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biomechanik:projekte:ss2012:hochsprung

WP1202 Hochsprung

Modul-Infos

 Hochsprung WP1202 - Hochsprung
Namen Laura Hoffart, Laura Grünsfelder, Alexander Klooz, Samira Schulz
Veranstaltung PS Grundlagen der Biomechanik
Semester SoSe 2012
Voraussetzung Grundlagen der Veranstaltung PS Biomechanik
Bearbeitungsdauer 60 min.
Zitationsrichtlinien nicht vollständig

Einleitung

In der Teildisziplin der Leichtathletik, dem Hochsprung, geht es darum eine maximale Sprunghöhe regelgerecht zu überspringen. Der Blick in die Geschichte des Hochsprungs zeigt, dass sich die materiellen Voraussetzungen (z.B. Belag der Anlaufbahn, Landematte) laufend veränderten. Auch die Technik zur Überquerung der Latte hat sich stetig weiterentwickelt. Durch das vermehrte biomechanische Wissen hat sich die Technik des Flops gegen die des Hock-, Scher-, Roll- und Wälzsprung (Straddle) durchgesetzt. Doch unterscheidet man immer noch zwischen dem Powerflop und dem Speedflop.


Abb.1:Unterschiede der Technik bei der Lattenüberhöhung

Ein wesentlicher Bestandteil der Floptechnik ist die Umwandlung der horizontalen in die vertikale Anlaufgeschwindigkeit. Der Anlauf und der Absprung bilden somit zwei wichtige Komponenten beim Erreichen der maximalen Sprunghöhe. Ist es mit den heutigen Mess- und Auswertungssystemen einfacher quantitative Analysen aufzustellen, ist es speziell für den Hochsprung wesentlich schwieriger als bei anderen leichtathletischen Disziplinen. Erforderlich wären eine sehr aufwendige Messtechnik oder eine starke Reduktion der Komplexität, wie sie in dem weiter unten aufgeführten Teilhöhenmodell erreicht wird.


Technikvorführung des Flops



Hochsprung

Biomechanische Bewegungsbeschreibung und Analyse der Phasenstruktur

Wie bereits genannt unterscheidet man beim Flop zwei Arten. Den Speedflop, bei dem eine hohe Anlaufgeschwindigkeit erzielt und mit gebeugtem Schwungbein und Wechselarmschwung abgesprungen wird und den Powerflop, dessen Merkmal ein kräftiger Absprung mit gestrecktem Schwungbein und Doppelarmschwung ist. Bisher hat sich keine der beiden Techniken durchgesetzt und in der Weltspitze wird meistens eine Mischform verwendet.

Abb.2: Phasenstruktur des Hochsprungs

Vorbereitungsphase

Laura H.

Biomechanische Bewegungsbeschreibung und Analyse des Anlaufs / der Absprungvorbereitung

Die allgemeine Funktion des Anlaufs und der Absprungvorbereitung beim Hochsprung ist die Entwicklung von Horizontalgeschwindigkeit (Anlauf) und das Absenken des Körperschwerpunktes, die Erhöhung der reaktiven Muskelkraft und die Verlängerung der Kraft- und Beschleunigungseinwirkung (Absprungvorbereitung).

Der zu Beginn gradlinige Anlauf dient der Geschwindigkeitsentwicklung (sog. Beschleunigungsabschnitt). Bei submaximalem Krafteinsatz wird der Anlauf auf dem Fußballen gleichmäßig gesteigert und geht über in einen Bogenlauf (Radius des bogenförmigen Anlaufs: 8-12 m). Der Anlauf besteht aus ca. 9-12 Schritten, wobei die optimale Anlaufgeschwindigkeit ca. 6-8 m/s beträgt. In der ersten Phase des Anlaufs beträgt der Anlaufwinkel, d.h. der Winkel zwischen Sportler und Hochsprunglatte, ca. 90° und gegen Ende ca. 45°. Der Übergang vom gradlinigen zum bogenförmigen Anlauf dient dazu, den Körper gleichmäßig von der aufrechten Position in die Kurveninnenlage (Innenlagewinkel: 26,25° +- 4,14°) zu überführen. Bei dem Bogenlauf wirken auf den Körperschwerpunkt (KSP) verschiedene Kräfte:

Erdanziehungskraft

Stützkraft

  • verhindert als Gegenkraft zur Erdanziehung ein Absinken des KSP
  • bewirkt somit eine geradlinige Fortbewegung
  • lenkt Anlaufgeschwindigkeit in Absprunggeschwindigkeit um
  • bewirkt beim Absprung durch Änderung der Geschwindigkeit eine Umlenkung der KSP-Bahn (horizontal - vertikal)

Zentripetalkraft

  • wirkt senkrecht zur Bewegungsrichtung
  • wird nur durch eine Kraftübertragung zwischen Athlet und Anlaufbahn in den Stützphasen des Bogenlaufs erzeugt

Kraftvektor

  • resultierende Kraft aus Stütz- und Zentripetalkraft
  • der Angriffspunkt sitzt im Fuß des Stützbeins
  • muss auf den KSP gerichtet sein, da ansonsten der Athlet zur Seite kippt

Abb.3: KSP-Absenkung und Kraftwirkung beim Bogenlauf

Die charakteristische Körperinnenneigung während des Bogenlaufs entsteht, da der KSP näher zum Bogenmittelpunkt liegt als der Kraftangriffspunkt im Fuß des Stützbeins. Somit wird durch eine Beugung im Kniegelenk des Stützbeins der KSP zum Kurveninneren abgesenkt.

Abb.4: Absenken des KSP zur Verlängerung des vertikalen Beschleunigungsweges

Die KSP-Absenkung minimiert die vertikale Auftreffgeschwindigkeit beim Absprung und ermöglicht einen längeren Beschleunigungsweg. Die Körperinnenlage dient zum einen der Absprungvorbereitung und zum anderen der verbesserten Rotation um die Horizontalachse.
In der Absprungvorbereitung muss der Athlet sich aus der Sprintvorlage aufrichten, die Schwungelemente nach hinten bewegen und den Absprung durch einen längeren, vorletzten Schritt einleiten. Die Rückführung bzw. Fixierung der Arme hinter dem Körper dient zur Unterstützung der Aufricht- und Streckbewegung im Absprung. Die Körpervorlage wird durch eine Rücklage (Rücklagewinkel: 32,58° +- 3,45°) beim aktiven Aufsetzen des Sprungbeins (Kontaktzeit des letzten Schritts: 0,16 +- 0,01sec) ersetzt und der KSP wird weiter abgesenkt (Sprungbeinaufsatz vor dem KSP). Das Schwungbein wird durch einen längeren Bodenkontakt im vorletzten Schritt hinten gehalten und im Absprung diagonal zur Längsachse nach oben gerissen. Die horizontale Anlaufgeschwindigkeit wird durch explosive Streckung des Sprungbeins, aktive Unterstützung durch das gebeugte Schwungbein und den Schwungarmeinsatz in eine vertikale Absprunggeschwindigkeit (Sprungkraft) umgesetzt. Die Körperinnenlage sowie die Rücklage dienen der Aufrechterhaltung der optimalen Anlaufgeschwindigkeit und der Sicherung des optimalen Beschleunigungsweges.

Abb.5: Vergrößerung der Zentrifugalkraft für die Drehung um die Körperbreitenachse und zur Einleitung des Kippens zur Latte

Durch diese komplexen Bewegungsabläufe verliert der Athlet in der Absprungvorbereitung ca. 1-2m/s. Da nur während der Stützphasen die Zentripetalkraft wirkt, verläuft die KSP-Bahn ausschließlich während dieser Phasen gekrümmt. In den stützfreien Phasen, in denen nur die Erdanziehungskraft wirkt, bewegt sich der KSP geradlinig in Richtung der horizontalen Abfluggeschwindigkeit des letzten Stützes. Die Abbildung stellt die charakteristische KSP-Bahn und die zugehörige Fußpunktkurve des bogenförmigen Anlaufs dar:

Abb.6: Merkmale des Bogenlaufs

Hauptphase 1

Alexander

Biomechanische Bewegungsbeschreibung und Analyse des Absprungs

Mit dem Absprung verfolgen wir das Ziel die Oberkörper-Sprungbein-Achse möglichst energisch aufzurichten, ein Strecken des Schwungbeins und das Vor-Hoch-Schwingen von Armen und Schwungbein. Des Weiteren ist noch die Horizontal- bzw. Vertikalgeschwindigkeit und der Absprungwinkel ein wichtiger Faktor.

Horizontalgeschwindigkeit: 4,31+-0,49 m/s beim Verlassen des Bodens, 7,78+-0,34 m/s vor dem Aufsetzen des letzten Schrittes.

Vertikalgeschwindigkeit: 4,30+-0,16 m/s beim Verlassen des Bodens

Absprungwinkel: Dieser Beträgt in der Regel 45,1° +- 3,5°

Ein weiteres Ziel des Absprunges liegt darin, unter Ausnutzung des optimalen Anlaufes, Voraussetzungen zu schaffen, um die vorgegeben Lattenhöhe zu überqueren. Diese verstehen sich unter den Begriffen:

  • Abflugposition
  • Abflugimpuls
  • Abflugdrehimpuls

Nachdem der Athlet abgesprungen ist, ist der Körper rein physikalisch gesehen ein abgeschlossenes System, auf welches nur die Erdanziehungskraft wirkt. Die parabelförmige KSP-Bahn ist während des Fluges durch die Abflugposition H1 und den Abflugimpuls (P0) zu Beginn des Fluges charakterisiert. Damit wir die vollständige Beschreibung des Springers über die Flugbewegung vollführen können, müssen wir uns desweiteren die Relativbewegungen der Körpersegmente bezüglich des KSPs anschauen. Die möglichen Relativbewegungen während der Flugphase werden durch den beim Abflug verfügbaren Drehimpuls eingeschränkt, können jedoch durch innere Kräfte (Muskeln) willkürlich gesteuert werden.

Im Folgenden werden wir uns mit den oben schon aufgeführten Einflussgrößen des Flugabschnitts befassen.

KSP-Abflugposition (H1)

Die KSP-Abflugposition (H1) ist durch eine relative Lage der Körpersegmente zueinander zu Beginn der Flugbewegung und der frontalen und seitlichen Absprungentfernungen festgelegt.

Abflugimpuls (P0)

Der Abflugimpuls (P0) setzt sich zusammen aus dem Impuls zu Beginn des Absprungstützes (Pan) (=Anlaufimpuls) und während der Absprungdauer auftretenden Impulsänderung (∆Pab)(=Absprungkraftstoß):

Der Absprungkraftstoß wird bestimmt als das zeitliche Integral der während der Absprungdauer wirkenden Kraft:

Ist der Abflugimpuls (P0) gegeben lässt sich mit der folgenden Formel die Abfluggeschwindigkeit berechnen:

Zusammen mit der KSP- Abflugposition (H1) sind die Parameter der Flugparabel eindeutig bestimmt:

  • die vertikale Abfluggeschwindigkeit (Voz) des KSP
  • die horizontale Abfluggeschwindigkeit Voh) des KSP, wobei

  • Der Winkel ψ unten 0 zwischen der Ebene der Flugparabel und der Sprungständerebene

  • der Abflugwinkel α des KSP in der Ebene der Flugparabel

Abflugdrehimpuls

Der Drehimpuls ist ein axialer Vektor das bedeutet, dass sein Betrag die Größe des Drehimpulses und seine Richtung den Drehsinn festlegt. Desweiteren bezeichnen wir den Drehimpuls des Springers als Drehimpuls bezüglich seines KSP, das bedeutet seinen Eigendrehimpuls. Die Aufteilung des Drehimpulses nehmen wir bezüglich raumfester x-, y-, z- Koordinatenachsen in den Komponenten (Lx) (Ly) (Lz) vor (Abb. 4.6).

Abb.7: Abflugdrehimpuls und die drei Körperhauptachsen

Der Abflugdrehimpuls (L0) setzt sich aus dem Drehimpuls zu Beginn des Absprungstützes (Lan) (= Anlaufdrehimpuls) und während der Absprungdauer infolge des Absprung-Drehmomentstoßes erzeugten Drehimpulsänderung (∆Lab) zusammen:

Der Absprungdrehmomentstoß ist das zeitliche Integral der während der Absprungdauer wirkenden Drehmomente:

Die Drehmomente wirken auf den KSP und werden durch exzentrisch am KSP angreifende Kräfte erzeugt. Dadurch dass nur während der Absprungdauer eine Kraftübertragung erfolgt, können auch nur während dieser Zeit Drehimpulsänderungen auftreten.

Hauptphase 2

Laura G.

Biomechanische Bewegungsbeschreibung und Analyse des Flugs

Die allgemeine Funktion des Flugs beim Hochsprung ist, eine Überstreckung der Körperhaltung und Landungsvorbereitung durchzuführen. Grundsätzlich kann der Flug in drei Phasen unterteilt werden:

  • Anfliegen der Latte/Steigephase
  • Lattenüberquerung
  • Lösen von der Latte

Anschließend an den Anlauf und den Absprung beginnt die sogenannte Steigephase. Die im Absprung eingeleitete Drehbewegung bringt den Springer mit seinem Rücken zur Latte. In der Steigephase ist es wichtig, dass es dem Springer gelingt, die Absprunghaltung noch kurzzeitig beizubehalten, also ein gestrecktes Sprungbein und Oberkörper, sowie die fixierten Schwungelemente (Schwungbein und obere Extremitäten). Um den Hüftwinkel zu vergrößern, d.h. die Überstreckung der Hüfte über der Latte im nächsten Schritt zu erreichen, muss das Schwungbein anschließend fallen gelassen werden, dabei wird die Beugung im Hüft- und auch im Kniegelenk geöffnet. Zusätzlich wird das Knie des Absprungbeins etwas gebeugt, um es parallel zum Schwungbein zu setzen. Nachdem der Schwungarm seine Aufgabe als Schwungelement bei Beendigung des Absprungs erledigt hat, wird dieser, je nach Technik, fixiert oder auch in Richtung oberhalb der Latte weitergeführt. Diese Schritte der Steigephase dienen der Vorbereitung der Brückenposition über der Latte und der Drehung um die Längsachse.

Nach der Steigephase folgt die Lattenüberquerung, diese wird durch das Erreichen der Latte durch die Schulter eingeleitet. Hierbei nimmt der Springer zunächst eine gestreckte, nahezu entspannte Körperposition ein. Um die optimale Brückenposition des Flops zu erhalten, wird der Kopf nach hinten in den Nacken überstreckt und es wird über die lattennahe Schulter, so lange wie möglich, Blickkontakt zur Latte gehalten. Zusätzlich wird das Becken nach oben gedrückt und die Unterschenkel und Arme an die Beckenachse angenähert, um eine optimale Bogenspannung zu erreichen. Diese Position dient dazu, dass das Risiko, die Latte zu berühren, minimiert wird. Bei der folgenden - aus biomechanischer Sicht gesehenen - Vorwärtsrotation über der Latte, die eine der drei im Hochsprung vorkommenden Rotationen darstellt, hat der Springer durch das Eng- beziehungsweise Weitstellen der Arme die Möglichkeit, die Geschwindigkeit der Rotation zu beeinflussen.

Nachdem die Hüfte die Latte überquert hat, beginnt die Phase des Lösens von der Latte, diese wird durch eine aktive Streckbewegung in den Kniegelenken eingeleitet. Dabei werden durch Kontraktionen der Bauchmuskulatur und das Absenken, sowie das Einknicken der Hüfte die Beine von der Latte gelöst. Des Weiteren werden Ober- und Unterschenkel angehoben und das Auskicken des Oberschenkels beendet den Lösevorgang. Um die für die Landung wichtige L-Position zu erhalten und die Brückenposition aufzulösen, wird das Kinn in Richtung der Brust gezogen. Die Landung folgt anschließend auf der Schulter, wobei die Beine gestreckt beziehungsweise leicht geöffnet sind und das Becken fixiert sein sollte.



Biomechanische Analyse der Flugkurve/Flugparabel

Der Abflugimpuls P0=m∙v0 und die Abflugposition H1 bilden die markanten Größen der Flugparabel. Die Bewegung des KSP auf der Flugparabel stellt eine ebene Bewegung dar, daher kann die Parabel in einem einfachen Koordinatensystem dargestellt werden: Der KSP wird abhängig von der Zeit in vertikaler Richtung (entlang der z-Achse) verlagert, dieser Verlauf des KSP kann mithilfe der untenstehenden Gleichung beschrieben werden:

Die Verlagerung in horizontaler Richtung (entlang der h-Achse) kann mit folgender Gleichung beschrieben werden:

Werden beide Gleichungen kombiniert, entsteht eine neue Gleichung, mithilfe derer die Höhe des KSP in Abhängigkeit von der horizontalen Lage des KSP ( h=vox∙t ) berechnet werden kann:

Leitet man diese Gleichung, welche den Verlauf der Flugparabel beschreibt, ab und berechnet ihr Maxima, so erhält man den Scheitelpunkt der Parabel.

Durch Einsetzen der h-Koordinate wird die z-Koordinate erhalten:


Daraus resultiert der Scheitelpunkt der Parabel bei:

Die Flughöhe des KSP (H2) kann nun folgendermaßen berechnet werden:



Anhand der Gleichung für die Flughöhe H2 ist zu erkennen, dass lediglich die Erdbeschleunigung g und die vertikale Abfluggeschwindigkeit v0z einen Einfluss auf die Flughöhe haben.


Abb.8: KSP Flugparabel beim Hochsprung



Teilhöhenmodell

Laura H.

Im Hochsprung verlaufen erzeugende und resultierende Bewegungen in unterschiedlicher Weise. Der Anlauf (Vorbereitungsphase) verläuft horizontal und bogenförmig, der Sprung (Hauptphase) dagegen in der Vertikalen. So ist eine direkte Ableitung der Zielleistung aus den leistungsbestimmenden Merkmalen der Vorbereitungsphase erschwert. Eine Möglichkeit dieses Problem zu verringern stellt die Reduktion auf die vertikale Dimension dar, wie es in dem biomechanischen Teilhöhenmodell vorgenommen wird. Dieses basiert auf der Bestimmung des Körperschwerpunktes (KSP).

Da im Hochsprung die leistungsrelevante Komponente die vertikale ist, versuchen die Biomechaniker, die Vertikalbewegung zu gliedern. Sie befassen sich daher mit den Kernbewegungen des Hochsprungs, also mit Absprung und Lattenpassage, und zerlegen dabei die Hochsprungleistung in Teilhöhen. Bisher gängig war das Modell von Hay (1973), das drei Teilhöhen unterscheidet:

h1 – Höhe des Körperschwerpunktes am Absprungende

h2 – Steigehöhe (KSP-Flughöhe aufgrund vertikaler Abfluggeschwindigkeit)

h3 – Lattenüberhöhung (Differenz von KSP-Flughöhe (Scheitelpunkt) und Lattenhöhe)

Abb.9: Teilhöhenmodell

Die Sprunghöhe H lässt sich ermitteln durch:

H = h1 + h2 - h3

Die Abflughöhe des KSP (h1) ergibt sich aus der Körperhaltung bei Absprungende. Die KSP-Flughöhe bzw. die vertikale Abfluggeschwindigkeit (h2) hat den größten Einfluss auf das Sprungergebnis. Diese hängt ab von der vom Sportler freigesetzten kinetischen Energie. Sie wird gemessen anhand des Verlaufs der Bodenreaktionskraft (Stützkraft) und anhand der KSP-Koordination und der zugehörigen Zeiten der Flugphase. Die Lattenüberhöhung (h3) ergibt sich aus der Differenz der KSP-Flugbahn und der Lattenhöhe.

Dieses Modell ist nur dann sinnvoll, wenn Abflughöhe und -geschwindigkeit genau bestimmt werden können.

Biomechanische Prinzipien

Samira

Für einen Sportler ist es interessant zu wissen, wie er unter gegebenen Bedingungen eine sportliche Bewegung optimieren und somit einen maximalen Impuls erzielen kann. Die Biomechanik versucht durch Erforschung der sportlichen Bewegungsabläufe Gesetzmäßigkeiten zu finden, die nicht nur für eine Bewegung gelten. Hier setzen die biomechanischen Prinzipien an. Die sechs Prinzipien wurden seit den späten 60er-Jahren bis zum Anfang der 80er-Jahre von Hochmuth entwickelt. Auch wenn diese Prinzipien sich in der absoluten Allgemeinheit nicht als haltbar erwiesen haben und die Randbedingungen nicht außer Acht gelassen werden sollten, bieten sie gute Orientierungspunkte. Nach Hochmuth spielen im Hochsprung drei Prinzipien eine entscheidende Rolle. Alle müssen berücksichtigt werden und im Zusammenhand stehen.


Prinzip des optimalen Beschleunigungsweges

Dieses Prinzip spielt bei sportlichen Bewegungen, die eine hohe Endgeschwindigkeit und damit einen möglichst großen Impuls erfordern, einen wichtigen Aspekt. Der Beschleunigungsweg muss so gewählt werden, dass die erzielte Geschwindigkeit und damit der Impuls des beschleunigten Körpers am Ende maximale Werte annimmt. Die Gedanken die diesem Prinzip zugrunde liegen, stellt die Beziehung von Kraftstoß und Impuls dar: F∙t = m∙v Die günstigste Beschleunigungsspur ist geradlinig. Die Kräfte, die nicht exakt in Richtung des Beschleunigungsweges wirken, verlieren einen Teil ihrer Wirkung. Falls der Verlauf nicht geradlinig ist, wäre eine stetig gekrümmte Kurve die bestmöglichste Variante. Die Länge und die Richtung des Beschleunigungsverlaufes muss optimal gestaltet werden. Dabei bezeichnet optimal nicht unbedingt maximale Länge des Weges.

Speziell auf den Hochsprung ausgerichtet, bedeutet das, dass vor dem Absprung der KSP abgesenkt werden muss, um nachfolgend ausreichend lange die Kraft der Beinstreckschlinge auf den Körper wirken lassen zu können. Jedoch ist eine überstarke Absenkung nicht ratsam, da sie zu ungünstigen Hebelverhältnissen im Kniegelenkt bei der Überwindung der Schwerkraft führt. Außerdem ist die menschliche Muskulatur nur bis zu einem gewissen Dehnungsbereich optimal leistungsfähig. Die Länge des Beschleunigungsweges richtet sich somit überwiegend nach den Abmessungen des Springers.


Abb.10: Schwerkraftmomente bzgl. Hüft- und Kniegelenk in verschiedenen Beinbeugestellungen


Die Frage die sich nun stellt ist, wann der optimale Beschleunigungsweg erreicht ist?


Abb.11: Kraftstöße je nach Einwirkungszeit

Bei kurzer Krafteinwirkung (Fmax1) werden sehr hohe Kraftspitzen erreicht. Geringer sind die Kraftspitzen bei längerer Einwirkung der Kraft (Fmax2) und optimalem Beschleunigungsweg. Der Kraftstoß ist größer und somit ein höherer Impuls möglich. Sowohl der Kraftstoß als auch die Kraftspitzen sind bei übertrieben langer Krafteinwirkzeit (Fmax3) gering. Aufgrund der Anatomie des Menschen, kann er nur eine bestimmte Strecke zur Beschleunigung nutzen. Der Sportler muss den vorhandenen Beschleunigungsweg somit bestmöglich ausnutzen.


Prinzip der Anfangskraft

Damit der Körper des Sportlers beim Absprung eine möglichst hohe Endgeschwindigkeit und somit ein möglichst großer Impuls erreicht wird, wird eine entgegengesetzt gerichtete Bewegung eingeleitet. Beim Hochsprung kommt es durch das Abbremsen der Gegenbewegung, der sogenannten Ausholbewegung, zu einem Abstemmen zum Sprung. Durch diese Anfangskraft wird der Kraftstoß, also der Impuls, vergrößert. Im Anschluss daran erfolgt der Bremskraftstoß. Dieser führt zu einer Vorspannung der aktiven Muskulatur über die Dehnung seiner kontraktilen Elemente, der Aktin- und der Myosinfilamente, wo sozusagen die Kraft gespeichert wird. Beim Abdruck vom Untergrund muss das Verhältnis Bremskraftstoß zu Beschleunigungskraftstoß = 1:3 betragen. Es ist wichtig, dass nicht die Maximierung des Anfangskraftwertes im Vordergrund steht. Dieser hätte zur Folge, dass kein hoher Beschleunigungskraftstoß erfolgen kann, da schon zu viel von der zur Verfügung stehenden Kraft verbraucht wurde und nicht mehr vorhanden ist.

Im Folgenden ist der Vergleich zweier Absprünge verdeutlicht, einmal mit aktiver und einmal ohne Ausholbewegung. Beim Vergleich fällt auf, dass in der Version mit Ausholbewegung zu Beginn der Sprungbewegung (erste gestrichelte Linie) ein wesentlich höheres Kraftniveau, also eine höhere Anfangskraft als beim Sprung ohne Ausholbewegung vorliegt.


Abb.12: Sprünge mit und ohne Ausholbewegung

In der Abbildung sind die entsprechenden Kraftstöße als Fläche eingezeichnet. Die Fläche 3 verdeutlicht das Kraftstoß-Plus der Variante mit, Fläche 5 das ohne Ausholbewegung. Vergleicht man beide Flächen, fällt auf, dass beim Sprung mit Ausholbewegung ein wesentlich größerer Kraftstoß und somit auch Impuls vorliegt als beim Sprung ohne Ausholbewegung. Beim Sprung mit Ausholbewegung erkennt man das vorgegebene Verhältnis zwischen Bremskraftstoß (Fläche 2) und Beschleunigungskraft (Summe aus Fläche 3 und 4) von 1:3.


Prinzip der optimalen Koordination der Teilimpulse

Jeder Sportler, der in Bewegung ist, besitzt eine Masse und eine Geschwindigkeit. Ein Impuls beschreibt den Bewegungszustand nach Richtung und Geschwindigkeit. P = m∙v (Impuls p = Masse m ∙ Geschwindigkeit v) Auch Teilbewegungen, z.B. Sprungbein, Armeinsatz, haben Impulse, sogenannte Teilimpulse. Bewegungen werden immer von mehreren Muskeln oder Muskelgruppen bewirkt, um eine hohe Endgeschwindigkeit zu erlangen. Diese erzeugen Impulse, die zusammenarbeiten und gut aufeinander abgestimmt sein müssen. Für die Sprungleistung beim Hochsprung spielen die Koordination der Teilimpulse des Sprungbeins, des Schwungbeins und vor allem der Armbewegung entscheidende Rollen.


Abb.13: Koordination von Armen und Beinen

Einen weiteren Faktor spielt die Richtung der Impulse, also die räumliche Komponente. Zeigen alle Teilimpulse in die gleiche Richtung, dann ist die Gesamtgeschwindigkeit sehr hoch. Aufgrund des Körperbaus, ist dieser Bestandteil oft eingeschränkt, da häufig in entgegengesetzte Richtungen Kräfte freigesetzt werden.

Kenngrößen

Wichtige kinematische Kenngrößen bei der biomechanischen Analyse des Hochsprungs sind:

  • Absprung-, Innenlage- und Rücklagewinkel
  • Horizontal- und Vertikalgeschwindigkeit beim Absprung
  • Streckenverlauf des Anlaufs
  • Kontaktzeit des letzten Schritts
  • Teilhöhen (KSP im Stand, Steigehöhe und Lattenüberhöhung)
  • Drehmomente
  • Körperwinkel

Wichtige dynamische Kenngrößen sind:

  • Absprungkräfte in allen drei Richtungen


Zusammenfassung

Im Laufe der Zeit hat sich der Hochsprung vor allem durch Technisierung stark gewandelt und weiterentwickelt. So unterscheidet man auch heute noch zwei Sprungbewegungen. Aus biomechanischer Sicht, ist der Hochsprung aufgrund seines komplexen Ablaufs nur schwer zu analysieren. Es spielen zu viele Faktoren eine Bedeutung um eine gute Höhe zu erlangen. Das Teilhöhenmodell nach Hay stellt einen guten Ansatz und einen Bezug zwischen relativer Veränderung der Schwerpunkthöhe und Sprunghöhe dar.

Fragen zur Wiederholung

1. Was sind die wesentlichen Aspekte des Anlaufs und welche Kräfte wirken während diesem auf den KSP?
2. Wozu dient die Körperinnenlage beim Anlauf?
3. Wie erfolgt die Berechnung der Sprunghöhe mittels des Teilhöhenmodells?
4. Wie lässt sich die Absprunggeschwindigkeit mit ihren dazugehörigen Parametern bestimmen?
5. Was sind die wichtigen und zu beachtenden Merkmale der drei Phasen des Flugs?
6. Wann ist ein optimaler Beschleunigungsweg erreicht?
7. Nach Hochmuth spielen beim Hochsprung drei biomechanische Prinzipien eine bedeutende Rolle. Würdest du Hochmuth zustimmen, oder sind deiner Ansicht nach noch weitere Prinzipien beim Hochsprung wichtig? Versuche zu begründen.

Quellenverzeichnis

Literatur

Ballreich, R., Kuhlow, A.(Hrsg.).(1986). Biomechanik der Leichtathletik. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag.

Gollhofer, A., Müller, E. (Hrsg.). (2009). Band 171 Handbuch Sportbiomechanik: Beiträge zur Lehre und Forschung im Sport. Schorndorf: Hofmann Verlag.

Gundlach, H.(Hrsg.).(1991). Leichtathletik: Sprung. Berlin: Sportverlag.

Herbert F. (2009). Abitur-Training Sport: Bewegungslehre. Freising: Stark.

Hochmuth, G. (1982). Biomechanik sportlicher Bewegungen (5. Aufl.). Berlin: Sportverlag.

Willimczik, K.(Hrsg.).(1989). Biomechanik der Sportarten. Hamburg: Rohwolt Taschenbuch Verlag.

Internet

Projektleitung: Prof. Dr. Josef Wiemeyer. Biomechanische Prinzipien im Sport: http://bioprinz.ifs-tud.de/ letzter Zugriff am 26.06.2012

Isolehto, J., Virmavirta, M., Kyröläinen, H. & Komi, P. V. Biomechanical Analysis of the High Jump. http://www.iaafacademy.com/helsinki%20reports/Helsinki%202005%20Final%20Report%20-%20High%20Jump.pdf letzter Zugriff am 20.06.2012

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ballreich & Kuhlow, 1986, S.48

Abbildung 2: Herbert, 2009, S.58

Abbildung 3: Ballreich & Kuhlow, 1986, S.49

Abbildung 4 & 5: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=fliehkraft%20hochsprungs&source=web&cd=1&ved=0CFkQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.lehrer.uni-karlsruhe.de%2F~za343%2Fosa%2Fmaterial%2Fdownload%2FNeigungsfach%2FHochsprung-030730.ppt&ei=a0rnT502i5DiBJC8oK8B&usg=AFQjCNG1FaA06CMhvX8aRU8_atYO5SDGjA&cad=rja (letzter Zugriff am 23.06.2012)

Abbildung 6: Ballreich & Kuhlow, 1986, S.50

Abbildung 7: Ballreich & Kuhlow, 1986, S.52

Abbildung 8: Ballreich & Kuhlow, 1986, S.54

Abbildung 9: Gundlach, 1991, S.21

Abbildung 10: http://sport.freepage.de/cgi-bin/feets/freepage_ext/41030x030A/rewrite/lksport/optbw3.html (letzter Zugriff am 21.06.2012)

Abbildung 11: Herbert, 2009, S.64

Abbildung 12: vgl. http://www.dr-gumpert.de/html/biomechanische_prinzipien.html und http://bioprinz.ifs-tud.de/index.php?inhalt=anfangskraft/anfangskraft_thema4_8.html (letzter Zugriff am 23.06.2012)

Abbildung 13: http://bioprinz.ifs-tud.de/index.php?inhalt=teilimpulse/teilimpulse_thema2_1.html (letzter Zugriff am 24.06.2012)

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Inhalt (max. 10) 7 Pkt 7 Pkt 7 Pkt 7 Pkt kritischere Reflektion, Zusammenhänge vertiefen, auf BioPrinz bei biom. Prinzipien verweisen
Form (max. 5) 4 Pkt 4 Pkt 4 Pkt 4 Pkt im Text auf Abbildungen verweisen
Bonus (max. 2) 0 Pkt 1 Pkt 0 Pkt 0 Pkt Vertiefung mit Teilhöhenmodell
Einzelbewertung 11 Pkt 12 Pkt 11 Pkt 11 Pkt 15 Punkte = 100%
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