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QFM33 Fehlerquellen im Forschungsprozess

Modul-Icon QFM33
Veranstaltung SE Quantitative Forschungsmethoden
Autor Dominik Elberskirch, Lena Krüger, Onur Sariyildiz, Fabian Schmitt
Bearbeitungsdauer 60 Minuten
Präsentationstermin 30.06.2016
Zuletzt geändert 23.06.2016 finalisiert

1 Einleitung

„In der wissenschaftlichen Arbeit treten natürlich Fehler auf. Einerseits, weil man nicht die Fähigkeit hat, das gesamte Forschungsgebiet immer perfekt zu überblicken, also man hat eine beschränkte Sichtweise. Man hat nur beschränkte Zeit und kann damit aus seinem Horizont heraus auch immer nur beschränkte Aussagen treffen.“ (Prof. Dr. Seyfarth, 2016. Interview. Im Gespräch mit Dominik Elberskirch. Darmstadt, 02.06.2016, 12.20 Uhr)

Die Forschung ist eine der bedeutendsten Bestandteile der Wissenschaft. Sie liefert und beantwortet Hypothesen, führt zu Erkenntnisgewinnen und erschafft aus Fragen Antworten. Diese Antworten sollen natürlich belegt und methodisch korrekt ermittelt werden, um möglichst valide Ergebnisse zu erhalten. Dabei ist der Forschungsablauf komplex und bietet einige Schwierigkeiten. Unbewusste Fehlerquellen existieren in großer Menge. Auf die häufigsten Fehler im Prozess des Forschens wollen wir im Folgenden mit dieser Studie näher eingehen und aufmerksam machen. Denn Fehler sind nicht immer einfach zu entdecken und nur die wenigsten werden im Nachhinein auch ehrlich zugegeben.

verfasst von Dominik Elberskirch

Einführendes Beispiel

<note> Hans E. möchte im Rahmen seiner Seminararbeit des Kurses „Quantitative Forschungsmethoden“ mit Hilfe eines Fragebogens die häufigsten Forschungsfehler von TU Studenten aufdecken. </note>

2 Forschungsbedarf

<note> „Hans E. steht am Anfang seines Forschungsprojektes und er überlegt sich ein Thema, welches er interessant findet und fängt sofort begeistert mit der Bearbeitung an.“ </note>

Abb.1: Forschungsprozess (nach Kolleck, 2012, S.9).

Hans E. sollte vorher Folgendes beachten, bevor er zwar mit viel Motivation, allerdings unstrukturiert an die Arbeit geht. Der empirische Forschungsprozess gliedert sich in drei Abschnitte: den Entdeckungs-, Begründungs- und Verwertungszusammenhang. Der Entdeckungszusammenhang ist dem Forschungsprozess vorausgeschaltet. Innerhalb dieses ersten Schrittes soll ein Problem in der Wirklichkeit und das theoretische sowie praktische Forschungsinteresse geweckt werden. Der Forschungsauftrag von externen Auftraggebern spielt dabei ebenfalls eine Rolle. Der Entdeckungszusammenhang befindet sich außerhalb des Begründungszusammenhangs. Der Begründungszusammenhang spiegelt den Forschungsprozess an sich wieder (Siehe Abb. 1). Als dritte und letzte Phase ist der Verwertungszusammenhang zu nennen, welcher Planungen, Maßnahmen, Politik und Publikationen des erarbeiteten Wissens beinhaltet. Auch diese Phase befindet sich außerhalb des Begründungszusammenhangs (Kolleck, 2012, S.9ff.). Der Entdeckungszusammenhang ist der Anlass für eine Untersuchung, der Begründungszusammenhang ist das Methodologische Vorgehen und der Verwertungszusammenhang spiegelt die Auswirkungen einer Untersuchung wider (Schürholz, 2008, S.3).

Um den Forschungsbedarf weiter ermitteln zu können, bedarf es einer Literaturrecherche. Hierbei kann es zu Sortierungs- und Formatierungsfehlern kommen. Deshalb sollte -wie nachfolgend behandelt- mit einer klaren Struktur gearbeitet werden, um keine wichtigen Artikel zu vergessen, oder unabsichtlich außer Acht zu lassen.

Nach Kolleck (2012, S.17) sind folgende Punkte bei dem Prozess der Literatursuche und –auswertung zu beachten:

  1. Zusammenstellung der für das Thema wichtigsten Bibliotheken und sonstigen Auskunftssysteme,
  2. Sammeln und nutzen von Schlagwörtern,
  3. Recherche der brauchbaren Literatur, lokal in Bibliotheken oder im Internet,
  4. Finden des Standorts der Literaturangaben und Ausleihe,
  5. Ergänzen der Schlagwortsammlung aus gefundenen Titeln, Abstracts und Schlagwörtern aus der Literatur; Wiederholung der Schritte 2. bis 4.,
  6. Anlegen eines Literaturverzeichnisses zum untersuchten Thema,
  7. Lektüre der Literatur, Anlegen einer Datei mit den Inhalten sowie eine Datei mit möglichen Zitaten,
  8. Beschreibung der relevanten Ergebnisse in einem „Literaturkapitel“,
  9. Formulierung oder Übernahme einer oder mehrerer Theorien.
Abb. 2: Search for Sources (nach Ellert et al., 2013, S.2).

Ellert et al. (2013) zeigen ebenfalls in der Research Map, welche Punkte bei der Suche nach Quellen relevant sind. Unterschieden wird zunächst zwischen Digitalen Quellen und Literatur im Buch- oder Zeitschriftenformat. Zudem sollte zusätzlich in den Literaturverzeichnissen anderer Autoren gesucht werden.

<note tip> Hans E. sollte sich bei der Literaturarbeit an die oben genannten Punkte halten um sich das spätere Arbeiten bei der Ausformulierung eines wissenschaftlichen Artikels so einfach wie möglich zu machen. </note>

verfasst von Fabian Schmitt

3 Forschungsansätze

<note>Nach dem quantitativen Auswerten der Fragebögen führt Hans E. spontan zusätzliche, qualitative Interviews mit ausgewählten Probanden durch, weil ihm diese Erhebung so viel Spaß macht.</note>

Abb. 3: Research Strategy (nach Ellert et al., 2013, S.2).

Nach Ellert et al. (2013) sollte man sich eine Forschungsstrategie aus den beiden Möglichkeiten in Abbildung 3 aussuchen. Im qualitativen Forschungsprozess geht es um die Frage nach neuen Theorien und Hypothesen. Im quantitativen Forschungsprozess werden die Hypothesen überprüft und es stellt sich eher die Frage nach Wie vielen/Wie viel. Diekmann (1995) und Atteslander (2006) beschreiben in ihren Vergleichen zwischen quantitativer und qualitativer Forschung folgende Merkmale:




Tabelle 1: Vergleich quantitative- und qualitative Forschung (modifiziert nach Diekmann, 1995).
Merkmale quantitativer Forschung Merkmale qualitativer Forschung
Systematisch, standardisierte Messung von empirischen Sachverhalten Offenes und flexibles Vorgehen
Verfahren zum Testen von Hypothesen Verfahren zur Entwicklung neuer Hypothesen
Untersuchung großer Fallzahlen/Stichproben Kleine Zahl von Untersuchungspersonen, tiefgehende Betrachtung, Einzelfallanalysen
Anspruch auf Repräsentativität Meist kein Anspruch auf Repräsentativität
Objektive Messung und Quantifizierung von Sachverhalten, Messung zählbarer Eigenschaften Auf das Verstehen von persönlichen Handlungsmotiven, Absichten bezogen
Auswertung durch statistische Instrumente Keine statistische Auswertung

<note tip> Hans E. sollte sich zuerst eine Strategie für seinen Forschungsprozess aussuchen und nach diesem Leitfaden arbeiten, um schon zu Beginn der Arbeit strukturelle Fehler zu vermeiden. </note>

verfasst von Fabian Schmitt

4 Forschungsfrage

„Die Frage“ ist der erste Schritt auf dem Weg der Erkenntnisgewinnung. Trotzdem sind nicht alle Fragen gleich Forschungsfragen (Alvesson & Sandberg, 2013). Döring & Bortz (2016) liefern folgende Definition einer Forschungsfrage:

Die Forschungsfrage („research question“) basiert auf dem bisherigen Forschungsstand und zielt v. a. auf Forschungslücken. Sie fordert dazu auf zu ermitteln, ob Regelhaftigkeiten vorliegen, welche Beschaffenheit sie haben, in welche Richtung sie weisen, wie stark sie sind, wie sie zustande kommen etc. Die Beantwortung von Forschungsfragen trägt zur Erkundung eines Sachverhaltes sowie zur Generierung neuer Theorien bei.

Heinemann (1998) stellt in seinem Buch eine Checkliste zur Erstellung einer Forschungsfrage zusammen, welche im Folgenden dargestellt wird.

1. Ist eindeutig festgelegt, welcher Typus von Problemen bearbeitet werden soll? Folgende Problemtypen sind zu unterscheiden:

  1. Exploration
  2. Deskription
  3. Erklärung
  4. Prognose
  5. Technologien
  6. Evaluation
  7. Aufdecken nicht-intendierter Konsequenzen des Entscheidens und Handels

Im Falle der Seminararbeit von Hans E. stellen sich lediglich die ersten drei Punkte als relevant dar und werden im Folgenden kurz ausgeführt.

1.1 Exploration: Bei Erforschung neuer Untersuchungsgegenstände ist es aufgrund fehlenden Vorwissens schwer, von Beginn an festzulegen, was erklärt oder prognostiziert werden soll. Explorationen eignen sich daher dazu, noch weitgehend unbekanntes zu erforschen. Ziele von explorativen Untersuchungen können sein, erste wissenschaftliche Informationen über einen neuen Gegenstand zu liefern oder als Vorstudie („Pilotstudie“) für folgende, größere Experimente zu dienen; weiterführende Hypothesen zu generieren.

1.2 Deskription: Bei der Deskription geht es um die Ermittlung des Vorhandenseins bzw. der Ausprägung von Variablen. Als Beispiele für Ziele einer deskriptiven Untersuchung gibt Heinemann (1998) an: Bildung von Klassifikationen bzw. Typologien in der Form, dass Untersuchungsobjekte entsprechend der Ausprägungen einer Variable aggregiert werden (z.B. „alle Vereine mit einem Budget unter 10.000€ - und alle Vereine mit einem Budget über 100.000€); Ermittlung von Zusammenhängen zwischen Variablen; Vergleich zwischen Variablen.

1.3 Erklärung: Bei der Erklärung geht es um die Ermittlung von Ursachen-Wirkungs-Zusammenhängen zwischen mindestens zwei Variablen.

2. Konnte bereits bestimmt werden, was Objekte, Variablen und Variablenausprägungen in der Forschungsfrage sind? In diesem Schritt soll kontrolliert werden, ob das Untersuchungsobjekt (bspw. Individuum; Gruppe; Ereignis; Situation) und dessen Variable(n) bestimmt wurde(n). Unter Variable versteht man Merkmale bzw. Merkmalsausprägungen, die an den Untersuchungsobjekten beobachtet, gemessen oder befragt wurden (Bös, Hänsel, & Schott, 2004).

3. Ist die Forschungsfrage bereits wissenschaftlich untersucht bzw. laufen zur Zeit vergleichbare Untersuchungen? Für Hans E. bedeutet das, ein gründliches Studium der Literatur zu seinem Themengebiet der Erstellung einer endgültigen Forschungsfrage, vorzuschalten. So kann sichergestellt werden, dass die selbe Arbeit nicht doppelt betrieben wird.

4. Ist eine eigene Untersuchung erforderlich/mögliche Erträge der Forschungsergebnisse? Können dem Forschungsvorhaben und den möglichen Ergebnissen eine theoretische oder praktische Relevanz zugesprochen werden?

5. Mögliche Interessen an der Fragestellung? Wurde geklärt, welche Interessen in Bezug auf den Inhalt, die Methoden, welche persönlichen Interessen von Hans E. oder auch von Dritten, mit der Forschung verbunden sein könnten? Gibt es eventuell Konflikte zwischen den Interessen? Ist sichergestellt, dass diese Interessen keinen Einfluss auf die Untersuchung haben?

6. Ist die Untersuchung durchführbar? Ist das Projekt also unter den gegebenen Rahmenbedingungen (Kosten, Zeit, Zugänglichkeit der Daten) durchführbar? Nachdem Hans E. all diese Punkte durchlaufen hat, kann er sich nun neu orientieren und versuchen, seine Forschungsfrage adäquat anzupassen.

verfasst von Onur Sariyildiz

5 Studiendesign

<note>„Hans E. überlegt, wie viele Probanden er befragen soll. Nach kurzen Überlegungen wählt er intuitiv eine Stichprobengröße von N = 30. Aber wie kommt er am besten an Versuchspersonen heran? Damit der Auswahlprozess nicht zu viel Zeit beansprucht, nimmt er sich vor, einfach in der Facebook-Gruppe der Sportwissenschaftler für seine Seminararbeit zu werben.“</note>

Beim vierten Schritt kommt man zum Thema der Versuchsplanung bzw. des Studiendesigns. Wie soll die Forschungsfrage wissenschaftlich untersucht werden, um möglichst gute Resultate zu kreieren? Welche Messgrößen und Messverfahren werden ausgewählt, soll das Experiment im Feld oder im Labor durchgeführt werden und wie groß soll die Stichprobe sein? Dabei gibt es kein perfektes oder schlechtes Design, sondern nur ein mehr oder weniger angemessenes. Durch Abwägen gilt es, das bestmögliche Design zur Beantwortung seiner Fragestellung zu finden.

5.1 Stichprobenumfang

Es ist eigentlich simpel: steigt der Stichprobenumfang, sinkt die Irrtumswahrscheinlichkeit. Anders ausgedrückt: die Teststärke steigt. Die Größe der notwendigen Stichprobe ist von der Grundgesamtheit, dem Konfidenzniveau und dem Fehlerbereich abhängig: (im Internet findet man Stichprobenumfangsrechner…)

<note tip>Beispiel Hans E.: Bei 26500 TU Studenten, einem Konfidenzniveau 95 % (z-Wert= 1,96) und einem tolerierbaren 5 % Fehlerbereich würde er eine Stichprobe von 379 Einheiten für ein signifikantes Ergebnis benötigen.</note>

Wir sehen, Hans E. hat die Größe seiner Stichprobe deutlich überschätzt. Und auch in der restlichen Forschung wird zu häufig auf die eigene Intuition vertraut, wenn es um die Bestimmung des Stichprobenumfangs geht und nur die Wenigsten berechnen vor der Experimentdurchführung diesen Wert. Durch diese Stichprobenvarianz wird jedes Forschungsprojekt zum Glücksspiel. Cohen (1962 zitiert nach Kahneman, 2014, S. 143) untersuchte dieses Phänomen bei Psychologen und fand heraus, dass diese Stichproben auswählen, die ein 50 % - iges Risiko besitzen, die eigentlich richtige Hypothese nicht zu bestätigen. Die wissenschaftliche Stärke der Befunde, welche man durch die Forschung generiert, scheint demnach sehr gering und der Forschungsprozess ineffizient zu sein, wenn man genauso gut eine Münze werfen könnte. Rein logisch liefern größere Stichproben präzisere Ergebnisse als kleine und umgekehrt führen kleinere zu extremeren Ergebnissen als größere Stichproben (Kahneman, 2014, S.142). Dem Risiko setzt sich Hans E. aus, nämlich dass seine Studie durch extreme Ergebnisse nicht für die Grundgesamheit representativ ist.

<note tip>„Hans E. hätte nicht auf seine Kraft der Intuition vertrauen, sondern lieber seine Auswahl statistisch belegen sollen.“</note>

5.2 Auswahlverzerrung (Selection Bias)

Ist der Stichprobenumfang ausgewählt, benötigt man nun die richtigen Probanden, um eine möglichst hohe Repräsentativität gewährleisten zu können. Bei der Auswahl kommt es jedoch oftmals zu Problemen, welche die Ergebnisse verzerren, die externe Validität negativ beeinflussen und damit die Generalisierbarkeit auf die Grundgesamtheit verschlechtern. So ist eine zufallsgesteuerte Stichprobenauswahl immer einer nicht-zufallsgesteuerten vorzuziehen, da dadurch keine Untersuchungsgruppe bevorzugt wird und damit überrepräsentiert sein kann. So nehmen z. B. Männer häufiger freiwillig an Forschungsprojekten teil als Frauen, was dazu führen kann, dass Ergebnisse nicht auf weibliche Personen übertragen werden können. So macht es auch keinen Sinn, einen schriftlichen Fragebogen zu konstruieren, um psychische Merkmale von Analphabeten zu ermitteln. <note tip>Die Stichprobe von Hans E. wird demnach folgende Merkmale aufweisen: männliche, 20-30 Jahre, hoher Bildungsabschluss, gesund, ledig, Sportstudent etc. Aussagen über andere Merkmalsträger können demnach nicht generalisiert werden. Für eine hohe externe Validität seiner Studie wäre der Zufall der erfolgversprechendste Faktor. Zusätzlich sollte er auch verschiedene Studienorte benutzen und er sollte sich immer fragen, wer nicht an der Studie teilnimmt und dies bei der Relevanz seiner Ergebnisse beachten. </note>

verfasst von Dominik Elberskirch

6 Durchführung

<note>„Hans E. ist nun auf der Suche nach Probanden. Am Morgen nach dem Schlossgrabenfest trifft er einige nicht ganz nüchterne Studenten und lässt sie den Fragebogen ausfüllen. Gütekriterien wie die Reliabilität sollten nicht darunter leiden, weil dies ja eh der normale Zustand von Studenten sei. Dazu hat er sich gar nicht mit den ethischen Rahmenbedingungen beschäftigt. Ethische Richtlinien seien bei so einer großartigen Studie sowieso nur zweitrangig.“</note>

6.1 Gütekriterien

Durch ungenügende Vorausplanung verletzt man schnell die Gütekriterien quantitativer Forschung während der Operationalisierungphase. Im folgenden Abschnitt sind einige Beispiele und Denkanstöße für die eigene Forschung aufgezeigt. Döring und Bortz (2016) behandeln das Thema Gütekriterien für quantitative Forschung sehr detailliert. Für eine weitere umfassende Information wird auf deren Werk Forschungsmethoden und Evaluation verwiesen.

Messinstrumente sollten vor der Messung auf Gütekriterien, besonders auf die Reliabilität, geprüft werden. Die Objektivität muss ebenfalls gewährleistet werden (Bös, 1986). Döring und Bortz (2016) betonen, dass ein Messinstrument nur dann valide Messwerte liefern kann, wenn es eine hohe Reliabilität und Objektivität aufweist.

Bei motorischen Tests spielt die Testreihenfolge eine wichtige Rolle. Der Versuchsplan sollte also so angelegt werden, dass keine Auswirkungen zwischen Effekten und Nebeneffekten entstehen. Reiheneffekte sind zu berücksichtigen. Diese Operationalisierung muss ebenfalls valide sein (Döring & Bortz, 2016).

Bei experimentellen Untersuchungen sollte der Versuchsleiter wenigstens einmal den kompletten Ablauf als Versuchsperson sowie als Versuchsleiter selbst durchlaufen, um den Ablauf zu optimieren, Fehler zu detektieren und den zeitlichen Aufwand richtig einzuschätzen (Nitsch, Hoff, Mickler, Moser, Seiler & Teipel, 1994). Außerdem sollte er sich die nötige Expertise angeeignet haben, um als Versuchsleiter operieren zu können. Für die Untersuchung sollten der Ort, die Zeit sowie die Räumlichkeiten im Voraus gut durchdacht und geplant werden. So können Situationseffekte wie klimatische Bedingungen vermieden werden (Bös, Hänsel & Schott, 2000).

6.2 Ethik

Auch wenn das Einholen eines Ethikvotums eine bürokratische Hürde darstellen kann, ist sie aber ein juristisches Erfordernis (Bös, Hänsel & Schott, 2000). Selbst wenn für seine Studie keine formale Genehmigung notwendig ist, wäre es hilfreich wenn Hans E. ein Ethikformular durchgegangen wäre um sicherzustellen, dass er alle entscheidenden ethischen Punkte bedacht hat und sein Vorgehen ethisch begründen kann (Döring & Bortz, 2016).

Der Versuchsleiter hat die grundsätzliche ethische Verantwortung und hat zu verhindern, dass es zu keinem Missbrauch dieser Macht kommt, ob absichtlich oder unabsichtlich. Neben dem Ethikantrag ist hier auch zu beachten, dass Sensibilität, Höflichkeit, Rücksichtnahme und Wertschätzung in zwischenmenschlichen Beziehungen gewahrt werden. Die freiwillige Versuchsteilnahme mit informierter Einwilligung, der Schutz vor Beeinträchtigung und Schädigung sowie die Anonymisierung und Vertraulichkeit von Daten müssen stets gewährleistet sein (Döring & Bortz, 2016). Außerdem sollten interessierten Teilnehmern die Ergebnisse nach der Untersuchung mitgeteilt werden (Bös, Hänsel & Schott, 2000). Falls eine Genehmigung durch eine Ethik-Kommision notwendig ist, ist es wichtig, genügend Zeit für das Verfahren einzuplanen (Rasch, Friese, Hofmann & Naumann, 2014).

verfasst von Lena Krüger

7 Auswertung

<note>„Bei der statistischen Datenanalyse nimmt Hans E. an, dass seine Daten normalverteilt sind. Er nutzt den t-Test, um seine Stichproben zu vergleichen. Dabei stößt er zusätzlich auf das Problem, dass ihm einige Werte („missing data“) bestimmter Probanden fehlen. Jetzt weiß er nicht wie er diese Lücken füllen soll.“</note>

7.1 Normalverteilung und t-Test

Greenhalgh (2003) kommentiert diesen Fehler mit folgenden Worten: „Testen sie Ihre Daten nicht darauf, ob sie normalverteilt sind. Wenn Sie das nämlich tun, könnte es sein, dass Sie nicht-parametrische Tests verwenden müssten - und das ist alles andere als lustig.“ (S. 106).

Folgende Tabelle soll helfen das nötige Verfahren anzuwenden. Je nachdem, welches Skalenniveau und wieviele Stichproben vorliegen, werden verschiedene Verfahren angewandt.

Tabelle 2: Übersicht über die Verfahren zum Vergleichen verschiedener Stichproben (Bös, Hänsel & Schott, 2000, S.120).
Verteilung Skala 2 Stichproben >2 Stichproben
Unabhängig Abhängig Unabhängig Abhängig
parameterfrei Nominal Chi-Quadrat McNemar Vorzeichentest Chi-Quadrat Cochran (Q)
parameterfrei Ordinal Mann-Whitney (U) Wilcoxon Kruskal-Wallis (H) Friedman
parametrisch Intervall t- Test t- Test Varianzanalyse Varianzanalyse

Durch das Prüfen der Daten auf Normalverteilung, wird bestimmt welcher statistische Test zu verwenden ist (Bös, Hänsel & Schott, 2000; Greenhalgh, 2003). Statistikprogramme wie SPSS prüfen die Normalverteilung auf Befehl. Beim t-Test müssen Intervallskalierung, Normalverteilung und Varianzhomogenität gewährleistet sein (Bös, Hänsel & Schott, 2000; Rasch, Friese, Hofmann & Naumann, 2014). Mit dem folgenden Entscheidungsdiagramm nach Bös, Hänsel und Schott (2000) kann man die korrekte Anwendung des T-Test prüfen.

  • Ist das untersuchende Merkmal intervallskaliert?:?:
  • Wenn ja ⇒ Handelt es sich um abhängige oder unabhängige Stichproben?:?:
  • Wenn abhängig → t-Test für abhängige Stichproben
  • Wenn unabhängig → t-Test für unabhängige Stichproben
  • Sind die Varianzen homogen?:?:
  • Wenn ja → t-Test für homogene Varianzen
  • Wenn nein → t-Test für heterogene Varianzen

Allgemein gilt, dass man statistische Verfahren anwenden sollte die zur Beantwortung der Fragestellung beitragen und mit denen man sich vertraut gemacht hat. Also Verfahren, die man auch selbst interpretieren kann (Nitsch, Hoff, Mickler, Moser, Seiler & Teipel, 1994).

7.2 Ausreißer/ Fehlende Werte

Greenhalgh (2003) kommentiert das Problem kritisch: „Ignorieren Sie alle Teilnehmer, die die Studie abgebrochen haben oder nicht auf die Therapie ansprechen, so dass sich die Analyse nur diejenigen bezieht, bei denen die Behandlung komplett durchgeführt wurde.“ (S. 106). Oder auch mit folgender Wortwahl: „Wenn Ihre Berechnung durch „Ausreißer“ gestört wird, streichen Sie sie. Wenn Ausreißer Ihre Hypothese jedoch zu unterstützen scheinen, lassen Sie sie drin, selbst wenn es sich um Zufallstreffer handelt.“ (S. 106). Die Datenaufbereitung stellt einen Eingriff in die Daten da und kann somit auch zu Manipulationszwecken missbraucht werden. Deshalb ist das Vorgehen gründlich und kritisch zu reflektieren und zu dokumentieren (Döring & Bortz, 2016).

Treten jetzt am praktischen Beispiel bei einer Versuchsperson relativ viele fehlende Werte auf, ist diese von der Auswertung auszuschließen. Fehlen aber nur wenige Werte bei einer Versuchsperson, so kann man verschiedene Vorgehensweisen wählen. Entweder sie werden als fehlend akzeptiert und die Stichprobengröße verringert sich somit für diese Variable. Hier ist dann erneut zu prüfen, ob die Variable trotz verminderter Stichprobengröße noch in die weitere Auswertung einfließen kann. Außerdem sollten die fehlenden Daten mit bestimmten Codes ersetzt werden, die nicht zu Verzerrungen führen (Döring & Bortz, 2016). Ein anderes Verfahren ist, die fehlenden Werte durch Schätzwerte zu ersetzten. Entweder kann man diese Schätzung anhand der Versuchsperson (Variablenmittelwert der Person) oder an der Stichprobe (Populationsmittelwert) schätzen. Um den Variablenmittelwert einer Person zu schätzen, ist ein zeitlicher oder inhaltlicher Bezug nötig (Bös, Hänsel & Schott, 2000). Wenn ein solches Verfahren angewendet wurde, muss es im Methodenteil der Arbeit Erwähnung finden (Döring & Bortz, 2016).

Eine sorgfältige Untersuchungsplanung und eine gründliche Ausführung der Untersuchung sollten spätere Probleme mit fehlenden oder fehlerhaften Daten minimieren und sind deshalb sehr wichtig (Döring & Bortz, 2016).

verfasst von Lena Krüger

8 Interpretation

<note> Hans E. findet heraus, dass es tatsächlich einige „typische Fehlerquellen“ gibt, die seiner Meinung nach unter TU-Studierenden überzufällig oft vorkommen. Hans möchte als nächstes diese Ergebnisse auf statistische Signifikanz überprüfen. Er hofft auf eine starke Korrelation, um die daraus entstehenden Kausalzusammenhänge in seiner Arbeit präsentieren zu können. </note>

In der Statistik nutzt man regelmäßig den Korrelationskoeffizienten, um zwei statistische Variablen in eine Zusammenhangsbeziehung zu setzen. Doch häufig werden diese Korrelationen fehlinterpretiert. Woran liegt das? Eine Korrelation beschreibt keine „Ursache-Wirkungs-Beziehung“. Wäre dem so, so würde ein Rückgang der Anzahl an Störchen innerhalb einer bestimmten Region, sowie der Rückgang der Geburtenrate darauf schließen lassen, dass der Storch einem die Kinder bringt. Um solchen Mythen auf den Grund zu gehen, sind Experimente nötig, bei denen ein Faktor experimentell festgelegt wird (z.B. das Treffen eines Basketballes in einen Korb) und der andere Faktor gemessen wird (z.B. die Trefferquote beim nächsten Wurf des selben Spielers). Denn sowohl unter Basketballspielern als auch unter Basketballfans ist der Mythos der „glücklichen Hand“ im Basketball immer noch weit verbreitet. „Glückliche Hand“ oder „hot hand“ bedeutet, dass ein Spieler, der zuvor einen Schuss getroffen hat, eine höhere Trefferquote beim nächsten Wurf hat, also „heiß“ ist. Eine Gruppe von Wissenschaftlern versuchten diesen allseits bekannten Mythos hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zu durchleuchten. Sie führten eine Studie zur „glücklichen Hand“ („hot hand“) im Basketball durch (streak shooting). Anders gesagt, es wurde versucht herauszufinden, ob ein Spieler, der zuvor bereits einen Schuss aus dem Feld oder an der Freiwurflinie getroffen hat, eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit für seinen nächsten Schuss hat (Gilovich, Vallone, & Tversky, 1985). Diesem Mythos wird unter Basketballtrainern, -spielern und –fans durchaus Glauben geschenkt. Gilovich et al. (1985) fanden nach Analyse von tausenden Würfen heraus, dass es nichts dergleichen wie eine „glückliche Hand“ im Profibasketball gibt.

<note tip>Eine Korrelation beschreibt nicht zwangsläufig eine „Ursache-Wirkungs-Beziehung“. Hans begann den Fehler zu glauben, dass wenn etwas statistisch korreliert, er daraus auch einen kausalen Zusammenhang erwarten kann. Beispielsweise könnte im Sommer die Häufigkeit an Badeunfällen, mit dem Eiskonsum einer bestimmten Stichprobe korrelieren. Jedoch wäre es falsch anzunehmen, dass der Eiskonsum kausal für das Zunehmen der registrierten Badeunfälle sei. Denn die ursächliche Variable wäre hier mit höherer Wahrscheinlichkeit das gute Wetter, wodurch mehr Menschen schwimmen gehen.</note>

verfasst von Onur Sariyildiz

9 Präsentation

<note>„Geschafft: Hans E. hat seine Seminararbeit 'erfolgreich' durchgeführt. Als letztes soll er seine Resultate auf einer Konferenz vorstellen. Um möglichst kompetent zu erscheinen, benutzt er alle möglichen Fachtermini und erläutert alles haargenau, um ja nichts zu vergessen. Je komplizierter und je länger der Vortrag, desto besser, denkt er sich.“</note>

Konferenzvorträge eignen sich bestens, um wissenschaftliche Ergebnisse anderen interessierten Forschern und der Fachwelt mitzuteilen. Auch Veröffentlichungen in Online Journals oder Publikationen sind möglich. Das daraus resultierende Feedback kann bei einem selbst den Horizont erweitern. Bei den Vorträgen ist es wichtig, seine Präsentation gut vorbereitet und interessant für den Zuhörer zu gestalten, denn das Bedürfnis des Publikums zu treffen ist der wichtigste Punkt, um einen guten Vortrag zu kreieren.

9.1 Problems with using long words needlessly

Nicht jeder der im Publikum sitzenden Menschen ist ein Experte auf dem eigenen untersuchten Fachgebiet. Zwar ist es möglich, dass man ein paar Zuhörer durch seine ausladenden Formulierungen beeindrucken kann, doch verliert man dadurch den Rest. Dabei erscheint man als Forscher nachweisbar intelligenter, wenn man schwierige Zusammenhänge präzise und prägnant vereinfachen und darstellen kann. Außerdem werden die damit übermittelnden Inhalte eher für wahrgenommen (Oppenheimer, 2006 zitiert nach Kahneman, 2014, S. 86). Unnötig lange und schwierige Wörter zu benutzen hat also einen negativen Effekt auf die Wahrnehmung der Zuhörer.

<note tip>Hans E. hätte den Inhalt kurz und bündig (und nicht summarisch und kursorisch.) halten sollen.</note>

9.2 Vortragslänge

Die Konzentrationsfähigkeit von Erwachsenen sinkt bereits nach fünf bis 15 Minuten (Brink, 2010, S. 55). Obwohl die exakte Methodenauswahl oder auch andere nicht zu erwartende, aber irrelevante Ergebnisse Bedeutung für das Forschungsprojekt haben können, muss nicht jedes Detail in die Präsentation eingearbeitet werden. Die Aufmerksamkeitsspanne sinkt von Minute zu Minute, umso wichtiger ist es den Rahmen zu begrenzen und die Key Facts für den Zuhörer anschaulich und klar darzustellen. Dabei stellen die Ergebnisse und die Schlussfolgerung den wichtigsten Teil des Vortrags dar. Vor allem bei Kurzvorträgen sollte dadurch auf eine ausholende Einführung verzichtet werden. Außerdem erhält ein Sprecher, der seinen Vortrag vor der festgesetzten Zeit beendet deutlich mehr Sympathien, als derjenige der überzieht. Denn auch bei wissenschaftlichen Vorträgen bleiben nur wenig Prozent des Inhalts hängen, vielmehr verbleiben mit dem Vortrag verbundene Emotionen zurück.

<note tip>Hans E. hätte nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität, die Energie, die Begeisterung, das Engagement, den Vortragsstil vertrauen sollen.</note>

verfasst von Dominik Elberskirch

10 Zusammenfassung

In diesem Video wird eine Checkliste bereitgestellt, die bei dem Forschungsprozess abgearbeitet oder als Richtlinie verwendet werden kann.

verfasst von Fabian Schmitt

11 Fragen

  1. Nenne zwei Verfahren, um fehlende Werte zu generieren.
  2. Warum sind Fehler im Forschungsprozess legitim?
  3. Was charakterisiert den Entdeckungszusammenhang, den Begründungszusammenhang und den Verwertungszusammenhang?

Literatur

Alvesson, M., & Sandberg, J. (2013). Constructing research questions: doing interesting research. London: SAGE.

Atteslander, P. (2006). Methoden der empirischen Sozialforschung. 11., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Bös, K. (1986). Statistikkurs I (3. Aufl.). Hamburg: Verlag Ingrid Czwalina.

Bös, K., Hänsel, F. & Schott, N. (2000). Empirische Untersuchungen in der Sportwissenschaft. Hamburg: Czwalina Verlag.

Bös, K., Hänsel, F., & Schott, N. (2004). Empirische Untersuchungen in der Sportwissenschaft: Planung - Auswertung - Statistik (2., vollst. überarb. und aktualisierte Aufl). Hamburg: Czwalina.

Brink, G. (2010). Forschungsmanagement für den täglichen Gebrauch. Frankfurt: Verlag Harri-Deutsch.

Diekmann, A. (1995). Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

Döring, N. & Bortz, J. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation (5. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag.

Ellert, G., Schafmeister, G. & Germelmann, C. C. (2013). The Empiric Research Map. Zugriff am 24.05.2016 unter http://www.researchmap.info

Gilovich, T., Vallone, R., & Tversky, A. (1985). The Hot Hand in Basketball: On the Misperception of Random Sequences. COGNITIVE PSYCHOLOGY, 17, 295–314.

Greenhalgh, T. (2003). Einführung in die Evidence-based Medicine (2. Aufl.). Bern: Verlag Hans Huber.

Heinemann, K. (1998). Einführung in Methoden und Techniken empirischer Forschung im Sport. Schorndorf: Hofmann.

Kahneman, D. (2014). Schnelles Denken, langsames Denken. München: Siedler-Verlag.

Kolleck, B. (2012). Einführung in die Sozialforschung und Statistik für BA-Studiengänge Soziale Arbeit, Gesundheit und Bildung. Zugriff am 25.05.2016 unter www.ash-berlin.eu/hsl/freedocs/298/BA_zentral.pdf

Nitsch, J.R., Hoff, H.-G., Mickler, W., Moser, T., Seiler, R. & Teipel, D. (1994). Der rote Faden. Köln: bsp- Verlag.

Rasch, B., Friese, M., Hofmann, W. & Naumann, E. (2014). Quantitative Methoden 1 (4. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag.

Schürholz, P. (2008). Der Forschungsprozess in der Quantitativen Sozialforschung. Zugriff am 25.05.2016 unter http://www.philso.uni-augsburg.de/lehrstuehle/soziologie/sozio2/lehre/ws0708/emp_block/downloads/FoprozessQuanti.pdf

http://www.learn-german.com/kurse/images/9-giving-a-presentation265.jpg

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