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ML2201 Bewegungsvorstellung / Mentales Training

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MODUL ICON Icon Mentales Training
Modul-Titel ML2201 [Mentales Training/Bewegungsvorstellung]
Veranstaltung Motorisches Lernen
Autor Dogan, E.; Zimmermann, H.; Bohlmann, T.; Schultz, R.
Bearbeitungsdauer 45 Minuten
Präsentationstermin 11.07.2022
Status in Bearbeitung
Zuletzt geändert 25.07.22

Einleitung

Das Erlernen einer motorischen Fähigkeit, dem Ablauf einer Bewegung, wird als motorisches Lernen bezeichnet (Seitz, 2001). Um den Ablauf einer Bewegung zu verinnerlichen, also zu lernen, bedarf es praktischem Training. Im folgenden Projekt wird gezeigt, dass man sich durch geeignetes Mentales Training spürbar in der Praxis verbessern und den Lernprozess verfeinern kann. Somit ist Mentales Training ein wichtiger Bestandteil des motorischen Lernens.

Zwar klingt es erstmal recht realitätsfern, die Verbesserung von praktischen Bewegungen, sogar messbaren Muskelaufbau, durch Mentales Training beobachten zu können (siehe auch Wiki Mentales Training WS19), jedoch ist diese Art von Training in Verbindung mit praktischen Übungen auch bei Leistungssportlern bekannt und in Verwendung.

Der Beitrag behandelt die angepasste Anwendung von Mentalem Training bei der Wettkampfvorbereitung, sowie beim Training, bei spezifischen Sportarten wie Tanzen und bei der Rehabilitation. Insbesondere wird ein Auge auf das sogenannte Ideokinetische Konzept geworfen, welches Herr Martin Puttke durch eigene Erfahrung entwickelt und vorgestellt hat.

Dogan, E.

Grundlagen

Grundformen

Laut Eberspächer (2012) lässt sich Mentales Training in drei Grundformen aufteilen.

Das subvokale Training beschreibt ein Selbstgespräch, welches das Durchsprechen des Bewegungsablaufs beinhaltet. Bei dem verdeckten Wahrnehmungstraining soll die trainierende Person vor ihrem inneren Auge abspielen lassen, wie die Bewegung aussieht. Dabei betrachtet sie external sich selbst oder eine eigene Person bei der gezielten Bewegung und erreicht damit einen Perspektivenwechsel. Durch internales Hineinversetzen in die Bewegung sorgt das ideomotorische Training für ein kinästhetisches Nachempfinden des Aktes.

Dogan, E.

Aufbau

Es gibt vier Schritte für den Aufbau eines Mentalen Trainings (Eberspächer, 2012), die in der Abbildung rechts visualisiert werden. Dabei bedarf es einer lauten, detaillierten (1) mündlichen und schriftlichen Beschreibung der Technik und der Bewegung in Ich-Form. Als Maß wird mindestens ein DIN A4 Blatt erwartet. Darauf folgend soll diese Beschreibung (2) mental, beziehungsweise subvokal so lange eingeprägt werden, bis die trainierende Person einen ausführlichen inneren Zeitlupenfilm sehen kann. Bis die Vorstellung ähnlich lange dauert wie die wirkliche Ausführung der Bewegung, werden (3) mentale Beschreibungen von Knotenpunkten der Handlung erstellt, um den Film zu kürzen, also wird eine Informationsreduktion vorgenommen. Für die erstellten Knotenpunkte werden (4) Kurzworte zur symbolischen Markierung (beispielsweise „vor - ran - auf“) erfunden, nun sollte die Dauer der Vorstellung der realen Auführungsdauer exakt entsprechen.

Dogan, E.

Voraussetzungen

Für ein erfolgreiches Mentales Training bedarf es fünf Voraussetzungen laut Eberspächer (2012).

Der Sinn und Zweck des Trainings muss bekannt sein und die betroffene Person sollte sich in einem Entspannungszustand befinden. Es wird vorausgesetzt, dass sie bereits eigene Erfahrung mit der Bewegung hat und eine gute Vorstellungsfähigkeit besitzt, die bei Bedarf selbst trainiert werden sollte. Langfristiger und systematischer Einsatz des vorgeschriebenen Trainings ist eine weitere begründete Grundlage für ein gelungenes Mentales Training.

Guillot und Collet (2010) weisen auf weitere Grundlagen für ein erfolgreiches Mentales Training hin.

In erster Linie sollte diese Art von Training nicht als Ersatz für körperliches Training angesehen werden, sondern als Ergänzung dazu. Die überlegten Instruktionen sollten in ein Skript geschrieben werden, um gründliche und systematische Wiederholung zu erleichtern. Dazu hinzuzufügen ist wie lange und wie oft die jeweiligen Trainings durchgeführt werden sollen. Bei Planung der Dauer und der Anzahl an Versuchen muss unbedingt mentale Ermüdung berücksichtigt werden. Spezifische Knotenpunkte der Bewegung sollten stets berücksichtigt werden und immer im Training vorhanden sein. Es wird empfohlen, eher erfolgreiche Bewegungen vorzustellen und negative Bewegungen nur wenn nötig zu trainieren, hiermit sind beispielsweise spezielle Stressreaktionen und der Umgang mit ihnen gemeint. Räumliche und zeitliche Aspekte müssen stets eng an der realen Ausführung der Handlung angelehnt werden. Trainingsprozesse müssen verfolgt und dokumentiert werden, auch durch Fragebögen, welche die individuelle Vorstellungslebendigkeit überprüfen. Nicht zu Vergessen: Bestimmte Bewegungsaufgaben haben Anforderungen, wie vorherige Informationen, welche in die Bewegung einfließen. Inwiefern beispielsweise die Technik des nächsten Aufschlags verändert wird muss durch visuelle und akustische Informationen entschieden werden.

Dogan, E.

Praktische Anwendung

Im Sport

Mentales Training ist natürlich nicht nur theoretisch gut für das motorische Lernen, in der Anwendung im Sport findet es schon lange und vor allem immer mehr seinen Nutzen.

Mit immer mehr steigender physischer Leistung, die vor allem im Spitzensport immer enger wird, wodurch auch einen höhere physische Belastung kaum noch möglich ist, spielen psychologische und mentale Aspekte eine immer größere Rolle. So kann das Mentale Training im Trainingsprozess mit eingearbeitet werden, um noch bessere Effekte zu erzielen und auch als Hilfe vor dem Wettkampf verwendet werden. Aber auch zur Steigerung der Motivation kann Mentales Training eine gute Hilfe sein.

Im Training kann das Mentale Training als Unterstützung zusätzlich zum physischen Training durchgeführt werden, zwar bringt Mentales Training allein auch schon etwas, es führt jedoch in Kombination mit normalem Training zum größten Leistungszuwachs. (Hermann, 2015)(Krakolinig, 2012)

Die am meisten angewandte Art des Mentalen Trainings im Sport ist wohl die Bewegungsvorstellung, diese ist besonders bei technisch oder taktisch herausfordernden Sportarten sehr hilfreich, wie z.B. im Wasserspringen oder Spielsportarten. Dort stellt sich der/die Sportler*in vor seinem geistigen Auge vor wie er/sie diese selbst macht. Dabei sollten möglichst viele Sinnesmodalitäten mit einbezogen werden. (Hermann, 2015)(Wieser, 2013) Also neben der Bildlichen Vorstellung, sich auch vorstellen wie sich die Bewegung anfühlt (kinästhetisch), aber auch akustische, taktile, auditive Sinnesmodalitäten und sogar Gerüche können und sollten mit einfließen. Dadurch können sich die Bewegungen noch stärker einprägt werden. Das ist nicht so einfach, sich das so im Detail vorzustellen, weshalb dies ebenfalls trainiert werden muss, dass es dann z.B. später vor dem Wettkampf zur Vorbereitung, wo wir später noch dazu kommen, angewandt werden kann.

Schultz, R.

Im Training:

Im Training kann es nun angewandt werden um wie schon gesagt Trainings Prozesse, das Lernen neuer Bewegungen zu unterstützen oder in Trainingszeiten/-perioden, in denen das Physisches Training reduziert werden muss oder soll, dort kann Mentale Training eingesetzt werden.

Zum Beispiel kann Mentales Training auch in Sportarten wie Triathlon wo die Wechsel zwischen den Sportarten eine entscheidende Rolle spielen eingesetzt werden. Dort kann im Training/üben der Wechsel Mentales Training mit eingebunden werden, um einen besseren Übungserfolg zu erzielen. So kann dort begonnen werden sich das Wechsel Prozedere und die einzelnen Schritte erst einmal vor dem eigenen Auge vorzustellen, dies nach und nach mental durchzugehen bevor diese dann Praktisch geübt werden. Damit kann eine höhere Leistung erzielt werden, was hier heißt, eine Verringerung der Zeit beim Wechsel. (Ziemainz, et al., 2003)

Beim Skifahren kann sich die/der Athlet vor dem Training, die Abfahrt nochmal vor Augen führen, wie es sich anfühlen muss, wie die Streckenführung ist, wie es sich anfühlt in die kurve reinzulegen, wie dann die kannten den Schnee greifen und dabei einen bestimmten Ton abgeben. Und dies dann darauffolgend mit einer realen Abfahrt zu komplementiere. (Wieser, 2013)

Genauso kann im Wasserspringen, wenn ein neuer Sprung erlernt werden soll dieser erstmal mit Mentalem Training geübt werden, bevor er wirklich gesprungen wird. In Sportspielen wie z.B. Fußball in denen Taktik eine wichtige Rolle spielt kann Mentales Training für das Taktiktraining eingesetzt werden, auch hier müssen sich die Spieler wieder vor ihrem eigenen Auge die Situation vorstellen und sie durchgehen was passiert, wie es ablaufen soll, könnte… , wodurch die Entscheidungszeit die sehr entscheidend ist und sein kann verkürzt wird und, oder auf Taktische Situationen mehr oder weniger automatisch reagiert wird. (Hermann, 2015)

Wie man sieht, sind die Anwendungsmöglichkeiten im Training sehr vielfältig und können vielfältig eingesetzt werden.

Schultz, R.

Wettkampfvorbereitung:

Zur Wettkampfvorbereitung kann das Mentale Training verwendet werden, um sich z.B. auf bestimmte Bedingungen und Besonderheiten des Wettkampfortes vorzubereiten. Das können Atmosphäre sein, bauliche Besonderheiten Untergrund, wie z.B. die Eisbeschaffenheit einer Bobbahn oder beim Biathlon die Atmosphäre am Schießstand, alles was eben den Einfluss auf die Bewegung hat oder störend ist.(Hermann, 2015)

Wenn wir nun zum Wettkampf kommen, kann dort das Mentale Training vor dem Wettkampf zum Einsatz kommen, um nochmal durchzugehen was wichtig ist. Dabei kann dies auch ein Ritual sein, um sich vorzubereiten um auf den Punkt genau fokussiert zu sein. Es kann sich auch ein vergangener Wettkampf, der sehr gut gelaufen ist vor Augen geführt werden, um sich das Gefühl zu holen, wie es damals war.(Hermann, 2015)(Wieser, 2013)

Dies ist vor allem bei Sportarten weit verbreitet, bei denen Athlet*innen auf den Punkt ihre Leistung bringen und abrufen müssen, wie z.B. das angesprochene Wasserspringen, Diskuswurf oder auch Skifahren. Dort kann z.B. vor dem Wettkampf die Abfahrt Mental nochmal durchgegangen werden, genauso wie oben schon dargestellt mit möglichst vielen Sinndimensionen, um sich auf die Realbedingung, wo es zählt, vorzubereiten.

Schultz, R.

Motivation:

Anhand von Mentalem Training können auch die Motivationale Aspekte beeinflusst werden. Im Leben eines Sportlers gibt es immer wieder Phasen, in denen die Motivation zum Training nicht so hoch ist, um diese zu überwinden kann Mentales Training eingesetzt werden. So kann man sich durch die Vorstellung von z.B. einem gelungenen Wettkampf und das Gefühl was damit verbunden ist, erfolgreich gewesen zu sein, Motivation geholt werden.(Hermann, 2015)

Oder die Ziele die Verfolgt werden, könnten sich vor Augen geführt werden, z.B. wie man bei seinem nächsten Wettkampf die Ziellinie überquert oder sich als Athlet, der eine Olympiamedaille gewinnen möchte, als erster die Ziellinie bei den Olympischen Spielen überquert und sich auf diese Weiße motiviert, sich weiter zu Quälen und zu Trainieren. Dies kann auch während des Wettkampfes angewandt werden, um sich dort weiter zu motivieren weiterzumachen oder sogar noch schneller zu machen.

Mentales Training kann wie gesehen in vielen Bereichen im Sport unterstützen und hilfreich sein, um die Leistung zu steigern, höhere Leistung zu bringen, oder beizubehalten. Mentales Training und Bewegungsvorstellung kann so gut wie in jedem Sport seine Anwendung finden. Besonders verbreitet ist es jedoch in Technischen, Taktischen und vor allem Kompositorischen Sportarten wie z.B. Eiskunstlauf. Welche Anwendungsmöglichkeiten es dort noch gibt wird in einem darauffolgendem Abschnitt noch etwas spezieller eingegangen, wo es um den Einsatz von Mentalem Training im Tanz gehen wird.

Schultz, R.

Ideokinetisches Konzept nach Martin Puttke

Das Ideokinetische Training ist eine Art mentales Training zum Erlernen von Bewegungen von Martin Puttke, dass vor allem seine Anwendung im Ballett findet. Wie es dort seine Anwendung findet, wird später noch genauer beschrieben.

Der Sinn des Ideokinetischen Trainings ist es Repräsentationen im Kopf von der zu erlernenden Bewegung zu schaffen, denn oft werden die Bewegungen einfach nur gemacht, ohne dass sie wirklich bewusst gemacht werden, sodass man auch selbst weiß was überhaupt bei der Bewegung alles gemacht wird, es sollte möglich sein die Bewegungen beschreiben zu können und sie sich selbst vorzustellen. Um das zu erreichen, dass die Bewegung bewusst gemacht wird, sind die Repräsentationen, vor allem richtige Repräsentationen im Kopf ganz entscheidend.

Und um diese Repräsentationen zu erzeugen, vor allem richtig, ist der Aspekt des Tremors ein Hindernis. Der Tremor ist beim Stehen der Effekt, dass wir uns immer leicht bewegen, um das Gleichgewicht zu halten. (Smaga, 2003)

Durch diese Ständige Unruhe durch den Tremor, wird das Denken und die neurokognitiven Prozesse beeinflusst und so überlagert der Schaltkreis, der beim Stehen aktiv ist, den Schaltkreis, der für die zu erlernende Bewegung ausgebildet werden soll.(Shore, 2021) So ist es nicht möglich die Bewegung perfekt und richtig zu erlernen und richtige Repräsentationen im Gehirn zu entwickeln.

Was Martin Puttke nun macht beim Ideokinetischen Training ist, dass man sich, um die Bewegung vorzustellen, erst hinlegen soll. Es sollen alle sensorisch-propriozeptiven Einflüsse ausgeschlossen werden, sodass sich die Bewegung die mental erzeugt werden soll erstmal vom Physischen abgekoppelt wird. Deshalb soll sich locker ohne jegliche Muskelspannung hingelegt werden und dann die Bewegung vorgestellt werden. Es sollen die wichtigen Punkte, die entscheidend sind für die Bewegung herausgearbeitet werden, wodurch man nun in der Lage ist die Bewegung genauer und korrekter erklären zu können. Dadurch, dass das Gehirn im Liegen nicht mit anderen Einflüssen und Ausgleichsbewegungen beschäftigt ist kann die zu erlernende Bewegung ohne Störung im Gehirn abgespeichert werden.

Nachdem das im Liegen gemacht wurde und dort die Bewegungsvorstellung gekonnt wurde, was Phase 1 ist, wird in Phase 2 das Ganze im Sitzen und in Phase 3 im Stehen gemacht. Die Phasen 1 bis 3 finden dabei mit geschlossenen Augen statt um auch visuelle Informationen vorerst vom Prozess abzukoppeln und die Entstehung eines mentalen Bildes der Bewegung zu vereinfachen. In der 4. und letzten Phase werden die Augen geöffnet und die Bewegung in einer abgeschwächten und angedeuteten Bewegungsausführung durchgeführt. Somit kann die Bewegung auch in der Realbedingung durchgeführt werden, jedoch nun unter besseren Voraussetzungen. Es ist deshalb besser, da sich die Repräsentationen und das Verständnis der Bewegungen verbesserte, weil die Repräsentationen vom liegenden zustand in die anderen Phasen übertragen wurden. Die Bewegung ist nun bewusster und abgekoppelt von anderen Informationen, wodurch sie eine höhere Qualität hat.

Durch dieses Training kann eine deutliche Verringerung der eigentlichen Bewegungszeit erreicht werden mit einem gleichen oder sogar besseren Lerneffekt. Die Bewegung muss somit deutlich weniger häufig geübt werden, um den gleichen Übungserfolg oder sogar einen qualitativ besseren Effekt zu erreichen, wie als wenn die Bewegung einfach nur geübt wird ohne Ideokenetisches Training.

Eine Voraussetzung, was entscheidend ist, um das Ideokinetische Training richtig mit Erfolg anwenden zu können, ist, dass die zu erlernende Bewegung vom Trainer/Instruktor genau gekannt und auch verstanden ist. Nur so kann der Instruktor mit dem Probanden die wichtigen Punkte und Merkmale herausarbeiten, die entscheidend sind für die richtige Bewegung, die dann abgespeichert werden und eine Repräsentation im Gehirn bekommen.

Und genau dafür hat Martin Puttke die 7 Morpheme entwickelt, die die 7 Kernelemente von Bewegungen darstellen. Womit dann bei jeder Bewegung die entscheidenden Punkte und Merkmale, die während des Ideokinetischen Trainings zu erarbeiten sind, Beachtung finden und anhand diesen erkannt werden können. Diese 7 Morpheme werden hier jedoch nicht ausführlich bearbeitet, was jedoch ein interessantes Thema wäre, was zukünftig noch erarbeitet werden kann.

(M. Puttke, persönliche Kommunikation, 04. Juli 2022)

Schultz, R.

Im Tanzen

Spiegelneuronen als mögliche Voraussetzung für Mentales Training

Anfang der 1990er Jahre wurden sogenannte Spiegelneuronen in dem Gehirn von Schimpansen entdeckt. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl bei der Beobachtung von Handlungen anderer, als auch bei der eigenen Ausführung dieser Handlung aktiv sind und feuern. Entdeckt wurden diese eher zufällig. Man beobachtete, dass bestimmte Nervenzellen in der prämotorischen Hirnrinde des Schimpansen bei zwei verschiedenen Ereignissen feuerten. Zum einen feuerten diese als der Schimpanse nach einer Nuss griff. Zum anderen feuerten sie auch, als er den Versuchsleiter dabei beobachtete wie dieser nach einer Nuss griff. Somit war es für diese Neuronen des Affen beim Beobachten so, als ob der Affe selbst die Handlung ausführen würde. Auffallend war jedoch, dass sich die Aktivierung der Neuronen verringerte, wenn der Versuchsleiter mit einer Zange nach der Nuss griff. Daraus schloss man, dass die neurologische Aktivität dann auftritt, wenn die motorische Handlung genau wie beobachtet selbst ausgeführt werden kann. Im prämotorischen Kortex gibt es auch audiovisuelle Spiegelneuronen. Diese feuern bei dem Klang oder beim Sehen von einer bestimmten Handlung, wie bei dem Knacken einer Nuss. Diese Neuronenklasse vereint somit multimodale Informationen und hat auch motorische Eigenschaften. Man denkt, dass wir zum Beispiel die Mimik unsere Mitmenschen durch die Aktivierung der Spiegelneuronen und das daraus resultierende eigene Nachempfinden besser verstehen können. Wenn wir zum Beispiel jemand Nahestehenden weinen sehen, sorgen die Spiegelneuronen dafür, dass wir eben diese Gefühle spiegeln und miterleben. Ein weiterer Aspekt, für die die Neuronen verantwortlich sein könnten, ist, die Imitation von Bewegungen (Geraedts, 2019). Eine Studie im Bereich Tanz, auf die später zurückgekommen wird, deutet darauf hin, dass die Spiegelneuronen die beobachteten Bewegungen mit den internen Repräsentationen abgleichen, anstatt auf die reine Kinematik der Bewegung zu reagieren. Auch hier führen die Spiegelneuronen somit wahrscheinlich zu einem Bewegungsverständnis (Hamzei & Grieshammer, 2011). Eine andere Studie kommt zu einem interessanten Ergebnis. Dort wurde geschlussfolgert, dass diese Neuronen das Ziel, bzw. die Intention der Bewegung erkennen. Auch wenn das Ziel der Bewegung verdeckt war (z.B. die Tasse beim Greifen danach) feuerten die selben Neuronen (Umiltà et al., 2001). Diese Prinzipien lassen sich auf die Imagination von motorischen Handlungen ausweiten. Allein bei der bloßen Bewegungsvorstellung werden Neuronen aktiviert, die auch bei der Ausführung dieser Bewegung aktiv sind. Hier schließt sich der Kreis zwischen Spiegelneuronen und Mentalem Training (Binkofski et al., 2004).

Zimmermann, H.

Wirksamkeit von Mentalem Training abhängig von Expertise

Studien an Tänzern zeigen, dass die Aktivität des Gehirns bei der Bewegungsbeobachtung abhängig von der Expertise und dem motorischen Repertoire des Beobachters sind. In einer Studie von B. Calvo-Merino et al. (2004) wurden hierfür professionelle Balletttänzer, Capoeiratänzer und eine Kontrollgruppe mit Hilfe eines fMRT Scanners untersucht. Jeder Gruppe wurden kurze Videos von einzelnen Tanzbewegungen aus dem Ballett-und Capoeiratanz gezeigt. Die Bewegungen aus den beiden Bereichen hatte jeweils ein Komplement im anderen Tanzbereich, sodass sich immer zwei Bewegungen kinematisch ähnelten. Die Probanden schauten sich diese Videos an während sie in einem fMRT Scanner lagen. Motorische Gehirnbereiche zeigten Aktivität, die bei der Vorbereitung und die Ausführung von der Bewegung ebenso aktiv sind. Dabei fand man einen Unterschied in der Gehirnaktivität von Tänzern, die Expertise in dem Tanzbereich hatten und denen, die dem anderen Tanzstil zugehörig waren. Dieser Expertiseeffekt zeigte sich in der Aktivierung des prämotorischen Kortex und weiteren Gehirnbereichen. Das sind die klassischen Bereiche für Spiegelneuronen im Gehirn. Die Reaktion dieser Bereiche war demnach abhängig von der speziellen motorischen Expertise des Beobachters. Das ist ein Hinweis darauf, dass die beobachtete Bewegung im motorischen Repertoire repräsentiert wird, wenn der Beobachter die motorischen Fähigkeiten bereits besitzt, diese Bewegung selbst auszuführen. Ein weiteres Indiz, was dafür spricht, ist, dass die Kontrollgruppe gar keine motorischen Erfahrungen zeigten. Daraus schloss die Studie, dass Bewegungsbeobachtung zu einer internen motorischen Simulation der Bewegung führt. Diese Studie könnte demnach schon einen Hinweis darauf geben, warum Mentales Training vor allem bei Bewegungen, die einem bekannt sind, und nicht etwa bei unbekannten Bewegungen funktioniert.

Zimmermann, H.

Anwendung von Mentalem Training im Tanz

Im Tanzen finden sich zahlreiche Anwendungen des Mentalen Trainings, basierend auf dem Konzept der Spiegelneuronen, wieder. Eine davon ist das Lernen durch Beobachten. Es ist üblich im Tanztraining, dass sich die Tänzer, die Pause haben, die Bewegungen der Tanzenden auf der Bühne genau anschauen. Als Außenstehender kann man dabei auch beobachten, wie die Tanzschritte nicht nur im Kopf miterlebt und nachempfunden werden, sondern auch, wie die Tänzer diese mit Händen und Füßen andeuten. Das zeigt in der Praxis die enge Verknüpfung von Bewegungsbeobachtung und eigenem Ausführen von Bewegungen. Ein weiterer Aspekt ist das gezielt Mentale Training, indem Tänzer Bewegungsabläufe in ihrem Kopf durchgehen. Zum einen wird hier die visuelle Vorstellung benutzt, zum anderen auch die kinästhetische. In der Praxis zeigt sich, dass es für Profitänzer zur Routine gehört, den Tanz oder bestimmte schwierige Stellen vor einer Ausführung im Kopf noch einmal durchzugehen. Eine weitere Art des Mentalen Trainings im Tanzen, die leider jedoch noch nicht all zu häufig angewandt wird, ist das Aufdröseln und Besprechen einzelner technischer Elemente, wie z.B. Drehungen. Diese Art des Mentalen Trainings wurde von Martin Puttke als sogenanntes Ideokinetisches Training entwickelt. Doch der Tanz bietet noch eine weitere Anwendung von mentalen Vorstellungen, die ihn bereichern, die Anwendung von metaphorischen, abstrakten Bildern. Diese weicht von den üblichen Methoden ab. Später wird kurz darauf eingegangen.

Zimmermann, H.

Ideokinetisches Modell nach Martin Puttke - ein Konzept für Mentales Training

Im Tanzunterricht ist es weit verbreitet, dass der Tanzlehrer die zu lernenden Bewegungen vormacht und die Schüler diese nachahmen. Das gelingt jedoch höchstens begabten Schülern auf Anhieb. Das liegt zum Teil daran, dass jeder Körper unterschiedlich ist und auch unterschiedliche anatomische Grenzen aufweist. Vor allem die Bewegungen eines erwachsenen Lehrers lassen sich aus diesem Grund nicht von einem Kind eins zu eins nachahmen. Der Schüler muss selbst für sich einen Weg finden, die Bewegungen auf seinen eigenen Körper zu übertragen. Dass das nicht bei jedem gelingt, ist klar. Martin Puttke, der Ballettpädagoge ist und aus seiner Erfahrung als Schüler zehren kann, hat aus diesen Erkenntnissen aus der Praxis heraus Methoden für seinen Unterricht entwickelt. Für ihn ist der individuelle Körper die Schlüsselfunktion. Im Prozess der Bewegungsübertragung müssen für jeden Körper Veränderungen vorgenommen werden. Dabei hilft ihm sein entwickeltes Konzept der 7 Morpheme und die Anwendung seines ideokinetischen Trainings. In der Praxis fiel ihm auf, dass seine Schüler zwar Bewegungen ausführen, aber diese nicht erklären konnten. Das lag daran, dass sie keine Abbildung der Bewegungen in ihrem Kopf hatten. Jedoch ist diese mentale Repräsentation einer Bewegung essentiell um diese technisch korrekt ausführen zu können. Laut Martin Puttke ist das oft der Part, den begabte Schüler von der Spitze fern hält. Korrekturen können bei komplizierten Bewegungsabläufen nicht angewandt werden, wenn der Schüler keine mentale Repräsentation der Bewegung im Kopf hat, in die er die Korrektur einfügen kann – sie schwebt sozusagen im Leeren und findet keinen Beziehungspunkt. Daher ist das im Tanz weitverbreitete „üben, üben, üben“ nicht zielführend und sogar kontraproduktiv. Durch das Üben verfestigen sich Ausführungsfehler und statt den eigentlichen Fehler zu beheben, wird oft durch andere Bewegungen kompensiert. Genau dort hat das ideokinetische Modell von Martin Puttke seine Stärke. In der mentalen Repräsentation werden durch dessen Verbalisierung und Besprechung mit einem erfahrenen Trainer die Fehlerquellen identifiziert und dort direkt verbessert und ins mentale Bild eingebettet. Durch „Nichts-tun“ (kein physisches Ausführen) wird die Bewegung merklich qualitativ verbessert, indem das Augenmerk besonders auf die Schnittstellen einer Bewegungsfolge gelegt wird. Nach den bereits oben dargestellten erfolgreich ausgeführten 4 Phasen zeigen sich diese Fortschritte (bessere technische Ausführung der Bewegung und präzisere Ausführung der Schnittstellen im Bewegungsablauf) beim Austanzen mit mittlerer Kraft und Musik schon bei 5 Durchgängen, berichtet Martin Puttke. Solch ein Vorgang dauert teilweise 15 Minuten. Ein besonderer Erfolg, den ein Schüler Martin Puttkes dabei erzielte, war zum Beispiel, Pirouetten beidseitig gleich gut hinzubekommen. Das ist selten, da die meisten Tänzer eine Lieblingsseite haben. Wichtig bei der Anwendung des Trainings ist jedoch die Expertise des Lehrers. Dieser muss genauestens über die technischen Abläufe der Schaltstellen Bescheid wissen und diese mit dem individuellen Körper des Schülers in Zusammenhang bringen. Somit muss dem Lehrer zum Beispiel die Auswirkungen von leicht unterschiedlich langen Beinen oder sogenannten „Säbelbeinen“ bewusst sein und wissen, wie man diese ausgleicht. Hierbei ist die Kenntnis über die 7 Morpheme elementar. Dieses Konzept ist jedoch noch unbekannt und stellt ein neues bewegungsanalytisches und trainingsmethodisches Verfahren dar (M. Puttke, persönliche Kommunikation, 27. Juli 2022). An diesem könnte sich der Lehrer bei der Korrektur entlang hangeln. Sobald eines dieser Morpheme nicht richtig angewandt wird, verliert die Bewegung an technischer Präzision. Besonders essentiell im Tanzen sind Morphem 1, der Körperschwerpunkt und Morphem 7, die Wendung des Rumpfes, die auch eng miteinander verknüpft sind. Die Idee der Reduktion unserer Bewegungsvielfalt auf Basiselemente gibt es in der Wissenschaft unter anderem schon in dem Basic Action Concept von T. Schack von der Uni Bielefeld. Dort jedoch fehlt die Verbindung zu didaktischen Methoden, wie das bei M. Puttke der Fall ist. Außerdem hat Martin Puttkes Konzept noch zusätzlich das siebte Morphem. Es bezeichnet die menschliche Fähigkeit den Rumpf bei gleichbleibender Beinposition zu drehen, was auf Grund unserer Hüftgelenke als „Angelpunkte“ gelingt. Im Tanz findet diese Bewegung häufig, sowohl am Boden als auch bei Sprüngen in der Luft, statt. (M. Puttke, persönliche Kommunikation, 04. Juli 2022)

Zimmermann, H.

Imaginationsverfahren – zugehörig zu Mentalem Training?

Um die Korrekturen für das Gegenüber intuitiv verständlich zu machen, benutzt Martin Puttke zusätzlich zu seinem Training auch metaphorische Bilder. Um zum Beispiel den Körperschwerpunkt bei einem Sprung zu verändern, überlegt er sich ein Bild für die Korrektur, um den Fokus zu externalisieren. Damit liegt die Aufmerksamkeit nicht auf dem Problem selbst, sondern baut darauf, dass sich der Körper nach einem externen Fokus selbst richtet. Wenn der Oberkörper bei einem grand jeté (Spagatsprung) zu weit nach vorne gebeugt ist um dadurch die Vorwärtsbewegung zu unterstützen, führt das zu einem Energieverlust des hinteren Absprungbeines, da der Körperschwerpunkt (Morphem 1) nicht mehr in der Mitte liegt (s. linkes Bild). Anstelle dies zu benennen und den Schüler zu überfordern, konzipiert Martin Puttke das Bild davon „den ganzen Boden beim Sprung mitzunehmen“ und sagt „der Boden hängt an deinem Fuß und du nimmst ihn mit“. Dabei darf sich der Schüler nicht in der Irrationalität dieses Bildes verlieren, sondern muss dieses Bild direkt probieren auszuführen. Dieses Bild funktioniert, da der Körper es gewöhnt ist, beim Tragen von schweren Dingen diesen Schwerpunkt so nahe wie möglich zur Körpermitte zu bringen. Das selbe wendet er beim Sprung an, und der Oberkörper ist plötzlich aufgerichtet, ohne dass sich der Tänzer bewusst darüber geworden ist (s. rechtes Bild). Der Körper passt sich intuitiv an das Bild an. Gleichzeitig verdeutlicht dieses Beispiel die Kritik Martin Puttkes an falsch angewandten Imaginationsverfahren, die sowohl im Tanz als auch in anderen Bereichen im Sport vielfältig angewandt werden. Diese Form der mentalen Vorstellung muss mit akkurater Technik, wie in dem Beispiel verdeutlicht, unterfüttert werden. Eine teilweise angewandte mentale Vorstellung des Bildes einer Rakete im Hintern um möglichst hochzuspringen, ist somit kein effizientes Bild. Die Technik die hinter einem Absprung steckt, wird dadurch zerstört. Bei der mentalen Vorstellung des Bildes würden wohl die meisten sich vorstellen, wie diese Rakete losdüst, sich die Beine sofort aus dem Plié (gebeugte Knie zur Vorbereitung eines Sprungs) strecken und die Landung, die ein wesentlicher Part des Sprunges ist, ganz vergessen. Technisch präzise und besonders effektiv ausgeführt wird ein Sprung jedoch dann, wenn sich die Beine erst während des Sprunges vollständig strecken. Sowohl die Anwendung des ideokinetischen Trainings als auch die Anwendung von metaphorischen Bildern im Mentalen Training sind also nur dann förderlich, wenn der Bewegungsablauf mit all seinen technischen Merkmalen bekannt ist und mit einbezogen wird. (M. Puttke, persönliche Kommunikation, 04. Juli 2022)

Das ideokinetische Modell Martin Puttkes ist vor allem in Kombination mit der Kenntnis über die 7 Morpheme wirksam und erzielt in der Praxis wesentliche Verbesserungen, die mit herkömmlichem Training kaum oder überhaupt nicht erreicht werden können. Gerade in technischer Präzisionsarbeit, wie sie im Ballett benötigt wird, ist dieses Training wichtig und erfolgsversprechend. Dennoch wird es kaum in der Praxis angewandt, da die Überführung in die Didaktik fehlt. Hier zeigt sich wieder, dass die Rolle von Mentalem Training unterschätzt und noch zu wenig angewandt wird. Jedoch stellt sich die Frage, wo die Grenzen des Mentalen Trainings verlaufen. Das eben erwähnte Imaginationsverfahren wird oft gleichzeitig zu der physischen Bewegung angewandt, also wird das Bild mental erzeugt und abgerufen, während die Bewegung physisch ausgeführt wird. Anders ist es in den 4 Phasen des Ideokinetischen Modells, die definitiv zu Mentalem Training zugeordnet werden können, wo die mentale Repräsentation der Bewegung gezielt abgekoppelt wird von der Physis und der sensorischen und propriozeptiven Wahrnehmung. Im Imaginationsverfahren allerdings verschwimmen die Grenzen zwischen mentaler Vorstellung und Bewegungsausführung.

Zimmermann, H.

Rehabilitation

Bewegungsvorstellung als Therapie

Bewegungsvorstellung und Mentales Training wird seit Jahren erfolgreich im Leistungssport angewendet, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Aber auch therapeutisch wird es bei Patienten in den letzten Jahren immer mehr mit Erfolg praktiziert, um Schmerzen zu lindern, oder Bewegungen wieder zu erlernen. Selbst Patienten mit einem Schlaganfall sind in der Lage sich Bewegungen von beiden Armen vorzustellen, insbesondere auch, wenn sie unter einer Hemiplegie leiden (Johnson SH, Sprehn G, Saykin AJ, 2002). Sowohl ein verbessertes Körpergefühl, als auch eine verbesserte Motorik sind die Folgen. Es ist jedoch nicht immer gegeben, dass Patienten in der Lage sind, aufgrund ihrer Krankheit, sich Bewegungen vorzustellen und das Mentale Training kann gar nicht oder nur in abgewandelter Form angewandt werden. Ebenfalls ist die Motivation und der Glaube des Patienten an den Erfolg der Therapie zentral für den Erfolg und gleichzeitig nicht immer gegeben (Dettmers, C., Nedelko, V., 2009). Die Therapie ist deshalb nur bei selektierten Patienten möglich, und auch der Therapeut braucht eine dementsprechende Ausbildung, damit die Therapie erfolgreich sein kann. Passen diese Umstände, kann das aktive Üben zusammen mit dem Mentalen Training mehr Erfolg, als das aktive Übung alleine erzielen. Zudem kann selbst eine abgewandelte Form positive Effekte auf den Zustand der Patienten haben und können therapeutisch eingesetzt werden.

Ramachandran V.S. und Rogers-Ramachandran D. Haben bei Patienten mit einem amputierten Arm eine abgewandelte Form des Mentalen Trainings durchgeführt und konnten zeigen, dass diese in der Lage sind, sich Bewegungen mit dem amputierten Arm vorzustellen und der Phantomschmerz der Patienten konnte verringert werden (Ramachandran, V. S., Rogers-Ramachandran, D., 1996). Die Patienten waren in einer „virtual reality box“. Dafür wurde ein Spiegel parallel zur Sagittalebene vor dem Patienten aufgestellt, sodass dieser seinen gesunden Arm im Spiegel sehen konnte, an der Position, an der sich der andere Arm befinden sollte. Der Patient war in der Lage sich Bewegungen mit der amputierten Hand vorzustellen und die Phantomschmerzen wurden gelindert, solange er die gesunde Hand synchron zu der angestrebten Bewegung im Spiegel bewegte und das Spiegelbild sehen konnte. Dabei stellte er sich die synchrone Bewegung mit dem amputierten Arm vor.

Ebenfalls interessant ist die Hirnaktivität von Patienten im Vergleich zu gesunden Menschen, wenn das relevante Körperteil krankheitsbedingt nicht bewegt werden kann. Patienten mit einer Rückenmarksschädigung und einhergehender Lähmung der Beine sind ebenfalls in der Lage sich Bewegungen ihrer Beine vorzustellen ( Hatem Alkadhi, Peter Brugger, Sabina Hotz Boendermaker, Gerard Crelier, Armin Curt, Marie-Claude Hepp-Reymond, Spyros S. Kollias, 2005) und zeigen eine höhere Gehirnaktivität als gesunde Probanden in den Arealen, die aktiv sind, wenn sich gesunde Probanden Bewegungen vorstellen. Zudem sind auch die Areale aktiv, die für die Ausführung einer Bewegung notwendig sind, welche bei gesunden Personen nicht aktiv sind. Es scheint, als wäre bei gesunden Menschen ein Mechanismus erforderlich, der die Aktivität der motorischen Areale deaktiviert, was bei den Patienten nicht nötig sei.

Bohlmann, T.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es verschiedene Formen des Mentalen Trainings und der Bewegungsvorstellung gibt und jede dieser Formen zur Leistungssteigerung beitragen kann. Jedoch ist die korrekte Ausführung und Einbindung in das Training oder die Therapie wichtig und je nach Situation muss die richtige Variation des Mentalen Trainings angewandt werden. Insbesondere die Bewegungsvorstellung wird im Leistungssport erfolgreich angewandt und ist mittlerweile in einigen Sportarten eine breit akzeptierte Trainingsmethode. Auch in der Therapie von schwerkranken Patienten werden mittlerweile abgewandelte Formen der Bewegungsvorstellung angewandt, wodurch das Wohlbefinden und die körperlichen Fähigkeiten der Patienten gesteigert werden können.

Bohlmann, T.

Literaturverzeichnis

Binkofski, F., Ertelt, D., Dettmers, C., Buccino, G. (2004). Das Spiegelneuronensystem und seine Rolle in der neurologischen Rehabilitation. https://www.hippocampus.de/media/316/cms_4bfcfee5396b8.pdf

Calvo-Merino, B., Glaser, D. E., Grèzes, J., Passingham, R. E. & Haggard, P. (2004, 22. Dezember). Action Observation and Acquired Motor Skills: An fMRI Study with Expert Dancers. OUP Academic. https://academic.oup.com/cercor/article/15/8/1243/304707?login=true

Dettmers, C., Nedelko, V. (2009). Mentales Training und lernen durch Bewegungsbeobachtung. Hippocampus Verlag. https://www.hippocampus.de/media/316/cms_4ac474cdc81b6.pdf

Dettmers, C. (2011). Motorische Therapie nach Schlaganfall. Beltz Verlag.

Eberspächer, H. (2012). Mentales Training. Ein Handbuch für Trainer und Sportler (8. durchgesehene Aufl.). München: Copress.

Geraedts, P. (2020). Motorisches Lernen. In: Motorische Entwicklung und Steuerung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58296-1_6

Guillot, A., & Collet, C. (2010). The neurophysiological foundations of mental and motor imagery. Oxford, UK: Oxford University Press

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Bildnachweise

Abbildung Rechte Name Student:innen
1 (ICON) A Schultz, R.
2 A Dogan, E.
3 A Schultz, R.
4 A Schultz, R.
5 A Zimmermann, H.
6 A Zimmermann, H.

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