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QFM03 Kinesio Tape II

Title Einfluss von Kinesiotape auf die Muskelaktivität bei Langhantelcurls
Veranstaltung Seminar Quantitative Forschungsmethoden WS 13/14
Leitung Prof. Dr. phil. Andre Seyfarth
Betreuung Martin Grimmer
Autoren Sabrina Di Capua, Valerie Junghans, Jessica Koncz, Frederik Kopatz, Simone Steitz
letzte Bearbeitung 17.12.2013

1. Einleitung

Wer sich mit dem Thema Sport beschäftigt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf das Thema Kinesiotaping stoßen. Das Kinesiotape wurde 1979 von Kenzo Kase, einem japanischen Chiropraktiker erfunden. Sowohl im Breitensport als auch im Leistungssport zeichnet sich ein klar erkennbarer Trend in der Verwendung der bunten Kinesiotapes ab. Fraglich ist jedoch welche Wirkung ein Kinesiotape wirklich auf den Körper hat. In der Literatur wird über dieses Thema kontrovers diskutiert.So lassen sich viele Studien bezüglich der Auswirkung auf die Muskelkraft, Muskelaktivität, Schmerzen und Beweglichkeit finden. Fu, Wong, Pei, WU, Chou und Lin (2008) untersuchten die Auswirkungen eines Kinesiotapes auf die Muskelkraft des Quadrizeps. In der Studie wurden 14 gesunde Kollege-Athleten (7 männliche,7 weibliche) des „Nation College of Physical Education and Sports“ getestet. Es wurden Messungen (1) ohne Taping (2) sofort nach dem Taping und (3) 12 Stunden nach Platzierung des Tapes (ohne das Tape zu entfernen) vorgenommen. Die Muskelkraft wurde mit einem isokinetischen Dynamometer während der Kontraktion untersucht. Im Ergebnis konnte weder eine Zu-, noch eine Abnahme der Muskelkraft festgestellt werden. Vithoulka, Beneka, Malliou, Aggelousis, Karatsolis und Diamantopoulos (2010) stellten dagegen fest, dass bei der Anwendung des Kinesiotapes an der Vorderseite des Oberschenkels die exzentrische Muskelkraft verbessert werden könnte. Die Untersuchung von Vithoulka (et al., 2010) wurde mit drei verschiedenen Taping-Gruppen durchgeführt. (1) ohne Taping, (2) Placebo Taping und (3) Kinesio-Taping). Es wurden isokinetische, konzentrische und exzentrische Kraftmessungen für die Kniestrecker und Kniebeuger durchgeführt. Murray (2000) untersuchte sowohl die Auswirkungen des Kinesiotapes auf die Muskelkraft als auch auf die Beweglichkeit nach Verletzungen des vorderen Kreuzbandes. In der Studie wurde ein EMG zur Messung der Muskelaktivität und ein Goniometer für die Messung der Beweglichkeit verwendet. Beide Größen wurden unter verschiedenen Zuständen gemessen: (1) ohne Tape, (2) Placebo-Tape und (3) Kinesiotape. Es wurden keine positiven Veränderungen der Muskelkraft festgestellt. Eine verbesserte Beweglichkeit sowie eine erhöhte Muskelaktivität konnte wiederum beobachtet werden. Yoshida und Kahanov (2007) untersuchten die Beweglichkeit des Unterkörpers (ROM) vor und nach Anwendung eines Kinesiotapes anhand von 30 Probanden. Anhand von Orientierungspunkten wurde die Veränderung der Beweglichkeit sowohl in Extension als auch in Flexion überprüft und anhand der Differenz zur vorherigen Messung bestimmt. Sie konnten eine erhöhte Beweglichkeit und eine verbesserte Beugung beobachten. Hsu, Chen, Lin ,Wang und Shih (2009) analysierten die Veränderung der Beweglichkeit des Schulterblatts und der Muskelaktivitäten nach Einsatz eines Kinesiotapes anhand von 17 Baseball Spielern, welche sich eine Schulterprellung zugezogen hatten. In der prospektiven, randomisierten. Alle Probanden wurden sowohl mit einem richtigen Kinesiotape als auch mit einem Placepo-Kinesiotape auf dem Trapezius nach dem Cross-Over-Design getestet. Die Messung der Muskelaktivität erfolgte mit dem EMG. Um die Muskelkraft zu messen, wurde ein Hand-Dynamometer verwendet. Die Ergebnisse bestätigten eine positive Veränderung sowohl in der Beweglichkeit als auch eine Zunahme der Muskelaktivität. In der prospektiven Studie von González-Iglesias, Fernández-de-Las-Peñas, Cleland, Huijbregts & Del Rosario Gutiérrez-Vega (2009) wurden 21 Frauen untersucht, die in 2 Gruppen (Untersuchungsgruppe mit Kinesiotape und Vergleichsgruppe mit Placepo-Kinesiotape). Das Studiendesign bestand aus einer randomisiert kontrolliert (RCT) Studie und erfolgte „double blinded“. Anhand einer 11-stufigen Skala wurden die Nackenschmerzen erhoben. Die zervikale Beweglichkeit wurde mit einem dafür hergestellten Apparat auf dem Kopf bestimmt, indem der Patient den Kopf strecken, beugen, nach recht( links) seitlich neigen und rechtsseitig (linksseitig) rotieren sollte. Beide Messungen fanden (1) vor, (2) sofort nach Anbringen des Kinesiotapes und (3) 24 Stunden danach statt. Sie konnten in Ihrer Studie positive Veränderungen bezüglich der Schulterbeweglichkeit nach Applikation eines Kinesiotapes feststellen. Weiterhin beobachteten sie eine Verbesserung der Schulterschmerzen. Williams, Whatman, Hume und Sheerin(2012) beschäftigten sich mit der Effektivität der Kinesiotapes bezüglich der Prävention von Verletzungen. Es wurden ( et al.,2012) Daten anhand einer Metaanalyse verwendet. Von 97 Artikeln, erfüllten 10 die Inklusions-Kriterien (Studien mit Effekten am Muskel und mit einer Kontrollgruppe). Nur 2 Studien beinhalteten Sportverletzungen und nur eine der Studien involvierte verletzte Probanden. Sie beobachteten geringe positive Veränderungen der Muskelkraft, Schmerzen und Beweglichkeit, wiesen jedoch darauf hin, dass weitere Studien notwendig sind um diese Fragen zu beantworten. Halseth, McChesney, DeBeliso, Vaughn und Lien(2004) untersuchten die Auswirkungen auf die Propiozeption des Sprunggelenkes. Sie konnten allerdings keine signifikanten Veränderungen feststellen. Halseth (et al.,2004) untersuchte 30 gesunde Probanden anhand einer Vergleichsgruppe (ohne Kinesiotape). Die Messung der Untersuchungsgruppe wurde vor und nach Applikation des Kinesiotapes vorgenommen. Um die Gelenkstellungswahrnehmung mit einem RJPS-Apparat zu ermitteln, wurde eine Gelenkstellung mit 20° Plantarflektion und Inversion eingenommen. Während in Einzelfällen somit durchaus von einer Wirkung in verschiedenen Bereichen berichtet werden, stehen andere wissenschaftliche Studien im Kontrast dazu. Zugleich ist festzustellen, dass Studien bezüglich der Wirkungsweise eines Kinesiotapes noch relativ rar sind.Um genauere Aussagen treffen zu können, bedarf es daher weiterer Studiendurchführungen. Um diesem Forschungsbedarf gerecht zu werden, möchten wir im Folgenden den Fokus unseres Forschungsinteresses auf die Auswirkungen eines Tapes auf die Muskelaktivität legen, da auch in diesem Bereich bisher kaum Studien vorzufinden sind. Im Besonderen interessiert uns nun, ob sich eine Erhöhung oder etwa Verringerung der Muskelaktivität durch ein Kinesiotape erzielen lässt. Dazu müsste vorausgesetzt sein, dass sich ein Kinesiotape überhaupt auf die Muskelaktivität auswirkt. Eine weitere Zielsetzung wäre es, vor allem im Bezug auf muskuläre Dysbalancen herauszufinden, ob sich bei einer Veränderung der Muskelaktivität des mit einem Kinesiotape behandelten Muskels, ebenfalls eine Veränderung des entsprechenden Antagonisten feststellen lässt. Das Augenmerk wollen wir dabei auf die Muskulatur des Oberarms richten und zwar auf den biceps brachii und den triceps brachii. Ausgehend von den aus der Studiengrundlage hervorgehenden Forschungsfragen, werden daher folgende Forschungshypothesen formuliert:

Hypothese 1: Bei der Anwendung eines Kinesiotapes am biceps brachhii, während der Ausführung von Langhantelbizepscurls, kommt es zu einer Erhöhung der Muskelaktivität des biceps brachii.

Hypothese 2: Bei der Anwendung eines Kinesiotapes am biceps brachhii, während der Ausführung von Langhantelbizepscurls, kommt es zu einer Erhöhung der Muskelaktivität am triceps brachii.

2. Methoden

Im Folgenden werden die angewandten Methoden und die dazu benötigen Materialien für die Versuchsplanung und -durchführung dargestellt. Dabei werden zunächst die organisatorischen Schritte kurz benannt und auf die entsprechend angefertigten Dokumente verwiesen. Im Anschluss werden die benötigten Materialien aufgeführt. Daraufhin wird die Auswahl der Probanden beschrieben. Zuletzt wird die unmittelbare Versuchsdurchführung sowie deren Planung und Vorbereitung aufgezeigt.

2.1 Organisatorisches

Zu Beginn der Bearbeitung des Themas wurde eine Literaturrecherche betrieben, welche sich im Wesentlichen in drei Arbeitsschritte gliederte. Zunächst wurde die Literatur vor allem im Internet mit verschiedenen Suchmaschinen wie Google, Google- Scholar, die Zeitschrift für Sportmedizin und weiteren themenspezifischen Internetseiten gesucht. Mit Schlagwörtern, wie „Kinesiotape“, „Auswirkungen von Kinesiotape“, „Kinesiotape und Muskelaktivität“, wurde versucht herauszufinden, welche Literatur zu dem Thema bereits bekannt war und welche darüber hinaus recherchierbar erschien. Es wurden sämtliche Artikel und Texte zu dem Thema gelesen, worauf die Literaturauswahl folgte. Die Literatur wurde unterteilt in relevante Literatur und nicht relevante Literatur. Merkmale relevanter Literatur waren zum Beispiel die Jahresdaten. Es wurde versucht möglichst neuere Literatur zu verwenden und veraltete Literatur, wenn sie nicht von großer Bedeutung war, nur in Ausnahmefällen zu benutzen. Den letzten Schritt bildete die Literaturbeschaffung. In den gelesenen Texten wurden Hinweise auf andere Texte, zum Beispiel durch Fußnoten, Literaturanhang oder ähnlichem genutzt, um an weitere Literatur zu gelangen. Dementsprechend wurde mit der weiteren Literatur vorgegangen, um somit durch ein Schneeballsystem an Sekundär-, aber vor allem auch an Primärliteratur zu gelangen. Nach der Abgrenzung zwischen wichtiger und unwichtiger Literatur, wurden die einzelnen Punkte systematisch abgearbeitet. Obwohl es bereits eine Vielzahl von Studien gibt, welche sich mit den verschiedenen Anwendungsfeldern des Tapes, wie z.B. der Auswirkung auf die Muskelkraft, Muskelaktivität, Schmerzen und Beweglichkeit beschäftigen, gibt es bisher keine einheitlich gesicherten Ergebnisse über dessen Wirksamkeit. Zu den ersten organisatorischen Aufgaben gehörte das Erstellen einer Versuchserläuterung, welche die ausschlaggebenden Versuchsinformationen enthält (s. Anhang) und den Probanden ausgehändigt wird, bevor diese die Einverständniserklärung unterschreiben sollen. Das Verfassen einer Einverständniserklärung war damit eine weitere organisatorische Aufgabe. Um ethischen Bedenken vorzubeugen, wurde die Checkliste der Ethikkommission der TU Darmstadt auf den geplanten Versuch angewendet (s. Anhang).

2.2. Materialien

2.2.1. Kinesiotape

Zunächst wurde für das Projekt Kinesiotape (KT) benötigt, dessen Auswirkung auf die Muskelaktivität getestet wird.<imgcaption image1|Kinesiotape> Abbildung 1 Kinesiotape </imgcaption> Bei der Anlage des Kinesiotapes wird in der Regel zwischen zwei unterschiedlichen Techniken zur Vordehnung des Tapes unterschieden:

1. Die ungedehnte Anlage, die vor allem bei Muskeln verwendet wird und deshalb auch die relevante Methode in dieser Untersuchung darstellt.

2. Die Maximalanlage, die unter anderem bei der Ligamenttechnik eine Rolle spielt.

Bei der ungedehnten Anlage wird das Tape 10% vorgedehnt und dann angelegt. Da es schwierig ist herauszufinden bei welchem Dehnungsausmaß 10% der max. Dehnfähigkeit erreicht werden, wird das Tape bereits in diesem Zustand auf die Trägerfolie aufgetragen und muss nur noch abgezogen werden. Um eine bessere Haftung und einen möglichst optimalen Tragekomfort zu gewährleisten, werden die Enden des Kinesiotapes noch vor dem Abziehen mit einer Schere abgerundet. Damit eine bestmögliche Wirkung des Tapes durch die Faltenbildung erreicht werden kann, sollte sich der Muskeln beim Anlegen in leichter bis mittlerer Vordehnung befinden. Durch mehrmaliges Darüberstreifen nach dem Auflegen, kann die Haftung hauptsächlich an den Enden nochmal verbessert werden (Kinesio- Taping Schulungszentrum, Kinesiotape Kursbuch I, S. 4). Man unterscheidet grundsätzlich zwischen 4 unterschiedlichen Klebetechniken: (Kinesio- Taping Schulungszentrum, Kinesiotape Kursbuch I, S. 4f.)

- Muskeltechnik

- Ligamenttechnik

- Korrekturtechnik

- Lymphtechnik

Unsere Darstellung wird sich auf die Muskeltechnik beschränken, da diese unter anderem eine Auswirkung auf die Muskelaktivität haben soll. Wie bereits erwähnt, kommt bei der Muskeltechnik immer die ungedehnte Tape- Analage zum Einsatz (Breitenbach, 2004, S.18). Durch unterschiedliche Anlagemethoden kann somit Einfluss auf den Muskeltonus genommen werden. So gibt es einerseits die tonisierende und andererseits die detonisierende Klebemethode. Bei der tonisierenden Klebetechnik wird die Basis des KT vom Muskelursprung zum Muskelansatz angelegt und dient beispielsweise einer Verbesserung der Muskelfunktion. Bevorzugt wird in diesem Fall das rote Kinesiotape (Kinesio- Taping Schulungszentrum, Kinesiotape Kursbuch I, S. 4f). Bei der detonisierenden Anlage wird die Basis vom Ansatz zum Ursprung gelegt, um einer Hypertonie in der Muskulatur entgegenzuwirken (Breitenbach, 2004, S.16). Die Farbwahl bei dieser Methode ist blau (Kinesio- Taping Schulungszentrum, Kinesiotape Kursbuch I, S. 4f). Vor dem Anlegen des Tapes sollte die Haut gereinigt und von Öl, Creme und Haaren befreit werden. Eine bessere und längere Haftung des Tapes kann durch vorheriges Reinigen mit Alkohol erzielt werden. Für den vorderen Oberarm, also den Bizeps, wird ein Tapestreifen benötigt, der von der Vorderseite der Schulter bis in die Ellenbeuge reicht. Das Tape wird zunächst oben ca. 5 cm zu zwei gleich breiten Zügel eingeschnitten, dann folgt ein weiterer Bereich von ca. 5 cm ohne Einschnitt und dann wird der Rest von unten wieder in zwei gleiche Zügel eingeschnitten. Wichtig ist, dass die Ecken abgerundet werden, um die Haltbarkeit zu erhöhen. Die Auswirkungen des Tapes auf die Muskelaktivität, wird dann mittels Elektromyographie gemessen.

2.2.2. EMG

Um die Aktivität eines Muskels zu messen und darzustellen, wird in dieser Studie ein Elektromyogramm (EMG) benutzt. Unter Elektromyographie versteht Kunz (2003, S. 135) die „Registrierung und Aufzeichnung der bei Muskelspannung entstehenden elektrischen Phänomene“. Es gibt drei verschiedene Arten des EMG, welche sich in der Art der Elektroden unterscheiden (Regulski, 2013, S. 17). Zum einen das Nadel- und das Draht-EMG, welche hauptsächlich in der Neurologie verwendet werden (ebd., Kunz, 2003, S. 135). Bei dieser Form der Messung wird eine bipolare Nadelelektrode direkt in die Muskelzelle eingestochen, um das elektrische Signal zu messen (Kunz, 2003, S. 135; Mattle & Mumenthaler, 2002, S. 84). Die Messungen können bei „Ruhe, bei leichter und bei maximaler Willkürinnervation“ (Mattle & Mumenthaler, 2002, S. 84) vorgenommen werden. Das sog. Oberflächen-EMG, welches auch als kinesiologisches EMG bezeichnet wird, findet meistens im Bereich der Sportwissenschaft, Physiotherapie und der Rehabilitation Andwendung (Kunz, 2003, S.135; Regulski, 2013, S. 17). Es zeichnet sich durch eine nicht-invasive Anwendung aus (Hermens, Freriks, Disselhorst-Klug & Rau, 2000, S. 361). Bei der Messung der Muskelaktivität mittels EMG kann es aufgrund verschiedener Störfaktoren zu Messfehlern bzw. Fehlinterpretationen der Werte kommen. Zu diesen störenden Einflüssen gehören beispielsweise Artefakte, die durch andere elektrische Geräte in der Umgebung ausgelöst werden oder auch Cross-talk (Kunz, 2003, S. 135). Letzteres bezeichnet ein unerwartetes EMG-Signal, welches durch benachbarte Muskeln ausgelöst werden kann (Chowdhury, Reaz, Ali, Bakar Chellappan & Chang, 2013, S. 12433). Diese Problematik kann jedoch durch die richtige Wahl der Elektrodengröße und der Abstände zwischen der einzelnen Elektroden verringert werden (Chowdhury et al., 2013, S. 12434). Weiterhin können „the internal structure of the subject“ (Chowdhury et al., 2013, S. 12432), wie ein sehr dickes subkutanes Fettgewebe, Körpertemperatur oder Schwitzen, einen Einfluss auf die Stärke des EMG-Signals haben (Kunz, 2003, S. 138; Chowdhury et al. 2013, S. 12432). Auch die Bewegungsgeschwindigkeit und das –ausmaß können Veränderungen hervorrufen (Kunz, 2003, S. 138). Mit einem EMG können verschiedene Größen, wie die Höhe der Innervation, die Entspannungsfähigkeit oder die Ermüdung, beurteilt werden (Kunz, 2003, S. 141). Die häufigste Anwendung des EMG findet man in der Therapie beim sog. Biofeedback-Training (ebd.). Hierbei wird eine vorgegebene Übung durchgeführt und die EMG-Kurve parallel verfolgt (ebd.). In dem hier durchgeführten Projekt wurde zur Messung der Muskelaktivität ein Bagnoli™ Desktop EMG System der Marke Delsys verwendet (www.delsys.com/Products/Bagnoli_Desktop.html). Die Messung efolgte mit einer Frequenz von 1000 Hz.

2.2.3. Sonstige Materialien

Zur Ausführung der Bizepscurls wurde eine Langhantel benötigt. Um die Winkelstellung des Ellebogens zu messen wurden ein Goniometer eingesetzt. So konnte bei der Auswertung festgestellt werden, wann ein Bewegungszyklus jeweils beginnt und endet. Das Goniometer wurde mit Hilfe von Klettband am Arm zwischen dem Unter- und Oberarm befestigt. Da das Goniometer leider defekt war, mussten wir einen Trick anwenden, um trotzdem zu akzeptablen Ergebnissen zu kommen. Das Goniometer gab nur ab einem Beugungswinkel von 180 Grad ein Signal ab, ansonsten war nur ein „Rauschen“ zu verzeichnen. Deshalb wurde es bei einer leichten Überstreckung des Armes angebracht, damit es bei der Beugung ausschlug, obwohl sie, anatomisch bedingt, immer leicht unter der 180 Grad-Marke lag. Des Weiteren wurde eine Referenzelektrode benötigt, um Rauschsignale zu verringern. Diese wurde am Ellenbogen angelegt, da dort sich dort keine Muskeln befinden und dadurch keine weiteren Störsignale aufgenommen wurden. Ein Computer war nötig, der die EMG-Daten, die des Goniometeres und die Referenzelektrode aufzeichnete.

2.3. Probanden

Insgesamt wurden fünf gesunde Sportstudenten der Technischen Universität Darmstadt untersucht. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt durch Zufallsprinzip. Als Hauptkriterien für die Teilnahme an dieser Untersuchung gelten folgende Merkmale:

1. Alter zwischen 23- 26 Jahren

2. Sportstudenten

3. mind. 2 mal wöchentlich sportlich aktiv

Die soziale Herkunft, das Geschlecht und Merkmale, wie eine bestimmte Körpergröße oder Gewicht, bildeten keine Voraussetzung für die Teilnahme.

2.4. Versuchsdurchführung

Die Studie wurde einstufig durchgeführt. Die Muskelaktivität des biceps brachii und des triceps brachii wurden bei der Ausführung von Bizepscurls mit einer Langhantel (supinierter Griff), einmal ohne Kinesiotape und einmal mit Kinesiotape gemessen, um festzustellen, ob das Kinesiotape eine kurzfristige Auswirkung auf die Muskelaktivität hat.<imgcaption image2|Versuchsdurchführung> Abbildung2 Versuchsdurchführung </imgcaption> Das Kinesiotape wird hierbei nur am biceps brachii angebracht, um mögliche Veränderungen der Muskelaktivität des biceps brachii und des triceps brachii während der Bewegungsausführung festzustellen. Zunächst wurden sieben Bizepscurls mit Langhantel ohne getapten biceps brachii durchgeführt. Der Start- und Endpunkt eines Bewegungszyklus war jeweils der gebeugte Arm, wenn das Goniometer einen Ausschlag angab. Die Langhantel wurde dem Probanden in dieser Armstellung von einem Helfer in die Hände gegeben. Während der restlichen Bewegung war aufgrund des beeinträchtigten Goniometers nur ein „Rauschen“ zu verzeichnen. Erst wenn der Arm schließlich wieder weit genug gebeugt war, schlug das Goniometer erneut aus.

Die Ausgangsstellung war zu jeder Zeit und bei jedem Probanden identisch. Sie stellten sich etwa schulterbreit auf und hielten die Hantelstange mit einem komplett angewinkelten Arm in den Händen. Sobald die beschriebenen Geräte und Hilfsmittel formgemäß angebracht waren, begann die Messung bzw. der Bewegungs- bzw. Versuchsablauf. Dabei muss erwähnt werden, dass durch das beschriebene fehlerhafte Goniometer eine unnatürlich weite Bewegung für eine Langhantelcurl-Übung durchgeführt werden musste, damit es reagierte. Das ist natürlich nicht optimal für die Ergebnisbewertung, jedoch war es in diesem Fall nicht anders durchführbar.

Im direkten Anschluss wurden nach dem gleichen System sieben Bicepscurls mit einem frisch getapten biceps brachii durchgeführt. Dabei wurde das Kinesiotape vom Ansatz zum Ursprung am Muskelrand entlang geklebt. <imgcaption image3|Klebeart des Kinesiotapes> Abbildung 3 Kinesiotape </imgcaption>

Das Tape wurde dazu bis etwa 3/4 in der Mitte angeschnitten und beide seitlichen Streifen führten entlang des Bizeps bis sie im unteren Teil des Muskels wieder zusammengeführt wurden (siehe Bild). Während der kompletten Bewegungsausführung der Wiederholungen, wurde sowohl die Muskelaktivität des biceps brachii als auch des triceps brachii per EMG gemessen, um am Ende die Ergebnisse zu vergleichen und mögliche Unterschiede festzustellen. Das Gewicht der Langhantelstange wird mit 17 kg so gewählt, dass mit einer schnellen Ermüdung während der gesamten Bewegungsausführung nicht zu rechnen ist. Somit kann auch noch im zweiten Durchgang, bei der Messung mit Kinesiotape, die Bewegungen noch mit vollständigem Krafteinsatz absolviert werden. Dies wurde bei der beschriebenen Durchführung auch erreicht. Die Probanden konnten ohne stärkere Ermüdungserscheinungen ihre Übung durchführen.

2.5. Dokumentation und Auswertung der Ergebnisse

Zur Auswertung der EMG-Daten und der Daten des Goniometers wurde Matlab® verwendent, welches für numerische Simulation, Datenerfassung, Datenanalyse und -auswertung eingesetzt wird. Hierfür wurde ein entsprechendes Matlab-Skript für unsere Datensätze verfasst (s. Anhang). Die Versuche wurden durch einen Kontrollbogen dokumentieret.

3. Ergebnisse

Die Durchführung der Studie zum Einfluss des Kinesiotapes am biceps brachii auf die Muskelaktivität des biceps brachii und triceps brachii hat insgesamt zu keinen aussagekräftigen und deutlichen Ergebnissen geführt. Bezüglich einer Veränderung der Muskelaktivität des biceps brachii hat die Auswertung der Messdaten ergeben, dass bei drei der fünf Probanden eine Erhöhung der Muskelaktivität stattgefunden hat, während es bei den anderen beiden Probanden dagegen zu einer Verringerung der Muskelaktivität kam.

<imgcaption image3|Muskelaktivität des Bizeps> Abbildung 3 Muskelaktivität des Bizeps </imgcaption>

In Abbildung 3 wurde der Mittelwert der jeweiligen Maximalwerte von der Bizepsaktivität aller Probanden gebildet. Diese Werte wurden auf 100 normiert, um einen einheitlichen Ausgangspunkt und eine Vergleichbarkeit zu haben, da die Dauer der Bewegungsausführung bei den verschiedenen Probanden variierte. Beide Kurvenverläufe zeigen die Muskelaktivität während eines Bewegungszyklus beim Bicepscurl mit Langhantelstange. Die rote Linie stellt den Verlauf der Muskelaktivität bei der Bewegungsausführung ohne Kinesiotape und die blaue Linie die Durchführung mit Kinesiotape dar. Beide Linien zeigen einen ähnlichen Kurvenverlauf, was darauf schließen lässt, dass keine deutlichen Ergebnisse vorliegen. Der rote Kurvenverlauf zeigt einen etwas höheren Wert auf. Da die Unterschiede aber nicht sehr groß sind, kann man dies nicht als aussagekräftigen Unterschied betrachten und ist daher irrelevant. Dass der Kurvenverlauf bei 40% Muskelaktivität beginnt, hängt damit zusammen, dass im EMG-Messsystem bereits ein Grundrauschen besteht.

<imgcaption image4|Änderung der max. Muskelaktivität pro Proband> Abbildung 4 Änderung der Muskelaktivität pro Proband </imgcaption>

Abbildung 4 stellt die prozentuale Veränderung der Muskelaktivität im Vergleich der Bewegungsausführung mit Kinesiotape und ohne Kinesiotape dar. Die drei ersten Balken stehen jeweils für die drei Probanden, bei denen sich eine Erhöhung der Muskelaktivität feststellen ließ. Die zwei rechtsliegenden Balken zeigen demnach jeweils, um wieviel Prozent sich die Muskelaktivität der beiden anderen Probanden verringert hat.

<imgcaption image5|Muskelaktivität des Trizeps> Abbildung 5 Muskelaktivität des Trizeps </imgcaption>

Die Abbildung 5 zeigt die Muskelaktivität des triceps brachii während eines Bewegungszyklus beim Bicepscurl mit einer Langhantelstange. Die rote Linie stellt den Verlauf der Muskelaktivität bei der Bewegungsausführung ohne Kinesiotape und die blaue Linie die Durchführung mit Kinesiotape dar. Beide Linien zeigen einen ähnlichen Kurvenverlauf, was darauf schließen lässt, dass keine deutlichen Ergebnisse vorliegen. Der blaue Kurvenverlauf zeigt zwischendurch einen etwas höheren Wert auf, dies könnte auf eine erhöhte Aktivierung des triceps brachii zurückzuführen sein. Da die Unterschiede aber nicht sehr groß sind, kann man dies nicht als aussagekräftigen Unterschied betrachten, denn es könnte sich ebenso um einen Messfehler handeln. Die Ausschläge des EMG sind daher nicht auf die Muskelaktivität des triceps brachii zurück zu führen, sondern spiegeln das Grundrauschniveau des EMG wieder, das zwischen 80%- 90% liegt.

4. Diskussion

Die unterschiedlichen Ergebnisse könnten darauf zurückzuführen sein, dass Messfehler aufgetreten sind, da sich beispielsweise Elektroden während der Bewegungsausführung von der Haut gelöst haben könnten. Eventuell spielen auch die unterschiedlichen Körperzusammensetzungen der einzelnen Probanden eine Rolle. So könnten Probanden unterschiedliche Ausprägungen des subkutanen Fettgebewese aufweisen. Um detaillierte Aussagen treffen zu können, ist darüber hinaus eine höhere Probandenanzahl notwendig, was jedoch aufgrund des begrenzten Zeitrahmens des Seminars nicht möglich war. Die Studie bringt daher leider keine Klarheit in die kontroverse Studienlage. Die Diskussionen in Bezug auf die Effektivität des Kinesiotapes in nahezu allen Anwendungsfeldern scheinen somit noch lange nicht beendet. Es zeigt sich, dass es unabdingbar ist in diesem Bereich weitere Studien, eventuell auch Studien zur Langzeitwirkung zu erheben, um Klarheit über die Auswirkungen zu bringen. Langzeitwirkung würde in diesem Fall zum Beispiel bedeuten, dass das Kinesiotape 24 Stunden vor der Bewegungsausführung angebracht wird, um mögliche Muskelaktivitätsveränderungen im Vergleich zu Bewegungsausführungen ohne Kinesiotape festzustellen. Zusätzlich könnte durch eine höhere Probandenanzahl (mindestens 100 Probanden) möglicherweise ein eindeutigeres und aussagekräftigeres Ergebnis erzielt werden. Durch die höhere Anzahl von Probanden werden eventuelle Messfehler weniger relevant als bei lediglich fünf Probanden und man bekäme eine präzisere Aussage darüber, ob durch ein Kinesiotape wesentliche Steigerungen in der Muskelaktivität erreicht werden können. Die geringe Anzahl an Probanden und die sehr kurze zur Verfügung stehenden Zeit, machte es fast unmöglich eventuelle Messfehler oder ähnliches konkret auszuschließen. Neben einer größeren Anzahl an Probanden könnten außerdem noch mehrere Bewegungsdurchführungen der einzelnen Versuchsperson vollzogen werden. Diese Werte könnten gemittelt werden und man würde möglichen Messfehlern entgegenwirken. Weiterhin wäre eine Messung der EMG-Werte in Ruhe und bei maximaler Anspannung sinvoll gewesen, um diese als Bezugsgröße zu den gemessenen Werten zu verwenden. Insgesamt sind die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts kritisch zu betrachten.

5. Zusammenfassung

Die Ergebnisse der Studie führen zu keiner aussagekräftigen Beurteilung. Es wurden unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der Veränderung der Bizeps-Muskelaktivität zwischen den Probanden festgestellt. Bei drei der Probanden wurde eine Erhöhung der Muskelaktivität festgestellt, während es bei anderen zu einer Verringerung kam. Die Studie kann lediglich als ein Anhaltspunkt für weiterführende Forschungen angesehen werden. Um die Frage nach der Wirkung von Kinesiotape zu beantworten sind weitere Studien somit unabdingbar. Insgesamt kann jedoch davon ausgegangen werden, dass ein Kinesiotape zu keiner aussagekräftigen Erhöhung der Muskelaktivität führt. Jedoch bleibt dies nicht völlig ausgeschlossen, da in einigen anderen Studien ein positiver Einfluss des Kinesiotapes auf die Muskelaktivität nachgewiesen wurde.

6. Literatur

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8. Vithoulka, I., Beneka, A., Malliou, P., Aggelousis, N., Karatsolis, K. & Diamantopoulos, K. (2010). The effect of Kinesio Taping on quadriceps strength during isokinetic exercise in healthy non athlete woman. Journal of Isokinetics and Exercise Science, 18(1),1-6.

9. Williams S., Whatman, C., Hume, P.-A., Sheerin, K. (2012). Kinesio taping in treatment and prevention of sports injuries: a meta-analysis of the evidence for its effectiveness. Sports Me,. 42(2), 153-64.

10. Yoshida, A. & Kahanov, L. (2007). The effect of kinesio taping on lower trunk range of motions. Research in Sports Medicine, 15 (2), 103–12.

11. www.delsys.com/Products/Bagnoli_Desktop.html

7. Anhang

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MATLAB- Auswertung

MATLAB- Grafiken

Ethikantrag

ethikantrag_fuer_kinesio-tape_2_.doc

Versuchsprotokoll

versuchsprotokoll.docx

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