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WP2225 [Exergames]
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Modul-Titel | WP2225 |
Veranstaltung | PS Biomechanik |
Autor | Ann-Kathrin Ditschler, Daniel Fener, Sebastian Müller |
Bearbeitungsdauer | 45 Minuten |
Präsentationstermin | 06.07.2022 |
Status | in Bearbeitung |
Zuletzt geändert | 27.07.2022 |
Während der Corona Pandemie hat nicht nur der soziale Kontakt untereinander gelitten. Bei vielen Personen fiel mit dieser auch der gemeinsame Sport im Verein oder der Gang ins Fitnessstudio weg und viele suchten nach Alternativen mit denen sie zuhause trainieren konnten. So wurden Hanteln angeschafft, eine Yogamatte oder gar ein Fahrradtrainer. Eine günstigere und auch unterhaltsame Alternative hätte auch für viele Personen der Griff zu einem Exergame seien können. Doch was genau ist ein solches Exergame ?
Einleitung
Exergames sind eine Untergattung der Serious Games. Hierbei handelt es sich um Spiele, die einen praktischen Nutzen mit den Spielelementen eines Videospiels verbinden, um so diesen praktischen Nutzen an den Spieler heranzutragen. Bei den Exergames ist dieser praktische Nutzen meist in einer physischen Bewegung begründet. So zählen zu den Exergames unter anderem sowohl Spiele, die den Spieler zum Sport animieren sollen, als auch Spiele, die einen physiotherapeutischen Nutzen haben. Dies sorgt dafür, dass diese Spiele eine ganze Bandbreite an Nutzen abdecken können (siehe Grafik unten), wobei der Aspekt Sport und Training mit Videospielen zu verbinden den vermutlich größten Anteil dieser Spiele auf dem freien Markt ausmacht.
Grafik 1: Anwendungsfälle der Biomechanik
So haben Spiele wie Dance Dance Revolution, EyeToy und Wii Fit eine sehr breite Masse an Spielern erreicht und so auch den Weg für weitere Innovationen geebnet. Vor allem Letzteres ist vielen Personen ein Begriff. Im Spiel vereint sind 48 Minispiele, die den Nutzer dazu animieren sollen, sich zu bewegen. Das Spiel nutzt hierbei Bewegungssensoren an der Wii-Fernbedienung und dem sogenannten Nunchuck und ein Balance Board, das eigens für dieses Spiel entwickelt und mit diesem ausgeliefert wurde. Dieses besteht aus 4 Sensorflächen, die Position und Verlagerung des Körpergewichts per Bluetooth an die Konsole senden. (Wikipedia, 2022) Das Balanceboard kann hierbei auch das Körpergewicht des Nutzers messen. So war es möglich Spiele wie Skifahren, Yogaübungen oder einfache Aerobicübungen auf der Wii zu realisieren.
Historie
Grafik 2: Geschichte der Exergames basierend auf dem englischen Wikipedia Artikel zu Exergames (nach Wikipedia, 2022)
Um den aktuellen Stand besser einordnen zu können, werden zunächst ein paar der historischen Meilensteine der Exergames betrachtet. Diese Art von Spielen kamen in den achtziger Jahren zum ersten Mal auf. Die Firma Autodesk entwickelte hierbei die Spiele HighCycle und Virtual Racquetball. Ersteres war ein Spiel, bei dem man mit einem Fahrradtrainer durch eine Virtuelle Landschaft navigieren konnte, während bei zweiterem ein Racquet-Schläger, mit Sensoren ausgerüstet, dafür genutzt wurde um einen Virtuellen Ball zu schlagen. Beide Spiele benutzen dabei ein Head-Mounted-Display, das zu dieser Zeit entstand und welches Vorgänger der heutigen VR-Technologie sind. (Wikipedia, 2022)
Es folgten weitere Spiele für die NES (Nintendo Entertainment System) und Atari, jedoch auf Grund der technischen Limitierungen der damaligen Zeit setzte sich keines dieser Spiele durch, bis 1998 Dance Dance Revolution von Konami erschien, welches sehr erfolgreich war. Pump it Up, was Dance Dance Revolution sehr ähnlich war, erschien ein Jahr später. Beide Spiele erfreuten sich großer Popularität und hatten jeweils viele Spin-Offs. Anfang der 2000er erschien dann EyeToy für die Playstation 2 von Sony und 2008 die Wii mit dem beliebten Spiel Wii-Fit, woraufhin Microsoft mit der Kinect für die Xbox und Sony mit der Playstation Move aufwartete. Diese Systeme kamen aber mit ihrem Erfolg nicht wirklich an das Exergame von Nintendo heran. (Wikipedia, 2022)
Heutzutage gibt es einige Trends, die in Richtung VR gehen und auch auf das Smartphone haben es die Exergames geschafft. Dies geschah mit Spielen wie Pokemon Go, welches auch ebenfalls noch einige Nachahmer hatte. Bei diesem handelt es sich um ein location-based augmented-reality Spiel, bei dem der Spieler durch Bewegen in der realen Welt Orte aufsuchen kann an denen man Pokemon fangen oder mit anderen Spielern interagieren kann. Das Spiel zählt hier auch die Schritte des Spielers und nutzt diese für einige der Ingame-Funktionen. (Wikipedia, 2022)
Exercube
Ein neuer und aktueller Meilenstein in der Forschung ist der Exercube. Das Gerät ist 3-4m² groß und wurde von Dave Baucamp, Helko Roth, Anna-Lisa Martin-Niedecken und Stephan Niedecken entwickelt. Es benötigt Projektoren, Tracker, Sensoren, Kameras und drei Videoleinwände, um die Bewegungen aufzeichnen zu können und den Spielfluss darzustellen. Dadurch wird ein handelsüblicher Controller nicht mehr benötigt, da alles mit dem eigenen Körper gesteuert werden kann. Optional kann man einen Herzschlagsensor verwenden. Die Arm-Tracker und der Belt sind allerdings essentiell, um genaue Bewegungsaufzeichnungen zu gewährleisten. Die Einsatzgebiete des Exercubes sind das Fitnessstudio, Rehabilitationszentren, die Anwendung bei Rentnern und zur Meditation. Ein solcher eignet sich am besten für funktionales Training, ist aber dennoch ein Allrounder und für durchschnittliche Privatpersonen entwickelt worden. Das Faszinierende am Exercube ist, dass dieser als eine Art Bindeglied fungiert. Wissenschaftlich fundierte und vor allem effektive Trainingskonzepte, werden mit der Ästhetik von Videospielen verbunden (Martin-Niedecken et al., 2019). Ebenso passt sich die Schwierigkeit automatisch und in Echtzeit dem Niveau der spielenden Person an.
Durch diese neue große Konsole ist man motivierter, ein Workout zu starten (Martin-Niedecken et al., 2019). Im Allgemeinen kann man aber sagen, dass das Training wesentlich effektiver ist als herkömmliches Training. Der sportliche Tagesbedarf (Intensitätsempfehlung) wird deutlich übertroffen. Somit hat der Excercube eine positive Auswirkung auf den peripheren und zentralen Blutdruck (Martin-Niedecken et al., 2019). Sogar bei einem Workout von nur 25 Minuten, ist ein positiver Effekt bezüglich der Hand-Augen-Koordination und der kognitiven Flexibilität zu erwarten (Martin-Niedecken et al., 2019). Diese beiden Faktoren sind für das Spielerlebnis und die Dynamik verantwortlich. Des Weiteren profitieren Nachwuchssportler sowohl durch die Verbesserung der Konzentrationsspanne als auch der kognitiver Flexibilität durch das Training (Martin-Niedecken et al., 2019).
Der Exercube ist ein sehr motivierendes Sportgerät. Es gibt im Laufe des Spiels ständig Information über den Erfolg bzw. Misserfolg des Spielers weiter und spornt diesen mit motivierenden Kommentaren und Anzeigen zu einer besseren Performance an. Dies sieht man zum Beispiel zum Beginn des Videos (siehe oben).
Darüber hinaus ist es auch ein sehr sicheres Trainingsgerät. Testpersonen mit Klaustrophobie berichteten, dass sie sich fühlten als hätten sie sich in einem großen Raum befunden (Martin-Niedecken et al., 2019). Ebenso wird eine weiche Landung auf die Leinwände versprochen (Martin-Niedecken, 2021). In der Forschung arbeitet man an einer kleineren Version des Excercubes für Privathaushalte mit Curved Monitoren und Hologramm-Technologie (Lutz, 2020).
Qualitätskriterien
Für die Bewertung von Serious Games kann man eine Vielzahl von Kriterien aufstellen. Diese lassen sich nach Caserman et al. (2020) in drei verschiedene Kategorien einteilen. Da Serious Games generell sowohl einen Game Design, als auch einen praktischen/fachlichen Nutzen beinhalten ist es dementsprechend sinnvoll auch die Kriterien in eine Fachliche und eine Gamedesign Richtung zu trennen. Des Weiteren gibt es aber auch Kriterien die genau auf dem Schnittpunkt dieser beiden Aspekte basieren. Im Folgenden sieht man eine Übersicht dieser Kriterien basierend auf dem Paper (Caserman et al., 2020).
Kriterien basierend auf dem Gamedesign Aspekt der Serious Games. | |
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Spielgefühl | * Das Spiel muss dem Spieler Spaß machen und ihn dazu anregen weiter spielen zu wollen * Motivation des Spielers |
Flow | * Ist das Spiel fordernd aber nicht überfordernd so erreichen Spieler den sogenannten Flow-Zustand. * Diesen gilt es zu erreichen und zu halten, um dem Spieler ein optimales Spielgefühl zu geben |
Spreche Emotionen des Spielers an | * Fordern von Instinkten * Emotionales Investment in Aspekte des Spiels (bsp. Story, Ehrgeiz) |
Gefühl der Kontrolle | * Der Spieler soll das Gefühl bekommen Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen zu können * Fehlendes Kontrollgefühl kann zu Frustration führen |
Erlauben von sozialer Interaktion | * Mehrspielermodi sowohl kooperativ als auch kompetitiv gegen andere Spieler kann ein Motivationssteigernder Faktor sein |
Immersion | * Der Spieler sollte sich nach Möglichkeit als Teil des Spiels/der Spielwelt sehen * Dies kann durch Feedback an verschiedene Sinne des Spielers gefördert werden |
Spielgrafik & -sound | * Eine gut gestaltete Spielgrafik kann zum Spielgefühl positiv beitragen und die Immersion stärken * Und auch der Sound trägt zu dieser erheblich bei |
Schaut man sich hingegen die fachliche Seite der Spiele an so bewertet man diese nach den folgenden Kriterien:
Kriterien basierend auf dem Fachlichen Aspekt der Spiele | |
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Das fachliche Ziel sollte der Fokus sein | * Das Lern/Trainingsziel des Spiels sollte im Mittelpunkt stehen * Spielelemente sollten dem Ziel nicht im Weg stehen |
Klare Ziele | * Es ist wichtig dem Spieler die Ziele des Spiels klar zu vermitteln und diese einzuhalten, sodass der Spieler auch die Art Training bekommt, für die er das Spiel erworben hat |
Spielziel kann nicht übersprungen werden | * Das zentrale Spielziel sollte nicht durch Schummeln oder alternative Spielweisen auszuhebeln sein, da sonst die Effektivität des Spiels darunter leidet. * Beispiel: Schrittzähler an Ventilator klemmen um Schrittmenge zu erhöhen |
Korrektheit des fachlichen Contents | * Der fachliche Content sollte korrekt und überprüft worden sein. * Eine Fitnessapp die auf falschen Fakten basiert kann unter Umständen ihren Zweck nicht erfüllen oder sogar schädigend sein |
Feedback an den Spieler | * Das Feedback an den Spieler sollte klar dargestellt werden und dem Spieler seinen Fortschritt sichtbar machen |
Belohnungen | * Positives Reinforcement ist eine zentrale Komponente von Gamification und Serious Games die zur Förderung des fachlichen Nutzen benutzt werden sollte |
Effektivität & Langzeitwirkung | * Nachweis des gewünschten fachlichen Nutzens des Spiels durch quantifizierbares Maß * Positive Effekte sollten sich auf einen längeren Zeitraum additiv aufbauen |
Auszeichnungen und Bewertungen | * Bewertungen und Auszeichnungen von Fachpresse und Nutzern können ebenfalls zur Beurteilung eines Serious Games herangezogen werden |
Schließlich gibt es noch Kriterien die auf das Zusammenspiel der beiden Aspekte achten:
Kriterien die beiden Aspekten unterzuordnen sind | |
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Einbetten des fachlichen Ziels in das Spiel | * Wie gut ist das fachliche Ziel in das Spiel integriert und wird dadurch das Spielerlebnis erheblich gestört? |
Wissenschaftliche Grundlage | * Zusammenarbeit von mehreren Expertenteams → Developer → Domain-Experts (fachlich Gebildete) |
Angemessene Steuerung/ Interaktions Technologie | * Ist die verwendete Technologie für das Spiel angemessen * Limitiert die verwendete Technologie die Möglichkeiten des Spiels oder des fachlichen Ziels |
Intuitive Mechaniken und Tastenbelegungen | * Ist das Spiel intuitiv und einfach einzusteigen * Gute Lernkurve * Verwenden von bereits etablierten Steuerungskonzepten (WASD Steuerung) |
Vermeiden von negativen Effekten/Nebenwirkungen | * Hat das Spiel auch schädliche Nebenwirkungen? * Wie werden diese vermieden? * Wie hoch ist das Verletzungsrisiko? * Sind technische Schwierigkeiten zu erwarten oder hätte man diese verhindern können? |
Wie man sieht gibt es eine ganze Reihe an Kriterien anhand derer man ein Serious Game bewerten kann.
Aktueller Forschungsstand
Exergames haben als Untergruppe der „Serious Games“ das Potential in vielen verschiedenen Bereichen nutzbringend eingesetzt zu werden. Dabei reicht die Spanne der Anwendungsfelder von Therapie und Rehabereich, über Anwendungen im Gesundheits- und Leistungssport, bis hin zur allgemeinen Erhöhung der körperlichen Aktivität.
“Ihr Potential ist allerdings erst in Umrissen erkennbar und die Entfaltungsmöglichkeiten sind kaum ausgeschöpft” (Tolks, 2020).
Beispielsweise in der Prävention und Gesundheitsförderung können durch die Spiele ein direkter Bezug zu der Lebenswelt von schwer erreichbaren und desinteressierten Zielgruppen hergestellt werden (Tolks, 2020).
Weltweit nimmt die körperliche Inaktivität zu (WHO, 2010). Viele Kinder und Jugendliche sitzen in ihrem Alltag zu viel und kommen nicht auf die empfohlene tägliche Dosis an körperlicher Betätigung (60 min pro Tag) und sind daher anfälliger für Fettleibigkeit. Exergames haben das Potential die körperliche Aktivität zu steigern. Gerade bei jungen Menschen gewinnen die Spiele schnell an Akzeptanz. Das Problem ist, dass es außer dem organisierten Sport nicht viele unterhaltsame Alternativen gibt. Exergames könnten eine Alternative (oder Ergänzung) zu herkömmlichen Sport sein (Boulos & Yang, 2013). Außerdem haben diese Spiele eine Auswirkung auf Kognitive und Akademische Fähigkeiten, was jedoch erst durch wenige Studien gestützt werden konnte. Dazu zählen räumliches Denken, Aufmerksamkeit und das Verständnis für kausale Zusammenhänge. (Staiano & Calvert, 2011)
Auch für ältere Menschen haben Exergames das Potential die körperliche Aktivität zu steigern und die Gesundheit zu verbessern wie Agmon et al. (2011) und Larsen et al.(2013) zeigen konnten. Beispielsweise wurde untersucht wie der Einsatz der Nintendo Wii Fit-Exergames zur Verbesserung des Gleichgewichts bei älteren Erwachsenen beitragen kann.
Die Potentiale der vorgestellten Studien wurden jedoch nur über das subjektive Empfinden der Probanden mittels Fragebögen erfasst. Bis heute wurden Exergames in zahlreichen Forschungsprojekten untersucht. Die meisten Studien konzentrieren sich jedoch auf das Motivationspotential oder die Steigerung der körperlichen Aktivität durch Exergames. Eine Kontrolle der Intensität von körperlicher Aktivität, insbesondere beim aeroben Ausdauertraining, wird nur gelegentlich und unbefriedigend in Konsolen- oder Smartphone-Spielen angeboten (Althoff, White, & Horvitz, 2016, Whitehead, Johnston, Nixon, & Welch, 2010).
Jedoch benötigt ein Exergame, damit es als effizientes und effektives Trainingsmittel genutzt werden kann, eine zuverlässige Belastungs- und Beanspruchungskontrolle. Hoffmann (2020) versuchte in ihrer Dissertation „Personalized Adaptive Endurance Training with Exergames“ die Belastungssteuerung in Exergames für das aerobe Ausdauertraining zu verbessern. Trainiert wurde hierbei auf einem Fahrradergometer. Ein regelmäßiges und kontrolliertes Training der allgemeinen aeroben Ausdauer ruft eine Vielzahl an gesundheitsförderlichen Effekten hervor und ist daher besonders im Gesundheitssport relevant. Gerade die Vorhersage der individuellen Reaktion ist hier für eine schnelle und zuverlässige Trainingskontrolle unerlässlich. Daher wurde versucht die individuelle Reaktion der Herzfrequenz durch Belastungswechsel während des Trainings zu analysieren, zu steuern und wesentliche Einflussparameter herauszuarbeiten. Fünf verschieden Ansätze wurden entwickelt, um die Herzfrequenz der Probanden/innen vorhersagen und steuern zu können. Es stellte sich heraus dass die direkte Reaktion der Herzfrequenz auf Belastungswechsel sehr individuell ist und auch bei gleichen Personen zu unterschiedlichen Messzeitpunkten variieren kann (Hoffmann, 2020).
Kritik
Betrachtet man die aktuelle Forschung im Bereich Exergames wird schnell deutlich, dass sich zwar viele Paper zu diesem Themengebiet finden lassen, jedoch sind die gefundenen Studien oftmals sehr exemplarisch und zielgruppenspezifisch. Beispielsweise wurden Untersuchungen an adipösen Jugendlichen oder älteren Menschen durchgeführt. Meist wurden diese exemplarischen Studien nur mit einer extrem geringen Zahl an Probanden/innen durchgeführt, eine Samplesize von 4-16 ist hier gängig und kann unserer Meinung nach nur eine Tendenz sein und keine aussagekräftige Studie. Daher wird oftmals auch nur von den Potentialen der Exergames als Ergebnis gesprochen. Die Aussagen sind meist sehr allgemein gehalten und beinhalten wenig Tiefe und Substanz. Generell fehlt es an besser konzipierten Studien, die auch eine langfristige Wirksamkeit betrachten. Es fehlen unserer Meinung nach jedoch bisher die konkreten Ansätze, wie man die Potentiale aussagekräftiger untersuchen und die (positiven) Effekte der Exergames nachweisen könnte. In vielen Studien wurde das subjektive Empfinden der Probanden/innen über Fragebögen aufgenommen, allerdings wurden keine physiologischen Parameter erfasst wie z.B. die Herzfrequenz (HF). Um die Effektivität von Sport nachweisen und ein Training effektiv steuern zu können, benötigt man jedoch verschiedene physiologische Belastungs- und Beanspruchungsparameter. In einigen Studien wurde dies bereits in Ansätzen erfolgreich versucht. Für die Zukunft wäre es wichtig, gerade auf diesen ersten Ansätzen weiter aufzubauen und Studien mit einer größeren Anzahl an Probanden/innen durchzuführen und dabei auch die langfristige Wirksamkeit zu betrachten. Auch könnte noch mehr darauf eingegangen werden, inwieweit die Kriterien für Serious Games in der Entwicklung der Spiele berücksichtigt wurden.
Ausblick
Exergames besitzen sehr großes Potential, welches in vielen Studien bereits erkannt und teilweise auch durch Studien mit einer geringen Anzahl an Probanden bestätigt werden konnte. Gerade die Wii Fit und der Exercube sind Meilensteine in der Entwicklung von Exergames. Es wird davon ausgegangen, dass die Entfaltungsmöglichkeiten bisher nicht ansatzweise ausgeschöpft wurden bzw. auch nicht konnten (Tolks, 2020). Exergames befinden sich zurzeit in einer „Sackgasse“. Einerseits wird in den Spielen viel Potential für die Zukunft gesehen, gerade im Gesundheitsbereich, denn jede Bewegung ist besser als keine Bewegung (WHO) und Exergames ermöglichen es Menschen grundsätzlich in Bewegung zu kommen und Freude an dieser zu entwickeln. Andererseits jedoch handelt es sich oftmals um sehr spezifische Anwendungen, die auf ihre jeweilige Zielgruppe zugeschnitten entwickelt werden. „Die Spiele müssten durch den hohen Entwicklungsaufwand und den erwarteten finanziellen Gewinn daher sehr teuer sein (oder die Spiele sind nicht gut)“ (K. Hoffmann, persönliche Kommunikation, 06.Juni 2022). „Ich sehe noch immer eine positive Zukunft für Exergames.“ Durch Corona wurde die Digitalisierung enorm vorangetrieben. Zum Beispiel sind hier die VR-Brillen zu nennen. Vor der Pandemie wurden diese hauptsächlich in der Forschung verwendet, mittlerweile werden sie durch sinkende Preise auch oftmals im privaten Bereich genutzt (K. Hoffmann, persönliche Kommunikation, 06.Juni 2022). „Auch das Thema Gesundheit ist ein Dauerbrenner. Wenn diese beiden Aspekte öffentlichkeitswirksam miteinander verknüpft werden, steht einem Durchbruch in meinen Augen nichts mehr im Weg“ (K. Hoffmann, persönliche Kommunikation, 06.Juni 2022). Allerdings müsste hierzu die Voraussetzung geschaffen werden, dass Exergames auch durch die Krankenkassen gefördert und bezuschusst werden. Zum aktuellen Zeitpunkt sind die Vorgaben allerdings kaum erfüllbar und wären mit hohen Kosten verbunden (K. Hoffmann, persönliche Kommunikation, 06.Juni 2022). Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären. Es wird eine große Summe an Geld benötigt, um das vorhandene Potential ausschöpfen und tiefergehend forschen zu können. Allerdings bleibt unklar, woher dieses Geld überhaupt kommen soll.
Schlusswort
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Exergames voraussichtlich großes Potential bergen und auch schon relativ gut umrissen ist, was ein gutes Exergame ausmacht. Dies zeigt sich auch an einigen Durchbrüchen wie Dance Dance Revolution, der Wii und dem Exercube. Gerade letzterer kann mit seiner Kombination aus intuitivem Spieldesign, Spielspaß und Nutzen überzeugen und zeigt unserer Meinung nach sehr gut, wieviel Potential in den Exergames steckt. Jedoch wird die Forschung und Industrie in diesem Bereich durch fehlende Mittel und dementsprechend zu kleinen Studien zurückgehalten und viele Aussagen können nicht mit genug Fakten untermauert werden, was wiederum das Erwerben von Geldern erschwert.
Insgesamt bleibt es abzuwarten, wie sich die Branche weiter entwickelt und ob ein weiterer großer Durchbruch den Exergames zu mehr finanziellem Interesse verhelfen kann.
Literaturverzeichnis
Agmon, M., Perry, C. K., Phelan, E., Demiris, G., & Nguyen, H. Q. (2011). A pilot study of Wii Fit exergames to improve balance in older adults. Journal of geriatric physical therapy, 34(4), 161-167.
Anna L. Martin-Niedecken, Katja Rogers, Laia T. Vidal, Elisa D. Mekler, Elena M. Segura. (2019). ExerCube vs. Personal Trainer: Evaluating a Holistic, Immersive, and Adaptive Fitness Game Setup.
Anna L. Martin-Niedecken. (2021). Towards Balancing Fun and Exertion in Exergames.
Boulos, M. N. K., & Yang, S. P. (2013). Exergames for health and fitness: the roles of GPS and geosocial apps. International journal of health geographics, 12(1), 1-7.
Caserman P, Hoffmann K, Müller P, Schaub M, Straßburg K, Wiemeyer J, Bruder R, Göbel S (2020). Quality Criteria for Serious Games: Serious Part, Game Part, and Balance URL: https://games.jmir.org/2020/3/e19037 DOI: 10.2196/19037 | JMIR Serious Games 2020;8(3):e19037
Exercube Lounge. Abgerufen am 13.06.2022 unter https://exercube-lounge.ch/wp-content/uploads/2021/03/REHA.pdf,
Hoffmann, K. (2020). Personalized Adaptive Endurance Training with Exergames.
Larsen, L. H., Schou, L., Lund, H. H., & Langberg, H. (2013). The physical effect of exergames in healthy elderly—a systematic review. GAMES FOR HEALTH: Research, Development, and Clinical Applications, 2(4), 205-212.
Oliver Lutz. (2020). Exercube: eSports für Fitness-Cracks. Abgerufen am 16.06.2022 unter https://www.esports.ch/exercube-esports-fuer-fitness-cracks/.
Staiano, A. E., & Calvert, S. L. (2011). Exergames for physical education courses: Physical, social, and cognitive benefits. Child development perspectives, 5(2), 93-98.
Tolks, D., Lampert, C., Dadaczynski, K., Maslon, E., Paulus, P., & Sailer, M. (2020). Spielerische Ansätze in Prävention und Gesundheitsförderung: Serious Games und Gamification. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 63(6), 698-707.
WHO (2010). Global recommendations on physical activity for health.
Wikipedia Artikel zu Exergames, stand 29.06.2022 URL: https://en.wikipedia.org/wiki/Fitness_game
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