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biomechanik:projekte:ws2019:ps_biom1920_2

WP1907 Motions and Emotions

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Veranstaltung PS Biomechanik
Autor*in Kea Busemann, Ruven Limprecht
Bearbeitungsdauer 45 min
Präsentationstermin 27.01.2020
Status Fertig
Zuletzt geändert am 15.03.2020


Einleitung

eMotion: Schon auf den ersten Blick wird der gemeinsame Wortstamm der englischen Begriffe „motion“ und „emotion“, auf Deutsch „Bewegung“ und „Emotion“, deutlich. Doch wo liegen die tatsächlichen Zusammenhänge? Wie beeinflusst die Körperlichkeit, speziell das Bewegen und das bewegt Werden des Körpers, die seelischen Zustände wie Gemüts- und Gefühlsregungen, aber auch die Kognition als solche. Im Umkehrschluss stellen wir uns die Frage, wie die menschliche Emotionalität auf die Bewegungsqualität und die Bewegungsform einwirkt.

Nach unserem sich noch immer aufrecht haltenden, westlichen Weltbild nehmen wir im Volksmund allzu oft eine strikte Trennung zwischen Körper und Geist – Bewegung und Emotion – vor. Das sogenannte Leib-Seele-Problem ist ein philosophisches und spirituelles Thema, das schon seit der Antike diskutiert wird. Ein Thema, das in der gegenwärtigen Zeit seinen Absprung in die Neuro- und Kognitionswissenschaften, wie auch in die psychologische und die sportwissenschaftliche Forschung geschafft hat. Was tragen die neuesten Erkenntnisse zu der Annäherung an eine Lösung dieser Problematik bei? Wie es nach empirischen Forschungsergebnissen scheint, müssen wir unser Modell, des vom Körper unabhängigen Denken und Fühlens und des vom Denken und Fühlen unabhängigen Bewegens, in Richtung einer stärker integrierten Version entwickeln. Welche Forschungen gibt es zu dieser Thematik? Welche Zusammenhänge und Wechselwirkungen wurden bereits entdeckt? Was sind die Auswirkungen auf die sportliche Betätigung des Menschen?

Um die letzte Frage zu klären, wird ein Praxisbezug hergestellt. Am Beispiel Triathlon werden die Wechselwirkungen zwischen Bewegungen und Emotionen dargelegt und weiterführend wird auf kritische Situationen im Ausdauersport sowie mögliche Bewältigungsstrategien zum Überwinden dieser Situationen eingegangen.

verfasst von Kea Busemann

Einführendes Beispiel

Die Bewegung spielt ganz offensichtlich eine zentrale Rolle im Sport. Aber auch die Emotionen tauchen auf diverse Art und Weise an verschiedenster Stelle in jeder Sportart auf. Erinnert euch an eure persönlichen Erfahrungen aus dem Sport, welche die Zusammenhänge des emotionalen Aspekts und der Bewegungskomponente in den Vordergrund stellen. Schaut euch danach die folgenden Videos an, um einen weiteren Eindruck zu erhalten:





Motion und Emotion im Triathlon:









Motion und Emotion im Tanz:

(Bei weiterem Interesse an der „Contact Improvisation“ schau dir doch folgendes Wiki an: WP1803)



1. Definitionen

Die einzelnen Begriffe des Themas “Bewegung und Emotion” lassen einen großen Spielraum für Interpretationen und Definition aufkommen. Hier wird schnell ersichtlich, dass eine thematische Eingrenzung nötig ist. Schließlich gilt es einen tieferen Einblick zu bekommen und eine klare Thematik zu verfolgen.

1.1 Bewegungen

In vielen Kontexten lässt sich der Bewegungsbegriff wiederfinden, wie auch die Befragung auf Wikipedia widerspiegelt. Die Vokabel findet sich zum Beispiel in der Physik, dort als Beschreibung einer Ortsveränderung unter Berücksichtigung der Zeit. Oder beispielsweise auch in der sozialen Bewegung, wo es das Verhalten eines Kollektivs beschreibt.

Der Bewegungsbegriff, der bei dieser Ausarbeitung als Grundlage fungiert, beschreibt die physische Bewegung eines Menschen und ist gleichzusetzen mit der körperlichen Aktivität. Also wird in dieser Arbeit die allgemeine Bewegung der Skelettmuskulatur betrachtet. Diese findet Unterscheidungen in der Komplexität, in der Ausführungspräzision, sowie der Kraft und der Schnelligkeit. Schließlich ist der kurze Gang zum Einkaufen auch eine Bewegung der Skelettmuskulatur, allerdings eine ruhige und einfache. Im Gegensatz steht hierzu der Sport und weiter noch der Hochleistungssport. Nur hier ist eine fast ausnahmslose körperliche Aktivität zu definieren, ohne dabei weitere Ziele zu verfolgen - mit der Ausnahme vom Gesundheitssport (Peter Röthig et al. (Hrsg.): Sportwissenschaftliches Lexikon. Hofmann, Schorndorf 2003, S. 493)

In der Thematik Sport kann schnell die Brücke zum Training aufgebaut werden. Wo sich anfangs erwähnen lässt, dass die Gefühlslage, ob negativ oder positiv Empfunden, sich in der Leistung erkennbar wiederspiegelt. Schließlich kristallisiert sich die Rolle im Leistungssport heraus.

verfasst von Ruven Limprecht

1.2 Emotionen

Der Ursprung des Wortes „Emotion“ lässt sich auf den lateinischen Begriff „emovere“ (herausbewegen, -schaffen, […] erschüttern, aufwühlen) zurückführen, welcher sich aus der lateinischen Vorsilbe e– (aus, heraus) und dem lateinischen Wort „movere“ (bewegen) zusammensetzt.

Eine Emotion wird allgemein definiert als eine psychische Erregung, Gemütsbewegung, beziehungsweise als ein Gefühl, eine Gefühlsregung. „[Emotion als eine] innere Empfindung, die angenehm oder unangenehm empfunden und mehr oder weniger bewusst erlebt wird, z.B. Freude, Angst, Kummer, Überraschung. Die Emotion ist ein komplexes Muster aus physiologischen Reaktionen (z.B. Steigerung des Blutdrucks), Gefühlen (z.B. Liebe, Wut), kognitiven Prozessen (Interpretation, Erinnerung und Erwartung einer Person) sowie Verhaltensreaktionen (z.B. lachen, weinen).“ (Maier). In dieser Definition wird die dreidimensionale Betrachtungsweise der Emotionen deutlich, die auch Buck in seinem Modell über Motivation und Emotion vorschlägt. Er führt Emotionen als „readout“ (Auslese, Ausgabe) des motivationalen Systems an, welches das Verhalten in Gang setzt. Diese Ausgabe geschieht auf drei Ebenen: auf der physiologischen, der behavioralen und der subjektiven. Unter dem physiologischen Aspekt versteht man die autonome, endokrine Antwort des Immunsystems, welche die Adaption an die Emotionen auslösende Situation, beziehungsweise die Aufrechterhaltung der Homöostase sicherstellen soll. Mit der behavioralen Ebene ist das ausgedrückte Verhalten gemeint, das zur spontanen Kommunikation und sozialen Koordination dient. Die subjektive Ausgabe bezieht sich auf die synkretische Kognition, welche die Selbstregulation und das subjektive Erleben zur Funktion hat (vgl. Buck, 1985, S. 398).

Abbildung 1: The readout process: Source, target, and function served. (Quelle: Buck, R. (1985). Prime theory: An integrated view of motivation emotion. Psychological Review.)

verfasst von Kea Busemann

2. Forschungsansätze

Es existieren verschiedene Forschungsansätze, die die Zusammenhänge zwischen Bewegungen und Emotionen studieren. Zuerst gehe ich auf die biologische Forschung zur Physiologie des Menschen ein und anschließend wende ich mich dem Embodiment-Ansatz zu, welcher den Bereichen Psychologie und Sportwissenschaften entspringt.

2.1 Biologie: Physiologie des Menschen

Menschliches Erleben ist mit direkten körperlichen Reaktionen verbunden. Am Beispiel „Stress“ lässt sich diese Kaskade gut verdeutlichen. In der Wissenschaft teilt man Stress in zwei übergeordnete Kategorien ein. Es handelt sich dabei auf der einen Seite um den Eustress, eine anregende und stimulierende Form des Stresses, welcher durch eine wahrgenommene Bedrohung der eigenen Kontrolle ausgelöst wird. Die hauptverantwortliche Hirnstruktur ist die Amygdala, welche über das Sympathikus-Nebennierenmark und die SAM-Achse (SAM = sympathetic-adrenomedullary) eine Reihe von physiologischen Auswirkungen, wie einer Erhöhung des Herzschlags, des Blutdrucks, der Atmung und der Muskelspannung oder der Verringerung von Magen-Darm- und Nieren-Aktivitäten, auslöst. Im Blut können veränderte Neurotransmitterkonzentrationen, wie ein gestiegener Noradrenalin-, Adrenalin- und Testosteronspiegel nachgewiesen werden. Der Erste, der diesen sogenannten „Fight-or-Flight“-Modus beschrieben hat, ist Walter Cannon (1915). Evolutionsbiologisch betrachtet hat diese Reaktion in Urzeiten die nötigen Energiereserven mobilisiert und den Körper in einen optimalen Aktionszustand versetzt, um eine Kontrolle bedrohende Gefahrensituation zu meistern, wie die Flucht vor einem auftauchenden Tiger oder die territoriale Kontrolle durch ein Angriffs- oder Verteidigungsverhalten. In der gegenwärtigen Zeit mögen sich zwar die Kontrolle bedrohenden Situationen gewandelt haben, das Stressmuster ist aber dasselbe geblieben. Heutzutage wird diese Art von Stress beispielsweise im Arbeitskontext durch die bevorstehende Deadline ausgelöst oder aber innerhalb eines sportlichen Kontextes, sei es das Betreten des Boxringes oder der Wettlauf, bei welchem einem der Gegner dicht auf den Fersen ist.

Die zweite Form von Stress wird als Distress betitelt und tritt bei empfundenem Kontrollverlust, welcher primär durch chronischen Stress ohne Entspannungsphasen ausgelöst wird, auf. Selye hat sich unter anderem mit dieser Art von Stress und seinen Folgen auseinandergesetzt (1956). Während Eustress als aktivierend und sogar angenehm empfunden werden kann, zeichnet sich Distress durch sein unangenehmes, überforderndes Wahrnehmungsprofil aus. Die beteiligte Hirnstruktur ist das Hippocampus-Septum, welches über die Hypophysen-Nebennierenrinde und die HPA-Achse (HPA = hypothalamic-pituitary-adrenocortical) den Körper zum Abbau von Körpereiweiß zu Zucker anregt und die Funktionstätigkeit des Immunsystems und der Keimdrüsen, welche für die Fruchtbarkeit verantwortlich sind, stark reduziert. Auf der Bewegungsebene passiert folgendes: Der Körper gerät in einen Zustand der Bewahrung, Unterordnung und Passivität. Die Bewegung wird stark reduziert bis hin zur annähernden Bewegungslosigkeit.

Folglich lässt sich annehmen, dass die Wahrnehmung der uns umgebenden Situationen und die darauf erfolgende bewusste oder unbewusste Interpretation der Ereignisse zu einer emotionalen Beteiligung an den gegebenen Umständen und darauf aufbauend zu einem induzierten Bewegungsmuster führen. Dieser Wechselwirkung würde ich die Richtung vom Geistigen zum Körperlichen – oder um es in den Worten dieses Projektes auszudrücken: vom Emotionalen zum körperlich Bewegten – zuschreiben. Wie sieht es aber mit der umgekehrten Beeinflussung aus? Um diese Wechselwirkung näher zu betrachten eignen sich die Ergebnisse des psychologischen und sportwissenschaftlichen Forschungsgebiets „Embodiment“.

2.2 Embodiment-Ansatz

„Embodiment bezeichnet Leibphänomene, bei denen dem Körper als lebendigem Organismus, seinen Bewegungen und Funktionen sowie der Interaktion von Leib und Umwelt eine zentrale Rolle im Rahmen der Erklärung von und den Wechselwirkungen mit Denken, Wahrnehmen, Lerne, Gedächtnis, Intelligenz, Problemlösen, Affekt, Einstellungen und Verhalten zugewiesen werden.“ (Koch, 2011, S. 22)
Abbildung 2: Yoga als Form der Verkörperung (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-photo/woman-practicing-warrior-yoga-pose-outdoors-174996662)

2.2.1 Beschreibung

In der Embodiment-Theorie wird davon ausgegangen, dass ein Bewusstsein für seine Existenz einen Körper braucht. Noch mehr als das Wahrnehmen des Körpers geht es um das Wahrnehmen als Körper. Dieser Ansatz steht damit im Kontrast zu den Annahmen des Funktionalismus, nach welchem mentale Zustände von der physischen Umsetzung unabhängig sind. Künstliche Systeme könnten demnach mit der korrekten Implementation den gleichen funktionalen Zustand erleben wie ein Mensch. Im Gegensatz dazu wird bei der Embodiment-Theorie die Einheit von Körper und Geist postuliert. „Embodiment“ könnte man übersetzen als „Verkörperung“. Koch schlägt den Begriff „Leiblichkeit“ vor, da dieser die Bi- bzw. Multidirektionalität der Wechselwirkung besser verdeutliche. (vgl. Koch, 2011, S. 19)

In der Forschung werden vier Arten von Verkörperungseffekten unterschieden (vgl. Barsalou, Niedenthal, Barbey, & Ruppert, 2003, S. 43 - 92):

1. Wahrgenommene soziale Stimuli bewirken körperliche Zustände (vgl. Bargh, Chen, & Burrows, 1996, S. 230 - 244)

2. Die Wahrnehmung der körperlichen Zustände anderer Individuen bewirkt eine eigene körperliche Nachahmung (vgl. Bavelas, Black, Chovil, Lemery, & Mullett, 1986, S. 322 - 329)

3. Eigene Körperzustände bewirken affektive Zustände (vgl. Riskind, 1984, S. 479 - 493)

4. Die Vereinbarkeit der körperlichen und kognitiven Zustände moduliert die Effektivität der Performanz (vgl. Förster & Strack, 1996, S. 421 - 430)

2.2.2 Kestenberg-Bewegungsprofil

Das Kestenberg-Bewegungsprofil (KMP = Kestenberg Movement Profile) ist ein Bewegungsanalysesystem, das von der promovierten Anthropologin Janet Kestenberg Amighi zusammen mit Loman, Lewis und Sossin (1999) entwickelt wurde. Koch beschreibt als Ziel des Analysesystems, „differenzierte Vorhersagen für den Einfluss von Bewegung auf Kognition und Affekt ableiten [zu können]“ (Koch, 2011, S. 75). Was dieses Modell gegenüber anderen seiner Art besonders macht ist die ganzkörperliche und dynamische Betrachtung des Körperfeedbacks.

Die Grunddimensionen des Kestenberg-Bewegungsprofils sind zum einen die Bewegungsqualitäten, welche sich durch den rhythmischen Wechsel von Anspannung und Entspannung beschreiben lassen, und zum anderen die Bewegungsformen, welche sich wiederum auf den Wechsel von Ein- und Ausatmung bzw. den Wechsel vom Wachsen und Schrumpfen beziehen. Diese lassen sich, wie folgend dargestellt, jeweils weiter unterteilen (vgl. Koch, 2011, S. 75-85).

Sechs grundlegende (bzw. 28 ausdifferenzierte) Bewegungsqualitäten:
- Direktes vs. indirektes Raumverhalten
- Leichtes vs. kraftvolles Verhalten in Relation zum eigenen Gewicht und der Schwerkraft
- Schnelles/ beschleunigtes vs. langsames/ verlangsamendes Verhalten auf der zeitlichen Dimension

Vier grundlegende (24 ausdifferenzierte) Bewegungsformen:
- Wachsend vs. schrumpfend, was auf den drei Raumebenen stattfinden kann
- Bipolar (mit Selbstbezug) vs. unipolar (mit Objektbezug)

Sowohl die Bewegungsqualitäten als auch die Bewegungsformen können unbewusst, vorbewusst oder bewusst stattfinden. (vgl. Koch, 2011, S. 75-85)

2.2.3 Forschungsergebnisse

An dieser Stelle komme ich auf die in der Einleitung zum Forschungsansatz der Embodiment-Theorie genannten, vier Arten von Verkörperungseffekten zurück und präsentiere die untermauernden Studien.

1. Wahrgenommene soziale Stimuli bewirken körperliche Zustände (vgl. Bargh, Chen, & Burrows, 1996, S. 230 - 244): In einem der Experimente von Bargh, Chen und Burrows werden Versuchspersonen mit verschiedenen Wörtern konfrontiert, welche alle aus der „alderly“-Kategorie, also der Kategorie der „Alten“ (gemeint: alte Menschen), stammen. Eine zweite Gruppe bekommt Wörter außerhalb dieser Kategorie präsentiert. Im Anschluss daran findet für beide Gruppen das tatsächliche Experiment statt, von dem die Versuchspersonen allerdings nichts wissen: Nach dem Verlassen des Versuchsraums wird die Zeit gemessen, die sie brauchen um den Korridor zu durchqueren. Tatsächlich braucht die Gruppe mit den „Alten“-Wörtern signifikant länger für die Durchquerung. Das Primen (Prägen) der Wörter auf die Menschen versetzt diese in eine dazu passende Bewegungsqualität.

2. Die Wahrnehmung der körperlichen Zustände anderer Individuen bewirkt eine eigene körperliche Nachahmung (vgl. Bavelas, Black, Lemery, & Mullett, 1986, S. 322 - 329): In einem Experiment von Bavelas, Black, Lemery und Mullett wird ein schmerzhafter Unfall eines der Experimentatoren inszeniert und die körperliche Reaktion des zuschauenden Probanden beobachtet. Bei fast allen konnte eine motorische Nachahmung des Schmerzes beobachtet werden, welcher über verschiedene Dimensionen, wie beispielsweise einem bestimmten Mund- oder Augenausdruck oder einem Zusammenzucken, festgestellt wurde.

3. Eigene Körperzustände bewirken affektive Zustände (vgl. Riskind, 1984, S. 479 - 493): Riskind zeigt in seinem Experiment den Einfluss von situationsangemessenen im Gegensatz zu unangemessenen Körperpositionen auf die Affekte. Wenn die Versuchsperson in einer durch den Versuchsleiter induzierten zusammengesunkenen Haltung verweilt und einen Erfolg erlebt, ist die Haltung der Situation „unangemessen“ und unterdrückt Motivation und Gefühle von Kontrolle. Wenn sie bei gleicher Haltung einen Misserfolg erlebt, scheint die „angemessene“ Haltung die Gefühle von Hilflosigkeit, Depression und Motivationsdefizit zu minimieren.

4. Die Vereinbarkeit der körperlichen und kognitiven Zustände moduliert die Effektivität der Performanz (vgl. Förster & Strack, 1996, S. 421 - 430): Förster und Strack weisen in einem Experiment den Effekt nach, dass das Nicken mit dem Kopf zu einer gesteigerten Leistung beim Enkodieren positiver Wörter im Gegensatz zu negativen führt. Analog dazu können negative Wörter beim Schütteln des Kopfes besser prozessiert werden als positive.

Weitere Studien zur Erforschung der dynamischen Komponente des Körperfeedback Ansatzes deuten auf den positiven Einfluss von runden Bewegungen auf den Affekt im Gegensatz zu eckigen Bewegungen hin. Mit positivem Einfluss ist ein entspanntes, verspieltes Verhalten gemeint. (vgl. Koch, 2011, S. 98 - 114) Runde und eckige Rhythmen zählen zu den Bewegungsqualitäten. Bei der zusätzlichen Betrachtung von Bewegungsformen wie dem Annäherungs- und Vermeidungsverhalten wird eine Wechselwirkung mit den Bewegungsqualitäten festgestellt. Die runden und eckigen Bewegungen wirken in diesen Studien auf die Einstellung ein und die Annäherung bzw. die Vermeidung haben einen signifikanten Einfluss auf den Affekt. (vgl. Koch, 2011, S. 115 - 128)

verfasst von Kea Busemann

3. Sportlicher Bezug am Beispiel Triathlon

Abbildung 3: Triathlon als Treffpunkt von Bewegungen und Emotionen (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-photo/triathlon-sport-banner-man-running-swimming-1421726720)

Im Folgenden geht es darum, die Auswirkungen von Emotionen im Ausdauersport darzustellen. Der Ausdauersport wird als Beispiel erwägt, da es häufig eine monotone, einseitige und zeitlich andauernde Bewegungsform ist, somit die emotionale Belastung für die Athletin, den Athleten sehr hoch sein kann. Allgemein formuliert Mark Kleanthous: “Wenn die mentale Einstellung nicht stimmt, ist Erfolg im Sport undenkbar” (Kleanthous, 2012, S. 81). Als ersten richtigen Ausdauermehrkampf in der Geschichte wird der Triathlon bezeichnet. Endlich wird die Einseitigkeit des Ausdauersports durch die Aneinanderreihung von einzelnen Ausdauersportarten beseitigt. Beim Triathlon werden drei Sportarten gemixt, denen zwar ähnliche organische Belastungen zugesagt werden, die aber sehr verschieden im muskulären Einsatz sind (vgl. Steffny, 1983, S. 5ff).

3.1 Beschreibung

Abbildung 4: Triathlon Disziplin Schwimmen (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-vector/triathlon-activity-icons-swimming-running-bike-1071639698)
Abbildung 5: Triathlon Disziplin Radfahren (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-vector/triathlon-activity-icons-swimming-running-bike-1071639698)

“Triathlon bedeutet Wettkampf, Volkssport und Abenteuer” (Ehrler et al. 1986, S. 22), was enorme Anforderungen an die Langzeitausdauer stellt. Eine weitere Anforderung bildet die Kombination von drei Sportarten, welche neben der konditionellen Fähigkeit auch Erwartungen an die koordinativen Fähigkeiten stellt.

Wenn die drei Bewegungsarten einzeln betrachtet werden, finden sich weitere Herausforderungen. Die erste Disziplin beim Triathlon ist das Schwimmen, Freistil (es ist keine Technik vorgegeben, wobei die Kraultechnik am häufigsten angewendet wird. Auch die Brusttechnik findet ab und zu ihre Anwendung)(vgl. ebd. S. 22f). Allerdings wird vom Brustschwimmen abgeraten, da diese Technik anspruchsvoll, langsam und fehleranfällig ist, also einfach formuliert: sie ist unökonomisch (vgl. Ketterer/Krauß, 2001, S. 109). Bei beiden Techniken liegt die Belastung in den Armen und Beinen.

Dem Schwimmen folgt das Radfahren, hier wird hauptsächlich die Beinmuskulatur beansprucht. Im Vergleich zum Schwimmen ist das Radfahren technisch nicht so anspruchsvoll. Die Herausforderung liegt bei einem Triathlon bei der abwechslungsreichen Streckenführung. Beim Wechsel zwischen dem Schwimmen und dem Radfahren lässt sich ein Wechsel zwischen der Arm- und der Beinmuskulatur erkennen, was sich, zusätzlich der geringen Belastungsintensität beim Radfahren, günstig auf das abschließende Laufen auswirkt (vgl. Ehrler et al. 1986, S. 23).

Durch die schon vorhergehende Belastung durch die zwei anderen Disziplinen, ist der abschließende Lauf für die sporttreibende Person in der Empfindung am forderndsten. So werden die beiden ersten Disziplinen auch als “weiche Disziplinen” und das Laufen als “harte Disziplin” gehandelt - wobei hier auch die physiologische Herausforderung mitspielt (vgl. ebd. S. 23f). Beim Überblick dieser drei Sportarten erahnt man die enorme körperliche Belastung, die auf die Triathletin und auf den Triathleten warten. Spätestens beim Betrachten der Leistungsfähigkeit kommen die Emotionen ins Spiel. Ähnlich wie beim Marathon kommt die Sportlerin/ der Sportler an den Punkt, ab dem der Körper nur noch laufen gelassen werden kann - sie können es nicht mehr steuern. (vgl. Ketterer/Krauß, 2001, S. 118)

Eine Besonderheit hält der Triathlon noch bereit: Die umstrittene vierte Disziplin, der Wechsel von einer Sportart zur nächsten. Hierzu gibt es keine festen Regeln oder keinen festen Ablauf. Es wird ausschließlich darauf gezielt, dass jede einzelne Person ihre subjektive Wechselstrategie austestet und verinnerlicht. Darüber hinaus bereiten beide Umstiege den Teilnehmenden Schwierigkeiten, unter anderem durch die neue Bewegungsform, welche eine Änderung in der Muskulaturbelastung mit sich bringt. Beide Punkte setzen eine gute Vorbereitung im Training voraus (vgl. ebd. S. 123f und Ehrler et al. 1986. S. 24).

3.2 Krisensituationen

Diese Herausforderungen erfordern eine hohe Disziplin beim Training und das nicht nur beim Konditions- (Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit) oder Techniktraining. Es wird immer bedeutsamer, die psychischen Fähigkeiten und taktischen Verhaltensweisen zu thematisieren und zu trainieren. So wird nun der Bezug zur emotionalen Belastung hergestellt. Es steht außer Frage, dass es während dem Training und dem Wettkampf immer wieder zu Kontakt mit kritischen Situationen kommt. Als Lösungsansatz wird hier auf eine psychologische Vorbereitung gesetzt. Diese beinhaltet zum Beispiel das Erlernen von Techniken, bedrohende Situationen umzubewerten oder in einen anderen Zusammenhang zu bringen. Eine weitere Vorbereitung wäre, sich einen Strategien-Katalog zu erstellen, auf welchen situationsabhängig zurückzugreifen ist, um Resignation zu vermeiden (vgl. Ketterer/Krauß, 2001, S. 158). Ein weiterer Ansatz ist der Einsatz von mentalem Training, wobei sich kritische Wettkampfsituationen oder der Ablauf in den Gedanken vorgestellt werden und sich dabei Lösungsansätze herauskristallisieren. Näheres zu der Thematik Mentales Training findet sich unter folgendem Eintrag: WP1909 Mentales Training

Im Rennen wird als das Hauptziel formuliert, durchgehend konzentriert zu sein, mit der Energie nicht verschwenderisch umzugehen, aber stets die maximale Leistung abrufen zu können. Die nötige Ruhe und vor allem Geduld gehören hier dazu. Einzelne Einheiten dienen dem großen Ziel, also dem Wettkampf. Darunter sind alle Eindrücke unterzuordnen, so dass die eigene Leistung im Auge behalten werden kann (vgl. Kleanthous, 2012, S. 82f).

Das hört sich in der Theorie sehr einfach an und ist auch schnell formuliert. Allerdings stoßen die Athletin und der Athlet beim Triathlon auf besondere Anforderungen, die sich in physische Stressoren (auch abhängig von der thermischen Belastung durch Hitze, Kälte, Nässe oder Wind) sowie psychische Stressoren unterscheiden lassen (vgl. Große, S. 78f).

Tabelle 1: Physische Stressoren während extremer Ausdauerbelastungen (Häuser, 1991)
Körpergewebe Stressoren
Muskeln: Verspannungen, Risse, Krämpfe
Sehnen: Reizzustände, Rupturen
Knochen: Periostitis, Ermüdungsbrüche
Haut: Rötungen, Blasen, wunde Stellen
Nerven: Druckschäden
ZNS: Müdigkeit, Erschöpfung, Hitzschlag, Sonnenstich
Tabelle 2: Psychische Stressoren während extremer Ausdauerbelastungen (Häuser, 1991)
Art der Störung Stressoren
Kognitive Probleme Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, Langeweile, Monotonie
Emotionale Probleme Depressive Phasen bzw. euphorische Zustände, negativ getönte Emotionen wie Ärger, Enttäuschung, Motivationsprobleme
Bewusstseinsstörungen Desorientiertheit, Verwirrtheit
Wahrnehmungsstörungen Illusionen, Halluzinationen

3.3 Bewältigungsstrategien

Die Bewältigung von kritischen Wettkampfsituationen entscheidet über die individuellen psychischen Fähigkeiten und darüber hinaus, über Sieg oder Niederlage. So empfiehlt sich beim Bewältigen von psychischen Stressoren eine entsprechende Vorbereitung mit geeigneten Bewältigungsstrategien (vgl. ebd. S. 79).

Eine Unterteilung der Strategien ist in emotionsbezogene, kognitionsbezogene und handlungsbezogene Strategien möglich.

Emotionsbezogene Strategien wären zum Beispiel der Aufbau positiv getönter Emotionen (Freude, Zuversicht, Stärke) mittels persönlichem Mut machen, Anfeuerung, Vorfreude, oder aber auch der Abbau negativ getönter Emotionen (Ärger, Enttäuschung, Aggressivität) mittels innerer Beruhigung oder Appell zur Ordnung. Weiter zählt darunter der Aufbau emotionaler Grundlagen zum Durchhalten mittels aktiver Maßnahmen (ich will kämpfen, mein Letztes geben) oder passiver Strategien wie Hinnehmen, Ertragen, Erdulden.

Zu den Kognitionsbezogenen Strategien zählt sich Mut zusprechen, ignorieren, sich abfinden, an irgendetwas anderes denken, sich konzentrieren.

Die handlungsbezogenen Strategien beinhalten zum Beispiel Sitzposition auf dem Rad ändern, Abrollbewegung des Fußes ändern, Geschwindigkeit reduzieren, Atemrhythmus ändern (vgl. ebd. S. 82).

Um nochmal abschließend festzuhalten gilt es bei einer psychologischen Vorbereitung drei Merkmale zu berücksichtigen. Erstens, den mehrfachen Belastungswechsel und dadurch die vielfältigen Belastungsformen, sowie zweitens die Belastungsdauer und drittens die situativen Besonderheiten. Über der psychischen Bewältigung dieser Herausforderungen gilt allgemein das Ziel, das Selbstbewusstsein der Triathletin und des Triathleten zu steigern und das Selbstvertrauen in den Körper sowie der (erlernten) Voraussetzungen zu geben (vgl. ebd. S. 78+82).

Copingstrategien (vgl. Stoll und Ziemainz 1994, S. 253ff)
Situation Strategie Ziel
Einhalten/Nichteinhalten eines taktischen Zeitplans Informationssuche, Einsatz taktischer Mittel Leistungseinteilung, Reserven speichern
Gegnerkontakt Umbewertung, Abreaktion Abwertung des Gegners, Aufwertung der eigenen Leistungsfähigkeit, Wiederherstellen des psychophysischen Gleichgewichts, bessere Konzentration
Eine Lücke reißt auf und kann nicht geschlossen werden Konzentrationsstrategien, Einsatz taktischer Mittel Taktisches Einteilen des Rennens
Physiologische Probleme Informationssuche, “passive Strategien” Aufklärung der Situation, Kontrolle wiedererlangen



Zwei Arten von Bewältigungsstrategien:

1. Situationsbezogene, „aktiven“ Bewältigungsstrategien: Infosuche, Motivation, Konzentration - subjektiv kontrollierbar (z.B. Zeitplan)

2. Emotionsregulierende, „passive“ Copingstrategien: Umbewertung, Abreaktion - subjektiv wenig kontrollierbar (Physiologische Probleme oder Wechselprobleme)


Die Bewältigungsstrategie ist erfolgreich, wenn für die Athletin, für den Athleten
(1) der Erfolg in der Handlungsausführung zu erkennen,
(2) die Situation positiv beeinflusst, oder
(3) das psychophysische Gleichgewicht wiederhergestellt ist.

verfasst von Ruven Limprecht

4. Emotionale Belastung am Beispiel Angst

Abbildung 7: Die lähmende Wirkung von Angst (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-photo/fear-ball-on-leg-concept-1059518747)

Es hat sich gezeigt, dass Einzelsportler*innen generell vor, während und nach einem Wettkampf mehr Angst empfinden als Mannschaftssportler*innen. Ein Grund hierfür ist, dass bei Sportarten wie Triathlon, Tennis und Snooker das Gefühl der Isolierung und Exposition wesentlich stärker ist als in der relativen großen Anonymität von Mannschaftssportarten (Trainingsworld, 2019).

4.1 Aufkommen von Angst

1. Auf der kognitiven Ebene – d.h. durch bestimmte Gedankenprozesse;
2. Auf der somatischen (körperlichen) Ebene – d.h. durch physiologische Reaktionen;
3. Auf der Verhaltensebene – d.h. durch bestimmte Verhaltensmuster.

In folgender Tabelle werden typische Symptome für die einzelnen Ebenen aufgelistet. Mit Hilfe dieser Liste können die Angstsymptome im Sport überprüft werden. Nicht alle Reaktionen müssen gleich ein Anlass zur Sorge sein; erhöhte Herzfrequenz, schnellere Atmung und Adrenalinproduktion allein können sich sehr positiv auf die Leistung auswirken.

Treten jedoch zusätzlich andere der hier aufgeführten somatischen Symptome und kognitiven Reaktionen auf, bedeutet dies, dass aus Nervosität Angst geworden ist. Dann ist unter Umständen die Anwendung entsprechender Bewältigungstechniken erforderlich. Der Trick bei der Sache ist, psychisch positiv eingestellt zu sein, ohne negativen Stress zu empfinden (Trainingsworld, 2019).

Tabelle 3: Ebenen der Angst
Kognitive Ebene Somatische Ebene Verhaltensebene
- Unentschlossenheit
- Gefühl der Verwirrung
- Gefühl der Schwere
- Negative Gedanken
- Schlechte Konzentration
- Reizbarkeit
- Furcht
- Vergesslichkeit
- Vermindertes Selbstbewusstsein
- Defätistische Äußerungen
- Gefühl der Schwäche
- Ständige Unzufriedenheit
- Unfähigkeit Anweisungen auszuführen
- Vermeidungsgedanken
– Erhöhte Atemfrequenz
– Schwitzen
– Adrenalinstoß
– Trockener Mund
– Zittern
– Ununterbrochenes Reden
– Erröten
– Auf- und Abgehen
– Gähnen
- Verzerrte Stimme
– Übelkeit
– Appetitverlust
– Schlaflosigkeit
– Nägelkauen
– Trägheit
– Verkrampftheit
– Übervorsichtigkeit
– Mechanische Handlungen
– Introvertiertheit
– Untypische Anflüge von Extrovertiertheit
– Nervöse Unruhe
– Vermeidung von Augenkontakt
– Hand vor dem Gesicht

Die Voraussetzung für eine optimale psychische Einstellung ist das Wissen, wie die normale Reaktion auf Stress ist und das genaue Hören auf die Signale des Körpers. Um die Wettkampfanforderungen bewältigen zu können, sollten das Denkmuster und die Körperreaktionen bekannt sein und die notwendigen Fähigkeiten entwickelt werden, um die optimale Leistung zeigen zu können. Stress-Management erfordert eine sehr gute Selbstwahrnehmung, denn erst wenn der Körper bekannt ist, kann der Grund für die eigene Angst besser nachvollzogen werden (ebd.).

verfasst von Ruven Limprecht

Ausblick

Um einen Bezug zu Bewältigungsstrategien im Triathlonsport aufbauen zu können, war der Wunsch direkt in Kontakt mit Athletinnen und Athleten zu treten. Hierfür war unter anderem der Kontakt zum Triathlon Team DSW Darmstadt hergestellt, der sich als größten Triathlonverein in Deutschland darstellt (https://www.triathlon-darmstadt.de/verein/profil/). Auch der Kontakt zu einzelnen Triathleten, die in der 1. deutschen Triathlon Liga aktiv sind oder auch als Altersklassenathlet am Triathlon teilnehmen, ist zustande gekommen. Die Überlegung ging weiter über eine Befragung mithilfe eines Fragenkatalogs oder über das Ausarbeiten eines Leitfadens für Interviews (Gefahr beim Interviewen: Es ist subjektiv, verbale Rekonstruktionen ist personenabhängig).

Geplant war die Konfrontation mit der Thematik: Kritische Situationen und deren Bewältigung. Dieses Thema hatte ausschließlich positive Rückmeldungen als Reaktion. Als Grundlage der Befragung sollte der „Fragebogen zum Athletenverhalten in kritischen Wettkampfsituationen (FAV)“, erarbeitet von Sören D. Baumgärtner (2012), herhalten. Dieser Fragebogen ist mit verschiedenen Skalen entwickelt worden, wie zum Beispiel die emotionale Beanspruchung oder die Stressbewältigung. Allerdings konnte die Befragung nicht mehr im Rahmen dieser Bearbeitung stattfinden. So folgen nun mögliche Ergebnisse, die verdeutlichen können, wo die Notwendigkeit von psychischem Training, aber auch die Abhängigkeit von Emotionen beim Sport liegen.

Die richtige Passung zwischen Anforderung und Fähigkeit als Voraussetzung für positive emotionale Erfahrungen und insbesondere Flow galt es zu Hinterfragen. Dies tat Thomas Brandauer et al. von der Technischen Universität München unter der Thematik: Emotionale Erfahrungen in der leichten Buckelpiste. Es wurden die signifikanten Zusammenhänge zwischen der Einschätzung der Herausforderung und der Intensität bestimmter Emotionen nachgewiesen. Je höher die Herausforderung eingeschätzt wurde, desto intensiver wurde die Emotionen Angst und Freude erlebt. Umso positiver wurde die Erfahrung bewertet, je besser die Bewältigung gelang. Bei einer zeitnahen Befragung war die Intensität der flow-förderlichen Gefühle (Freude, Selbstvertrauen) sehr hoch (Brandauer et al. 2008).

In der Ausarbeitung von Julia Schüler wird das Flow-Erlebnis als ein optimaler motivationaler Zustand beschrieben, der mit hoher Leistung im Sport assoziiert wird. Die Arbeit „Leistungsmotiv-Inkongruenz und Flow-Erleben“ thematisiert die Beeinträchtigung von leistungsthematischen und andersthematischen Sportsituationen durch ein Flow-Erleben (Schüler, 2008).

Mit der Begrifflichkeit: Bewältigungstechniken in kritischen Situationen, setzten sich Nadine Mewes und Michael Kellmann auseinander. Im Sport ergeben sich aus dem Spielverlauf kritische Situationen, die zu einer psychischen Belastung führen und daher den Spielverlauf beeinträchtigen können. Um diesen Leistungsabfall zu verhindern, stellte sich das Team die Frage nach der Bewältigung von kritischen Spielsituationen. Nach der Auswertung der Antworten sind die häufigsten Techniken bei eigener Unzufriedenheit „neu konzentrieren“ und „sich selbst anfeuern“. Bei Leichtsinnsfehlern ist als Antwort „an nächste Situation denken“ hinzugekommen. Als Ergebnis wird festgehalten, dass der Einsatz von Bewältigungstechniken stark situationsabhängig ist. Sowie als Technik auf die Motivierungs- und Konzentrationsstrategie oder auf taktische Mittel zurückgegriffen wird, so werden auch Selbstdarstellungstechniken eingesetzt, oder die Bedeutung der Situation wird heruntergespielt (Kellmann und Mewes, 2008).

Stoll und Ziemainz (1995) habe sich auch die Frage der kritischen Situationen gestellt, allerdings mit dem Fokus auf den Langstreckenlauf. Die empirische Studie zeichnet unter anderem die Angst vor Misserfolg (zum Beispiel Erwartungsdruck, Motivationsprobleme, störende Kognitionen, zu hohes Anfangstempo, taktische Probleme, Lücke reißt auf, Überholtwerden, verlorener Zweikampf, Einsamkeit) auf. Allerdings auch physiologische Probleme (zum Beispiel Seitenstechen, Magen-/Muskelkrämpfe, Hitze) (Stoll & Ziemainz, 1995).

verfasst von Ruven Limprecht

Themenvorschläge für Folge-Wikis

  1. Bewältigungsstrategien (Copingstrategien) und deren Auswirkung im Sport
  2. Intersubjektive Emotionalität im Tanz (Durch Eigenbewegung andere bewegen)
  3. Emotionale Belastung im Sport
  4. Messbare Einflüsse von Emotionen im Sport


Fazit und eigener Standpunkt

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bewegungen und Emotionen in einer engen Wechselwirkung zueinander stehen. Sie scheinen wie zwei Seiten von ein und derselben Sache zu sein. Es ist zwar ohne Probleme möglich sie getrennt voneinander zu betrachten und zu beschreiben, aber so wie der aktuelle Stand der empirischen Forschung nahelegt, können sie nicht unabhängig voneinander auftreten. Diese bahnbrechende Erkenntnis sollten wir uns zu Herzen nehmen und die auftretenden Konsequenzen positiv für unser Leben nutzen. Das vermittelte Theoriewissen ist zwar äußerst spannend, dient allerdings keinem praktischen Zweck, wenn wir es nicht wirklich begreifen und anwenden. Welche Affekte wollen wir bei uns intensivieren und frequentieren? Welche Art von Erinnerungen soll häufiger in unser Bewusstseinsfeld treten und damit auf unsere Entscheidungen einwirken? Wie diese Arbeit gezeigt hat, haben wir durch die Bewegungen mit einer geeigneten Bewegungsform oder –qualität ein funktionierendes Werkzeug um an diesen Stellen einzugreifen. Des Weiteren sollten wir uns häufiger fragen: Welche Emotionen brauche ich, um eine bestimmte Bewegungsaufgabe zu meistern? Mit welchem Mindset erreiche ich einen derartigen emotionalen Zustand?

Abschließend möchte ich noch eine etwas allgemeinere Empfehlung aussprechen, da wir nur das, was wir tatsächlich verstanden und erkannt haben, zu unseren Gunsten beeinflussen und verändern können. Wir sollten daher versuchen den Alltag, die sportlichen Betätigungen, die stressauslösenden Krisensituationen und alle weiteren stärker oder schwächer emotionsbeladenden Situationen bewusst zu durchleben und das Wechselspiel von Bewegungen und Emotionen wirklich wahrzunehmen. Nur so erschaffen wir den Rahmen für unsere persönliche Weiterentwicklung.

verfasst von Kea Busemann

Fragen

  1. Wie werden geeignete Bewältigungsstrategien für psychische Stressoren unterteilt?
  2. Was ist beim Triathlon die umstrittene vierte Disziplin und warum sollte sie trainiert werden?
  3. Was versteht man unter dem KMP und was ist das Ziel dieses Systems?


alternativ mit Show-Button:

<spoiler | 1. Wie werden geeignete Bewältigungsstrategien für psychischer Stressoren unterteilt?> Eine Unterteilung der Strategien ist in Emotionsbezogene, Kognitionsbezogene und Handlungsbezogene Strategien möglich. </spoiler>

<spoiler | 2. Was ist beim Triathlon die umstrittene vierte Disziplin und warum sollte sie trainiert werden?> Die 4. Disziplin ist der Wechsel zwischen den einzelnen Sportarten. Die subjektiven Rituale und Vorgehensweisen beim Wechsel sollten zur Routine, daher auch in Stresssituationen trainiert werden. Zusätzlich kommen mit dem Sportartenwechsel ein Wechsel in der Bewegungsform hinzu. </spoiler>

<spoiler | 3. Was versteht man unter dem KMP und was ist das Ziel dieses Systems?> Das Kestenberg-Bewegungsprofil (KMP = Kestenberg Movement Profile) ist ein Bewegungsanalysesystem, mit dem Ziel „differenzierte Vorhersagen für den Einfluss von Bewegung auf Kognition und Affekt ableiten [zu können]“. </spoiler>


Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

Icon eMotion: https://www.shutterstock.com/de/image-vector/silhouette-jumping-man-freedom-concept-vector-629365622 (Zugriffsdatum: 30.01.2020) Abgewandelt von K. Busemann

Abbildung 1: The readout process: Source, target, and function served. (Quelle der originalen Tabelle: Buck, R. (1985). Prime theory: An integrated view of motivation emotion. Psychological Review.)

Abbildung 2: Yoga als Form der Verkörperung (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-photo/woman-practicing-warrior-yoga-pose-outdoors-174996662)

Abbildung 3: Triathlon als Treffpunkt von Bewegungen und Emotionen (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-photo/triathlon-sport-banner-man-running-swimming-1421726720)

Abbildung 4: Triathlon Disziplin Schwimmen (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-vector/triathlon-activity-icons-swimming-running-bike-1071639698) Abgewandelt von K. Busemann

Abbildung 5: Triathlon Disziplin Radfahren (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-vector/triathlon-activity-icons-swimming-running-bike-1071639698) Abgewandelt von K. Busemann

Abbildung 6: Triathlon Disziplin Laufen (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-vector/triathlon-activity-icons-swimming-running-bike-1071639698) Abgewandelt von K. Busemann

Abbildung 7: Die lähmende Wirkung von Angst (Quelle des Originals: https://www.shutterstock.com/de/image-photo/fear-ball-on-leg-concept-1059518747)

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