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WP1204 Langstrecke
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Lernziele für die Lehre
Dieses Wiki wird in der Lehre angewendet. Je nach Veranstaltung sollen nach dem Erarbeiten des Wikis unterschiedliche Kenntnisse erworben werden:
Lehrveranstaltung | Lernziel |
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PS Forschungsmethoden 2 | - Welche biomech. Aspekte des Beins spielen eine Rolle? - Welche Laufstile gibt es und wie sind diese gekennzeichnet? - Genauere Betrachtung Fersenlauf vs. Vorfußlauf (ohne Betrachtung von Seite/Unten) |
Einleitung
Zur Einführung in die Thematik könnt ihr euch ein kleines Video vom 10000m Finale der Weltmeisterschaften 2003 in Paris anschauen, in der sich der Äthiopier Kenenisa Bekele vor seinem Landsmann Haile Gebrselassie den Titel sichert.
Der wichtigste Teilbereich fast jeder Sportdisziplin ist das Laufen. Ohne das Laufen wären fast alle Sportarten unmöglich. In unserem Wiki- Projekt möchten wir uns speziell mit einer Disziplin des Laufens, dem Langstreckenlauf, beschäftigen. Dazu möchten wir zunächst die Unterschiede zwischen den einzelnen Lauftypen erläutern. Das Laufen ist im Wesentlichen durch Stellgrößen geprägt, welche sich je nach Lauftyp mehr oder weniger individuell verändern lassen. Dazu zählen im Wesentlichen die Bewegungsausführung des Knies und der Füße. Der Langstreckenläufer Beispielsweise rollt hauptsächlich über den Mittelfußbereich bzw. die Ferse ab. Die Laufgeschwindigkeit eines Läufers kann sehr stark variieren, ein Sprinter zum Beispiel läuft mit einer Geschwindigkeit von 10 m/s (36 km/h); wohingegen sich ein Anfänger mit 3 m/s begnügt. Die Geschwindigkeit lässt sich über die Schrittlänge und die Schrittfrequenz steuern. Steigert man eine ( oder auch beide) dieser Grössen, ohne die andere zu verkleinern, so nimmt die Laufgeschwindigkeit (V) zu. Genau genommen entspricht die Laufgeschwindigkeit dem Produkt aus Schrittlänge (SL) und Frequenz (SF).
Merke: Laufgeschwindigkeit = Schrittlänge x Frequenz
Merke: Die beste Kombination aus SL und SF muss von jedem Läufer für jede Laufgeschwindigkeit selbst gefunden werden.
Bild eines Langstrecklers (oben) und das eines Sprinters (unten). Deutlich sind die Unterschiede im Körperbau zu sehen. Während der Langstreckenläufer eher sehnig und wenig muskulös scheint, strotzt der Sprinter nur so vor Muskeln. Dafür ist er allerdings um ein vielfaches weniger ausdauernd. Nach Expertenmeinung müsste der beste Langstreckler im Duell mit dem besten Sprinter ab ca. 700m die Nase vorne haben. Zu den Daten:
* Bekele wiegt bei eher kleinen 1,74 Körpergröße nur 66 kg = 0,37kg /cm
- Usain Bolt hingegen wiegt bei 1,95 m Körpergröße 94 kg = 0,48kg /cm
So lernt der Mensch laufen. Um den perfekten Bewegungsablauf eines Erwachsenen zu haben dauert es ca. 9 Jahre !
Ausgewählte biomechanische Aspekte des Langstreckenlaufs
1. Schrittlänge und Schrittfrequenz sind aber auch durch anthropometische und physiologische Faktoren bestimmt.
Die Anthropometrischen Faktoren
So ist es es Beipielsweise ein Trugschluss das größere Läufer auch automatisch schneller laufen als solche mit kürzeren Beinen. Es gibt auch gegenteilige Beweise:
- Zwei gleich große Läufer mit einem unterschiedlichen Körpergewicht von 8 kg weisen eine Schrittlängendifferenz von 32 cm auf
- Zwei Läufer mit fast identischer Schrittlänge unterscheiden sich in der Körpergröße um mehr als 30 cm
Zusammenfassend kann man sagen, dass größere und schwerere Läufer und solche mit längeren (auch mit schwereren Beinen und größerem Trägheitsmoment) dazu tendieren, tatsächlich auch längere Schritte zu nehmen. All diese Variablen sind jedoch unabhängig von einander.
Merke: Aufgrund anthropometrischer Faktoren sollte nicht versucht werden, die Schrittlänge eines Läufers zu bestimmen
Die Physiologischen Faktoren
Zusätzliche Lasten die z. B. auf dem Rücken getragen werden, wurden schon des öfteren im Zusammenhang mit der Schrittlänge untersucht. Man kam zu dem Ergebnis, das Lasten welche auf dem Rücken getragen werden die Schrittlänge kaum beeinflussen, wohingegen der Sauerstoffverbrauch im gleichen Zug um proportional zur Lastenzunahme ansteigt.
Was beeinflusst die Schrittlänge nun maßgeblich?
Laut einer Studie, in welcher je ein Sprinter und ein Langstreckenläufer bei exakt der gleichen Laufgeschwindigkeit analysiert wurden, stellte sich heraus, das alleine die unterschiedlichen Muskelfasertypen hierfür verantwortlich sind. So Läuft ein Sprinter verhältnismäßig unökonomisch, braucht mehr Sauerstoff in den Muskeln und macht auf der gleichen Streckenlänge mehr Schritte.
Merke: Die Schrittlänge ist am ehesten von physiologischen Faktoren beeinflussbar und ist somit durch langfristiges Training beeinflussbar
2. Am Laufen beteiligte Körperteile
Beim Laufen sind neben den Beinen auch andere Körperteile beteiligt. Jede Bewegung eines dieser Teile beeinflusst auch die Lage des Körperschwerpunktes.
Der Verlauf des Körperschwerpunktes beim Laufen. Hier ist eine deutliche Bewegung des Schwerpunktes als Sinuskurve erkennbar.
Zur Analyse von Kräften die auf den Körper wirken, nimmt man häuftig den Körperschwerpunkt (KSP). Dieser vereinigt physikalisch gesehen die gesamte Körpermasse in sich; stellt also den Angriffspunkt der Schwerkraft dar. Zur Berechnung des KSP eines Läufers beobachtet man ein ständiges Auf-und Ab. Der Höchste Punkt ist in der Mitte der Flugphase, der tiefst Punkt in der Standphase erreicht. Je nach Laufgeschwindigkeit verändert sich diese Kurve. Für Sprinter ist sie relativ lang und flach, für Ausdauerläufer ist sie kürzer aber mit einer größeren Amplitude. Dies verdeutlicht, das bei langsameren Geschwindigkeiten mehr Hubarbeit verrichtet werden muss als bei Schnelleren. Die hängt u. a. damit zusammen, wie die Beine und Arme beim Laufen eingesetzt werden.
Der Armeinsatz
a) Beitrag der Arme und Schultern an der Aufwärtsbewegung des KSP b) Rotation von Oberkörper und Armen und c) Gegenrotation der Hüfte und Beine
Bei der Auf- und Ab Bewegung des Schwerpunktes beim Laufen spielen die Arme eine maßgebliche Rolle in Sachen Laufökonomie. Die einsetzende Aufwärtsbewegung in der zweiten Hälfte der Standphase erfolgt gleichzeitig mit der Aufwärtsbewegung der Arme. Die Aufwärtsbeschleunigung der Arme unterstützt hierbei die Aufwärtsbewegung des KSP, was im Endeffekt einen Anteil von 5 % an der Gesamtaufwärtsbewegung macht. Sprinter nutzen diese Kraft durch ihre, im Gegensatz zum Langstreckler, muskulösen Arme.
Merke: Die Arme tragen dazu bei, den Körperschwerpunkt im Abstoss anzuheben
Zusätzlich gleichen die Arme die durch die Beine verursachte Körperrotation aus. Bei Langstrecklern fällt häufig auf, dass sie beim Vorschwingen die Arme vor der Brust kreuzen.
Der Beineinsatz Die Auf- und Ab Bewegung wird durch die Beugung der Hüft-, Knie- und Fußgelenke verursacht. Insgesamt lässt sich sagen, das Mittel- und Langstreckler das Kinie- und Fußgelenk in der ersten Hälfte des Bodenkontaktes mehr beugen.
Merke: Je schneller die Laufgeschwindigkeit, desto gebeugter das Knie beim Abstoss
Durchschnittliche Kniewinkel beim Abstoßen in verschiedenen Laufgeschwindigkeiten.
Die Flug und Stützphase beim Laufen Die Stützphase ganz entscheidend, da nur bei dieser der Körper beschleunigt werden kann.Beim Laufen dienen die Füße abwechselnd als Abstoß-/Stütz- bzw. Schwungbein
Arme schwingen gegengleich zu den Füßen.
Je schneller gelaufen wird, desto kürzer wird die Stützphase und desto länger die Flugphase
Phasen des Stützbeins: Fußaufsatz (Vordere Stützphase): Fuß setzt mit Ballen auf - Körper wird gestützt
Amortisation (Vordere Stützphase): Landedruck wird abgefangen - Fuß- und Kniegelenke geben nach
Abstoßstreckung (Hintere Stützphase): Fuß-, Knie- und Hüftgelenk werden gestreckt
Biomechanische Prinzipien beim Laufen Prinzip der maximalen Anfangskraft: - bei Amortisation - durch Abbremsung der Beugung des Knies entsteht ein Bremskraftstoß, welcher die Abstoßstreckung unterstützt
Prinzip der Gegenwirkung: - durch Drehbewegung der Hüfte und dessen Gegenbewegung, der Drehbewegung des Schulterbereichs
Prinzip der Koordination der Teilimpulse: -Impuls des Kniehubs des Schwungbeins unterstützt Impulse der Fuß-, Knie- und Hüftgelenksstreckung (Abstoßstreckung)
Die Muskelaktivität beim Laufen
Die Muskelaktivität beim Laufen kann durch eine EMG- Messung festgestellt werden. Das EMG erfasst die elektrischen Impulse die einen Muskel zur Kontraktion bringen. So ergibt sich das Bild der Muskelaktivität eines Läufers, während eines Laufschrittes, mit Bodenkontakt und Flugphase. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass sich die verschiedenen Muskelgruppen in bestimmten Wechselfolgen in ihrer der Aktivität ablösen.
Abbildung: Die Aktivität der verschiedenen Muskeln beim Laufen.
Bei der Abfolge der Muskelaktivität sind folgende Aspekte zu beachten.
- Die Aktivität der vorderen und hinteren Oberschenkelmuskulatur ist leicht zeitverschoben: Die hintere Muskulatur arbeitet vor und zu Beginn des Bodenkontaktes, die vordere in der Mitte des Bodenkontaktes. Auf eine Phase der Aktivität folgt bei jedem Muskel eine Phase der Ruhe.
- Beim Laufen muss die Beinmuskulatur nicht nur konzentrisch sondern auch exzentrisch arbeiten, z. B. wenn die Abwärtsbewegung des Körperschwerpunktes aufgefangen wird. Es ist zudem bekannt, dass die Muskelaktivität mit der Laufgeschwindigkeit zunimmt, dies besonders vor dem jeweiligen Umkehrpunkt beim Vorschwingen und Rückschwingen des Beines. Ein Beispiel dazu ist der Muskel auf der Vorderseite des Unterschenkels. Er fängt die Streckbewegung nach dem Abstoss auf, zieht den Fuss an( konzentrisch) damit dieser beim Vorpendeln den Boden nicht streift. Ebenso arbeitet dieser Muskel nach dem Bodenkontakt der Ferse exzentrisch, damit der Fuss nicht einfach auf den Boden klappt, sondern kontrolliert abrollt.
- Die hintere Oberschenkelmuskulatur wird vor dem ersten Bodenkontakt aktiviert was dazu beiträgt, das der Läufer in der Standphase über den Fuss nach vorne „gezogen“ wird. Unsicher ist hingegen, ob der hintere Oberschenkelmuskel der wesentliche „Motor“ ist, der den Läufer in die Vorwärtsrichtung beschleunigt, das heißt, diesen über das Standbein zieht.
- Die Kniestreckung: Die Oberschenkelmuskulatur ist nur in der ersten Hälfte des Bodenkontaktes aktiv. Während der Kniestreckung, der zweiten Hälfte des Bodenkontaktes, findet hingegen keine Muskelaktivität statt. Dies ist damit zu erklären, dass das Kniegelenk im Abstoss durch die Vorwärtsbewegung des Körpers auch ohne Muskelaktivität gestreckt wird und somit bei langsamerem Tempo keine Muskelaktivität der vorderen Oberschenkelmuskulatur benötigt wird.
- Die Aktivität der Muskeln passt sich an die tektonischen Anforderungen an. Somit sollten Bodenbeschaffenheit und Gelände häufiger gewechselt werden, um so die Muskulatur möglichst vielfältig auszubilden. Wichtig für die neuronale Ansteuerung ist zudem die Laufschule (das Lauf-ABC ) da hier die einzelnen Muskeln noch aktiver angesteuert werden können.
Merke: Vielseitige Läufer trainieren die Muskulatur unter wechselnden Bedingungen
Abbildung: Die Haupt- Muskelaktivität der wichtigsten Muskelgruppen der Beine und des Beckens.
3. Verschiedene Laufstile
In diesem Abschnitt widmen wir uns der Frage welcher Laufstil am besten geeignet ist, um bestimmte Situationen am schnellsten zu bewältigen. Bekannte Variationen unterschiedlicher Laufstile sind Vorfuß-, Mittelfuß-, Fersenlauf. Ein wichtiger Aspekt der im Voraus zu nennen wäre, ist die Bodenkontaktzeit. Diese beträgt im zügigen Dauerlauftempo etwa zwei Zehntelsekunden und ist abhängig von der Laufgeschwindigkeit. Sprinter beispielsweise berühren den Boden nur ein wenig mehr als eine Zehntelsekunde. Sie wird unterteilt in eine Lande-, Stand- und Abstoßphase.
Funktionelle Anatomie des Rückfußes:
Doch bevor wir auf die verschiedenen Laufstile eingehen ist es wichtig sich vorher mit der funktionellen Anatomie des Fußes zu befassen. Im Rückfußbereich spielt die Funktion des Oberen und unteren Sprunggelenks eine große Rolle. Die Achse des oberen Sprunggelenks verläuft quer zur Fußlängsachse und ermöglichst Beuge- und Streckbewegung des Fußes. Die Achse des unteren Sprunggelenkes liegt schief im Fuß und erlaubt ein Anheben und Senkendes inneren und äußeren Fußrandes. Verglichen mit der Hand entspricht das den Verdrehen des Handrückens nach unten (Supination) oder nach oben (Pronation). Die Supination ist eine Kombination von Plantarflexion, Adduktion und Inversion. Die Pronationsbewegung setzt sich aus einer Dorsalflexion, Abduktion und eversion zusammen und ist somit in der Standphase bedeutend wichtig.
Bewegungsablauf beim Fersenlauf:
Bei diesem Laufstil kommt, wie der Name sagt, der Fuß mit der Ferse zuerst mit dem Boden in Kontakt. Der erste Berührungspunkt mit dem Boden ist nicht, wie vielleicht vermutet, die Mitte der Ferse (medial), sondern zum äußeren Knöchel (lateral) hin. Die Schräglage beträgt rund 10-15 Grad bei der Landephase. Hierbei wird der Fuß am wenigsten belastet, ( da erfährt er die geringsten Drehmomente). Wenn die Unterlage gut geeignet ist, bewegt sich der Fuß kaum wenn er flach auf dem Boden aufsetzt. Beim flachen Kurvenlauf entsteht durch die schiefe Position des Fußes ein großer Hebel zwischen der einwirkenden Kraft und dem unteren Sprunggelenk, beim Geradeaus- Lauf ist dieser Hebel kleiner. Die auf den Fuß wirkenden Hebel leiten die Pronationsbewegung ein. Je kleiner die Hebelverhältnisse, desto kleiner das wirkende Drehmoment
Fersenlauf: die Landephase- von der Seite betrachtet:
Bei der Landephase ist der Vorfuß angehoben und die Belastung kommt vollumfänglich auf die Ferse. Die durch die Muskulatur gesteuerte Bewegung an der vorderen Schienbeinkante, klappt der Vorfuß in wenigen Sekundenbruchteilen auf den Boden. Bemerkbar wird dieser Prozess beim Bergablaufen, wobei die vordere Schienbeinmuskulatur stark beansprucht wird. Diese Phase ist dann beendet wenn der komplette Fuß den Boden berührt und in die Standphase übergeht.
Fersenlauf: die Landephase- von unten betrachtet:
Dieser Ablauf lässt sich ebenfalls von unten durch eine Glasplatte oder Kraftmessplatte betrachten. Dank ihnen ist es möglich den Bodenkontakt zwischen Boden und Schuh bezüglich Kraft zu berechnen/beschreiben. Die wichtigste Aussage des Verlaufes des Kraftangriffspunktes besteht darin, zu verdeutlichen, dass im Laufen der Körperschwerpunkt im lateralen Fußrand nach vorne verläuft und im Bereich der Zehengrundgelenke nach medial einschwenkt. Daraus folgt, dass die lateralen Mittelfußknochen hauptsächlich in der Lande- und Standphase, die medialen Mittelfußknochen in der Abstoßphase belastet werden.
Fersenlauf - Die Standphase:
In der Standphase ist die gesamte Fußsohle in Bodenkontakt. Eine ganze Reihe von Muskelgruppen ist in dieser Phase aktiv, was zu erheblichen Beanspruchung von verschiedenen Sehnen führt. Hier tritt nach der Ferse der Bereich des Kleinzehs( die mediale Seite des Fußes) auf den Boden auf, d.h. der große Zeh ist angehoben. Durch die geringe Gewichtung des Vorfußes wird die mediale Seite ebenfalls schnell den Boden berühren- der Rückfuß benötigt mehr Zeit. Diese Situation lässt uns zum Tordieren des Fußes kommen. Das Tordieren ist eine anatomische Eigenschaft, die das Absenken des medialen Fußrandes von rund 15 Grad und das Absenken des lateralen Fußrandes von rund 35 Grad beschreibt. Ohne die Torsion gebe es eine Hebelung von lateral zu medial des gesamten Fußes, was eine Pronationsbewegung verstärken würde. Die wichtigste Aufgabe der Torsion ist, das sich Vor- und Rückfuß unabhängig voneinander bewegen können, was besonders bei Bodenunebenheiten oder Richtungswechsel wichtig ist. Kurz zusammen gefasst heißt das: Die Torsion ermöglicht eine funktionelle Anpassung von Vor- und Rückfuß an Unebenheiten des Bodens und an Richtungswechsel des Läufers.
Fersenlauf - die Abstoßphase:
Die Abstoßphase beginnt dann, wenn die Ferse vom Boden abhebt. Bei diesem Ablauf passiert im Fuß etwas Wesentliches: Die Belastung nimmt in der Achillesferse und in der Wadenmuskulatur abrupt zu. Das kommt daher, dass das Drehmoment durch den Fußhebel um ein vielfaches vergrößert wird. Sobald die Ferse den Boden verlässt steigt die Kraft in den Sehnen und der Muskulatur zu einem Mehrfachen des Körpergewichts an.
Durch das Anheben der Ferse vom Boden werden weitere Bewegungen im Fuß abgeleitet. Je nach Boden und Laufrichtung sind diese Bewegungen recht unterschiedlich.
•Erfolgt der Abstoß in Laufrichtung, so erfolgt eine Supination, die im Ausmaß etwa der Pronation der Standphase entspricht
•Erfolgt der Abstoß von der Laufrichtung weg über den lateralen Fußrand hinweg, so resultiert eine Supination, die das Ausmaß der Pronation der Standphase übertrifft.
•Erfolgt der Abstoß von der Laufrichtung weg über den medialen Fußrand, so resultiert eine kleine Supination, sodass der Fuß die Pronationsstellung den Boden verlässt.
Mit der Verdrehung des Rückfußes gegenüber dem Vorfuß entsteht eine Torsionsbewegung im Fuß. Mit der Aufwärtsbewegung der Ferse wird gleichzeitig das Zehengrundgelenk in Extention gebracht, d.h. passiv angehoben. Diese Bewegung der Zehen in Richtung Fußrücken kann beim Barfußlaufen bis zu 90 Grad (und mehr) betragen.
Fersenlauf auf einem Blick:
Obwohl der Fuß, wie bereits am Anfang dieses Abschnitts erwähnt, nur eine Bodenkontaktzeit von rund zwei Zehntelsekunden hat, durchläuft er in dieser kurzen Zeit einen ganze Reihe von Teilbewegungen. Je nach Situation und Beschaffenheit des Bodens oder Richtungswechsel kann das Ausmaß der Teilbewegung sehr unterschiedlich ausfallen
Bewegungsablauf beim Vorfußlauf
Der Vorfußlauf wird vor allem bei höheren Laufgeschwindigkeiten eingesetzt, aber auch bei langsamen Lauftempo ist in einigen Sportarten dieser Laufstil zu beobachten.
Landephase:
Direkt vor dem ersten Bodenkontakt besitzt der Fuß eine stark supinierte Stellung, um dann im Bereich des Zehengrundgelenks der Kleinzehe auf dem Boden aufzukommen. Nun folgt eine schnelle Abwärtsbewegung der medialen Seite des Vorfußes bis die Großzehe Bodenkontakt hat, somit verwringt sich der Fuß um seine Längsachse ausgeprägte Torsionsbewegung. Gleichzeitig senkt sich die Ferse ab, bei ausgeprägten Vorfußläufern wird die Ferse den Boden nicht berühren, weniger ausgeprägte erreichen den Boden nach wenigen Hundertstel Sekunden.
Durch die supinierte Fußstellung ist die Wadenmuskulatur vorangespannt, was erforderlich ist, damit die Ferse nicht auf den Boden aufschlägt. Beim Absenken der Ferse gerät die Achillessehne unter Zug, somit wird sie gemeinsam mit der Wadenmuskulatur doppelt beansprucht. Bei dieser Belastungsform (exzentrische Belastung) lässt sich am meisten Kraft erzeugen, was nötig ist, da der Körperschwerpunkt abwärts wandert und abgefangen werden muss.
Standphase mit Bodenkontakt der Ferse:
Bei Bodenkontakt der Ferse ist die Standphase beim Vorfußlauf mit der Standphase beim Fersenlauf identisch. Die Ferse deformiert sich und eine Pronationsbewegung wird eingeleitet. Da die Ferse sehr kurz und heftig Bodenkontakt hat, ist die Auswahl der Schuhe mit ausreichender Dämpfung wichtig.
Standphase ohne Bodenkontakt der Ferse:
Meist kommt es beim Sprint vor, dass die Ferse den Boden gar nicht berührt. Hier gibt es keine Deformation der Ferse, beim Absenken der Ferse kommt der Fuß direkt in eine starke Pronation. Damit diese Bewegung kontrolliert erfolgen kann, muss die Wadenmuskulatur sehr ausgeprägt arbeiten können, ebenfalls werden die Muskeln der medialen Muskelgruppe exzentrisch belastet. Daher ist der Vorfußlauf ohne Bodenkontakt ein Laufstil, der die Muskeln stark beansprucht und gut trainiert werden sollte. Der Umfang der Pronationsbewegung nimmt mit Zunahme der Laufgeschwindigkeit immer mehr zu.
Abstoßphase:
Die Abstoßphase beim Vorfußlauf unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der des Fersenlaufs. Der Fuß wird beim Abdrücken nach außen und die Ferse nach innen gedreht, dadurch entsteht eine starke Vorfuß-Pronation.
Bewegungsablauf beim Mittelfußlauf
Der Mittelfußlauf ist eine Mischung aus dem Fersen- und dem Vorfußlauf. Bei diesem Laufstil kommt der ganze laterale Fußrand gleichzeitig am Boden auf. Auch hier wird eine Pronationsbewegung eingeleitet, die meistens durch eine starke Suppinationsstellung unmittelbar vor Bodenkontakt kontrolliert wird. Auch hier wird beim Abheben der Ferse die Achillessehne und die Wadenmuskulatur stark belastet. In der Abstoßphase tritt wiederum eine Torsionsbewegung im Mittelfußbereich auf, somit entsteht eine Suppination im Fuß.
4. Ist die Laufgeschwindigkeit vom Laufstil abhängig?
1. Schritt: Versuch:
In einem Versuch (Strebel, Steinemann 1992) sollen die Laufstile von 137 LäuferInnen in verschiedenen Laufdisziplinen [Kurzstrecke (100m); Mittelstrecke (800m, 1500m); Langstrecke (3000m, 5000m)] während eines Wettkampfs ermittelt werden.
Ziel:
Der Bewegungsablauf soll anhand von Filmaufnahmen analysiert werden. Der Fuß wird dabei in jeder Hundertstelsekunde beobachtet.
Die Abbildung zeigt die Zeitdifferenz bis zum Aufsetzen des jeweils zweiten Fußteils am Boden.
Erkenntnis: Der Mittelfußlauf ist am eindeutigsten zu bestimmen. Fersenläufer und Vorfußläufer brauchen verschiedentlich mehrere Hundertstelsekunden, bis der zweite Fußteil den Boden erreicht.
2. Schritt Im zweiten Schritt sollen nun die Laufstile den jeweiligen Laufstrecken zugeordnet werden.
Die Abbildung zeigt die Häufigkeitsverteilung bezüglich des Laufstils.
Die Abbildung zeigt, dass die verschiedenen Laufstile nur bei hohem Lauftempo abhängig von der Laufgeschwindigkeit sind und dass bei langsameren Geschwindigkeiten alle Laufstile auftreten.
Erkenntnis:
Auf Kurzstrecken dominiert der Vorfußlauf. Bei Mittel- und Langstrecken gibt es verschiedene Laufstile. Während auf der Mittelstrecke die Vorfuß- und Mittelfußläufer überwiegen, ist auf der Langstrecke eher der Mittelfußlauf als der Fersenlauf zu beobachten.
Fazit:
Es gibt keine eindeutige Verteilung der Laufstile auf bestimmte Laufstrecken. Die Übergänge sind fließend. Die Übergänge zwischen den Laufstilen sind nicht auf eine bestimmte Geschwindigkeit festzulegen. Außerdem sind die Laufstile individuell und überschneiden sich. Der Laufstil kann bei langsamen bis schnellen Lauftempo frei gewählt werden. Bei hohen Laufgeschwindigkeiten (Schlussspurt) stellen viele Läufer automatisch auf den Vorfußlauf um.
5. Welcher Laufstil ist der Beste?
Jeder Laufstil belastet den Bewegungsapparat unterschiedlich, daher ist es sinnvoll für den Läufer, die Belastung zu verteilen. Um das zu ereichen muss der Laufstil gewechselt werden. Um sich vor Überlastungen zu schützen ist es sinnvoll, das Training zu variieren.
Vorteil der (kurzfristigen) Umstellung vom Fersenlauf auf den Vorfußlauf: Die Schrittlänge vergrößert sich und die Laufgeschwindigkeit nimmt somit zu.
Nachteil: Die Wadenmuskulatur und die Achillessehne sind einer größeren Belastung ausgesetzt. Daher kann es bei zu frühem Ansetzen des Schlussspurts zu einer erheblichen Abnahme der Laufgeschwindigkeit noch vor dem Ziel kommen.
Vorteil der (kurzfristigen) Umstellung vom Vorfußlauf auf den Fersenlauf: Die Ermüdete Wadenmuskulatur wird etwas entlastet.
Nachteil: Die Ferse und die Sprung- und Kniegelenke werden stärker belastet.
Auf dieser Abbildung kann man zwei unterschiedliche Laufstile beobachten: Der Mittelstreckler Laitao (POR) mit dem Fersenlauf und Fyffel (SWI) mit dem Vorfußlauf bei gleicher Geschwindigkeit.
Fazit
Es ist vorteilhaft, wenn ein Läufer verschiedene Laufstile beherrscht und er die verschiedenen Laufstile der jeweiligen Situation anpassen kann. Der Laufstil ist individuell und je nach Situation sehr unterschiedlich. (Gründe: unterschiedliche Anatomie, Kondition, Bodenverhältnisse) Bei jedem Schritt wird der Fuß unterschiedlich belastet. Ein Vielseitig trainierter Bewegungsapparat passt sich besser den unterschiedlichen Bedürfnissen an, als ein einseitiger Körper.
Zusammenfassung
Größere und schwerere Läufer und solche mit längeren (auch mit schwereren Beinen und größerem Trägheitsmoment) dazu tendieren, tatsächlich auch längere Schritte zu nehmen.
Das Laufen ist keine Angelegenheit die ausschließlich von der Beinmuskulatur ausgeht sondern auch die Impulse von Armen, Schultern und Oberkörper in der Flugphase nutzt. Der obere Teil des Körpers wirkt hierbei in der Flugphase und beim Abstoss mit, in dem sie das Vorschwingen der Beine erleichtern, seitlich stabilisieren und den KSP anheben helfen. Koordinativ sind die verschieden Muskelgruppen der Hüfte und des Ober- und Unterschenkels aufeinander abgestimmt. Sie arbeiten in bestimmten Zeitintervallen um den bestmöglichen Vortrieb zu gewährleisten. Je nach Anforderungen des Geländes und taktischen Überlegungen des Läufers sind verschiedene Lösungen punkto Koordination möglich, je nach dem ob die Laufgeschwindigkeit maximal sein soll oder die Ausdauer im Vordergrund steht.
Jeder Läufer muss seinen Laufstil den Gegebenheiten anpassen, die Wahl des Laufstils ist individuell und kann trotz gleicher Bedingungen von Läufer zu Läufer unterschiedlich sein.
Fragen zur Wiederholung
- Welche Faktoren bestimmen die Laufgeschwindigkeit?
- Welche Körperteile sind am Laufen maßgeblich beteiligt?
- Welche Muskeln der Beine sind beim Laufen für den Vortrieb verantworlich?
Literatur
- Stacoff, Alex 1996: „III. Bewegungsablauf – Wie läuft der Mensch?“ In: „Volkssport Laufen“ - Statistik – Bewegungsablauf – Prävention
- Stief, Felix: „Nordic Walking, Walking, Laufen - Biomechanische Betrachtung: 3-dimensionaler Vergleich der Gelenkbelastung der unteren Extremitäten“ ,Vdm Verlag Dr. Müller (Oktober 2008)
- Bunz, Wolfgang: „Perfekte Lauftechnik: Schneller durch gezieltes Training“ ,Blv Buchverlag (März 2011)
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