Botschaften gilt als elementar für das Erreichen von politischen Entscheidungen. Siller beschreibt diese Beeinflussung der Gesten und Bilder im politischen Kontext als „Mediendemokratie“.  Medien wie Online-Zeitschriften, Fernsehen, Facebook und dem rein visuellen Instagram bedingen schon fast einer Selbstinszenierung der politischen Persönlichkeit, um einer wie von Siller beschriebenen „Machtmaximierung“ nachzukommen. „Mediengeschicklichkeit und Medienpräsenz sind zu zentralen Voraussetzungen politischer Einflussnahme geworden.“   +Gerade im 21. Jahrhundert sind Medien jeglicher Form von enormer Bedeutung, unter anderem auch in der Politik. Das Weiterreichen von Botschaften gilt als elementar für das Erreichen von politischen Entscheidungen. Siller beschreibt diese Beeinflussung der Gesten und Bilder im politischen Kontext als „Mediendemokratie“. ((34)) Medien wie Online-Zeitschriften, Fernsehen, Facebook und dem rein visuellen Instagram bedingen schon fast einer Selbstinszenierung der politischen Persönlichkeit, um einer wie von Siller beschriebenen „Machtmaximierung“ nachzukommen. „Mediengeschicklichkeit und Medienpräsenz sind zu zentralen Voraussetzungen politischer Einflussnahme geworden.“ ((35))  
  
  
-<html><p align="right"> Verfasst von Sebastian H. Ott </p></html>  +<html><p align="right"> Verfasst von Sebastian H. Ott </p></html>   
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 +__Fußnoten__ \\
  
-21 Behrens, Alexander, "Durfte Brandt knien?". Der Kniefall in Warschau und der deutsch-polnische Vertrag; Bonn 2010, S. 9–11. \\+21  Behrens, Alexander, "Durfte Brandt knien?". Der Kniefall in Warschau und der deutsch-polnische Vertrag; Bonn 2010, S. 9–11. \\
 22  Flaig, Egon, Ritualisierte Politik. Zeichen, Gesten und Herrschaft im Alten Rom, 2. Aufl., Göttingen 2004, S. 121.\\ 22  Flaig, Egon, Ritualisierte Politik. Zeichen, Gesten und Herrschaft im Alten Rom, 2. Aufl., Göttingen 2004, S. 121.\\
 23  Ebd. S. 121\\ 23  Ebd. S. 121\\
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 +===== Fazit =====
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 +Inwiefern partizipiert nun der menschliche Körper bei der Kommunikation im Alltag, Sport und der Politik?  Um verbale Kommunikation zu bekräftigen und Nachdruck zu verleihen ist die nonverbale Kommunikation fast schon unerlässlich. Wie auch im Alltag und im Sport analysiert, ist auch im politischen Segment, in welchem oftmals lange und komplexe Informationen debattiert und vermittelt werden, die nonverbale Kommunikation ein wichtiges Hilfsmittel der Weitergabe von Inhalten. Jedoch ist hier mit großer Vorsicht das zu vermittelnde Bild zu betrachten. Anhand des Beispiels des Präsidenten Ronald Reagan (Präsident der USA zw. 1981 und 1989) lässt sich dieses mögliche Täuschen durch „Politainment“ visualisieren: 
 +„[als sich] Ronald Reagan vor den versammelten TV-Kameras auf der Schulbank eines Klassenzimmers mit Lehrern und Schülern ins Gespräch vertiefte und vor den Augen des Publikums leidenschaftliches Interesse am Bildungswesen zeigte, während seine Regierung gerade den Bildungsetat gekürzt hatte." 
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 +So können durch nonverbale Verbildlichungen ambivalente Informationen mitsichtragen und nur ein Schein des eigentlichen Inhaltes sein um eventuell unangenehme Themen oder Informationen zu beschwichtigen, verschleiern oder gar ganz zu vertuschen. Prof. Dr. Thomas Meyer (TU Dortmund) spricht hier von einer „Inszenierungsoberfläche“ in der „symbolischen Scheinpolitik [mit einer] mediengerechte Theatralisierung“.   Jedoch ist nonverbale Kommunikation auch ein unumgängliches Werkzeug des alltäglichen zwischenmenschlichen Austausches und kaum ausschaltbar. Es entspricht dem Sender und Empfänger Modell in welchem wir bewusst oder unbewusst Informationen senden und auch empfangen.   
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 +Ob nun Brandts Kniefall ein beabsichtigter oder wie er dementierte ein emotionales Überkommen seiner Gefühle war, werden wir nie mit Gewissheit bestätigen können. Jedoch ist dieser symbolische Akt ein Grundstein der emotionalen Darstellung Willy Brandts als Politiker gewesen und sendet bis heute noch Emotionen durch diese fotografierte nonverbale Geste! 
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 +Dem gleichgestellt sind die Posen von Sportlerinnen und Sportlern beim Sieg oder auch bei einer Niederlage. Es sind stets Projektionen von nonverbalen Inhalten die durch das Sender-Empfänger Modell übertragen werden sollen. Die gesprochene Kommunikation lässt sich somit durch visualisierte Bilder wie Kraft, Protz oder auch Trauer verstärken. Es kann eine weitere Kommunikation, neben der gesprochenen Kommunikation, welche sich die Hilfe der Körpersprache bedient. 
 +Ein Zwischenspiel der verbalen und nonverbalen Kommunikation entsteht nicht nur als bestärkendes Hilfsmittel von zuvor Gesagtem oder Getanem, sondern auch als Hilfsmittel der emotional gewollten Übermittlung des Geschriebenem anhand von Emojis und weiteren Bildern.
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 +Somit gehört die nonverbale Kommunikation zum festen und wichtigen Bestandteil des zwischenmenschlichen Handelns und unterstützt somit das Übermitteln von bewussten und unbewussten Inhalten der Kommunikation. 
  
  
  
 +<html><p align="right"> Verfasst von Sebastian H. Ott </p></html>
  
  
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