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ATSB1803 Bewegungsanalyse Sprint und Langstrecke

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Veranstaltung Aktuelle Themen der Sportbiomechanik
Autor(en) Lars Elißer, Saskia Geweke
Bearbeitungsdauer ca. 45 min
Voraussetzungen MUS3 Kraft-Relation, KIN1 Translation, KIN2 Rotation, DYN5 Mehrkörpersysteme
Status noch nicht fertiggestellt
Zuletzt geändert am 20.06.2018


1 Einleitung

Laufen und Sprinten bildet eine der Grundvoraussetzungen für das erfolgreiche Ausüben aller Leichtathletikdisziplinen. Außerdem werden in vielerlei weiteren Mannschafts- und Individualsportarten Laufen oder Sprinten als Grundlagen benötigt. Eine effektive Lauf- und Sprinttechnik kann neben ihrer Grundlagenfunktion auch ein leistungsentscheidender Faktor werden, der über Sieg und Niederlage eines Wettkampfes entscheiden kann. Die höchste Relevanz besitzt das Laufen und Sprinten in den Disziplinen der Kurz-, Mittel- und Langstrecke der Leichtathletik. Die Frage, die sich nun ergibt ist, inwiefern in den auf den ersten Blick gleichen Bewegungsabläufen sich Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten der beiden Stile ergeben?

Im Folgenden möchten wir aufgrund der breiten Anwendungsfelder und der aufgezeigten Relevanz im Sport die wichtigsten biomechanischen und physiologischen Voraussetzungen sowie leistungsentscheidenden Determinanten für einen erfolgreichen Lauf- und Sprintstil exemplarisch in der Kurzstrecke (Sprintabschnitt: Höchstgeschwindigkeitsphase) und Langstrecke der Leichtathletik aufzeigen, um die Charakteristika der jeweiligen Techniken abzuleiten. Letztlich mündet die Ausarbeitung in einem Vergleich, in denen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Stile gegenübergestellt werden.

Einen kurzen Umriss über die Unterschiede bietet das nachfolgende Video:

verfasst von L. Elißer & S. Geweke


2 Schnelligkeitsfähigkeit in der Kurzstrecke

Das Ziel des Sprintlaufes ist es, die Laufzeit der Kurzstrecke zu minimieren, indem die Schnelligkeit maximiert wird. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig die Sprint- oder Schnelligkeitsfähigkeit maximal auszubilden. Sie ist letztlich entscheidend für das Generieren eines schnellen Vortriebes und somit für den Erfolg im Sprint über die Distanz von 100 m. Aufgegliedert wird die Sprintfähigkeit in die Reaktionsschnelligkeit, die wichtig ist für das schnelle Aufnehmen von und Reagieren auf akustische Signale. Die Sprintkraft, welche einen hohen Anteil zum positiven Beschleunigungsweg beiträgt und durch die reaktive Kraftfähigkeit (Zusammenarbeit von exzentrischer und konzentrischer Muskelaktivität) in der maximalen Geschwindigkeitsphase Leistungsunterschiede erkennen lassen kann. Die dritte Komponente ist die Sprintschnelligkeit. Das Ziel ist es hier, so schnell wie mögliche eine hohe Maximalgeschwindigkeit zu erzielen. Die Letzte Komponente ist die Sprintausdauer. Sie ermöglicht es die hohe Maximalgeschwindigkeit so lang wie möglich und den Geschwindigkeitsabfall so gering wie möglich zu halten. Alle Komponenten der Schnelligkeitsfähigkeit sind neuromuskulär einzuordnen. Ohne ein schnelles Zentralnervensystem im Bereich Aufnahme, Reaktion und Befehlskette vom Zentralnervensystem zum Muskel kann keine Schnelligkeitsfähigkeit auf Hochleistungsniveau entstehen (Letzelter, Letzelter & Letzelter, 2010, S. 41-42; Schröter & Lehmann, 2016, S.223-224).

verfasst von S. Geweke


2.1 Leistungsvoraussetzungen für Kurzstrecke

Abgeleitet durch die notwendige Schnelligkeitsfähigkeit, muss ein_eine optimale_r Sprinter_in im Bereich Hüfte und Bein eine stark ausgeprägte Muskulatur besitzen. Der Grund liegt darin, dass gerade die dort liegenden Muskeln M. vastus lateralis, M. rectus femoris und der M. gastrocnemius einen hohen Anteil an weißen Muskelfasern besitzen (Letzelter, Letzelter & Letzelter, 2010, S. 89), die oft eine höhere Dicke aufweisen, als die roten Muskelfasern und somit schnellere und kraftvollere Kontraktionen zu lassen. Die Ausbildung dieser Muskeln ist durch ihre kurze Aktivierungszeit und die daraus resultierenden schnellen Kraftanstieg und -entfaltung entscheidend für den Vortrieb durch eine schnellere Gelenkstreckung. Die Ausbildung der Schnellkraft das optimale Sprinten ist somit entscheidend für die Schnelligkeit eines_r Sprinters_in. Wie hoch die Schnellkraft ausgebildet ist, hängt neben der Anzahl an weißen Muskelfasern auch vom Last-Kraft-Verhältnis (Maximalkraft/Körpergewicht) ab. Neben der Muskelausbildung ist das schnelle Reagieren des Zentralnervensystems auf Reize für die Schnelligkeitsfähigkeit entscheidend. Die daraus resultierende Nervenleitgeschwindigkeit ist Voraussetzung für schnelle Kontraktions- und Entspannungsabläufe, die wichtig sind für die ökonomische Verarbeitung und Beschaffung von Energieressourcen. Die optimale Energiebeschaffung besteht bei einem_einer Sprinter_in aus den kurzweiligen Adenosintriphosphat (ATP)-Speicher und Kreatinphosphat (KP)-Speicher und der anaeroben-laktaziden Glykose, die noch einen hohen Energiefluss aufweist und dadurch eine hohe Laufgeschwindigkeit hervorbringen kann. Die maximale Verfügbarkeit beträgt 40 bis 70 Sekunden. Die optimale Energiezuvor ist daher abhängig vom Glukosespeicher und der Stoff-Wechselverarbeitungskapazität der Muskelzellen. Wichtig ist letztlich, dass der_die Sprinter_in ein hohes Maß an Kenntnis dieser Wirkungsmechanismen erhält, um eine effektive Sprinttechnik ausbilden zu können (Killing und Heß, 2012, S.32- 37).

<note tip>Es ist für den_die optimale_n Sprinter_in entscheidend, die notwendigen Muskeln maximal auszubilden, diese schnellst möglich zu aktivieren und ihnen so schnell wie möglich die nötige Energie bereitzustellen, um für den Sprint eine optimale Technik auszubilden. </note>

verfasst von S. Geweke


2.2 Leistungsentscheidende Determinanten auf der Kurzstrecke

Optimale Ansteuerung der Muskulatur

Beim Sprint eine maximale Bewegungsgeschwindigkeit/Antrieb zu erreichen, ist es neben der Ökonomisierung der Bewegung nach Schöllhorn (2003, S. 35) wichtig, die einzelnen Muskeln zum richtigen Zeitpunkt maximal kontrahieren zu lassen, und auch maximal zu entspannen, damit die Energie maximal in den Muskeln genutzt werden kann, wo sie zu einem bestimmten Zeitpunkt des Sprintschrittes gebraucht wird. Dieses Argument unterstreichen Schröter & Lehman (2016, S. 226). Sie weisen daraufhin, dass die Fähigkeit einer hohen Muskelentspannung zur richtigen Zeit den Beginn des Geschwindigkeitsabfalls verzögert. Die Entspannung trägt dazu bei, dass die „Blutzufuhr und die Wiederherstellung der lokalen Energievorräte in den längeren Erholungsphasen begünstigt werden“ (Schröter & Lehman, 2016, S. 226). Kann der Muskel eine schnelle und qualitativ hochwertige Entspannung aufweisen, so ist dieser auch schneller bereit für die darauffolgende Kontraktion. Diese Fähigkeit kann maßgeblich das optimale Verhältnis von Schrittfrequenz, Stützzeit und Flugzeit mitbestimmen (Schröter & Lehman, 2016, S. 226). Um die maximale Kraft im Muskel erzeugen zu können, ist es wichtig eine optimale Länge des jeweiligen Muskels zu bewirken. Besonders wichtig ist dies bei zweigelenkigen Muskeln: Hier besteht eine hohe Variation von Muskelkraft durch die Vielzahl an Gelenkstellungskombinationen und die daraus resultierenden unterschiedlichen Längen der Muskulatur. Daher ist es notwendig, die Gelenke in der Technikausführung im Sprint so zu bewegen, dass die richtige Länge des Muskels erzeugt werden kann (Schöllhorn, 2003, S. 26).

Bei der Sprintbewegung oder Sprinttechnik selbst handelt es sich um eine asymmetrische Bewegung. Die Asymmetrie führt dazu, dass große Kräfte in Rumpf- und Beckenbereich auftreten. Um den Rumpf stabil halten zu können, müssen diese ausgeglichen werden. Das Ausgleichen bewirkt eine optimale Kraftübertragung auf das Stützbein und ist somit Bestandteil des Antriebes. Deshalb muss neben der Beinmuskulatur auch die Bauchmuskulatur mit ausgebildet werden, die wesentlich am Kraftausgleich beteiligt ist (Schöllhorn, 2003, S. 27-28).

Optimale Differenz zwischen Schrittfrequenz und Schrittlänge

Die Höchstgeschwindigkeitsphase ist dann erreicht, wenn der Bremsimpuls der Sprintbewegung gleich dem Beschleunigungsimpuls ist (Geschwindigkeits-Steady-State) (Schröter& Lehmann, 2016, S. 229). Leistungsentscheidend ist aktuell das effektive Verhältnis zwischen Schrittfrequenz und -länge, die durch die Muskelkraft und durch die abgeleitete Technik optimal gestaltet wird. Schröter und Lehmann (2016, S. 218-219) nehmen durch aktuelle Spitzenleistungen wie z.B. der Weltrekord 2009 von U. Bolt an, dass durch die Maximierung der Schrittlänge in der Höchstgeschwindigkeitsphase sich höhere Geschwindigkeiten erreichen lassen. So verändert sich die Beschleunigung von 9/10 m/s auf 11/12 m/s. Dies hat eine deutlich höhere Geschwindigkeit auf dem Abschnitt 60-80 m zufolge (Schröter& Lehmann, 2016, S. 217). Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass keine generelle Aussage in diese Richtung getätigt werden kann. So zeigen Salo, Bezodis, Betterham & Kerwin (2011, S. 16-18), dass bei der Untersuchung von 11 Spitzenathleten in ihren mehreren internationalen Finalläufen große Variationen von Schrittfrequenz und Schrittlänge entstehen. Anhand der Ergebnisse können die Athleten in eine Gruppe, die eher ihren Fokus auf Schrittlänge, in eine weitere, die den Fokus auf die Schrittfrequenz legt und eine dritte, die in ihren Läufen unterschiedliche Tendenzen aufweisen. Festgehalten kann dabei, dass keine der Gruppe im Schnitt schneller ist als die andere. Es ist daher möglich, mit unterschiedlicher Kombination Spitzenleistungen zu erbringen. Auch Debaere, Jonkers & Delecluse (2013, S.122-123) kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Sie testeten 10 Eliteathleten auf einer Indoorbahn und stellen anhand einer Varianzanalyse fest, dass zwar alle Athleten ihre Schrittlänge in der Höchstgeschwindigkeitsphase verlängern, jedoch die Performance nicht exklusiv determiniert ist durch Schrittlänge oder Schrittfrequenz. Daher kommen beide Studien zu dem Schluss, dass es notwendig ist, jeden Athleten individuell zu betrachten, um das Verhältnis zwischen Schrittfrequenz- und länge zu optimieren (Debaere, Jonkers & Delecluse, 2013, S.123; Salo, Bezodis, Betterham & Kerwin, 2011, S.18). Somit ist festzuhalten, dass U. Bolt bei seinem Weltrekord 2009 sein Optimum des Verhältnisses erreicht hat, indem er seine Schrittlänge erhöht hat und seine Frequenz auf einem hohen Niveau gehalten hat.

Im folgenden Video ist der Weltrekord von U. Bolt nochmals analysiert worden und zeigt neben der Höchstgeschwindigkeitsphase auch alle anderen Phasen und deren Verbesserung individuell auf U. Bolt zugeschnitten:

<note important>Jede_r Athlet_in muss letztlich individuell betrachtet werden, um Leistungssteigerungen hervorrufen zu können</note>

verfasst von S. Geweke


3 Technikbeschreibung - Kurzstrecke

Der Sprint in der Kurzstrecke lässt sich in fünf Abschnitte einteilen: Reaktion, Start-Beschleunigungsphase, Pick-up-Beschleunigungsphase, Höchstgeschwindigkeitsphase und Phase abnehmender Geschwindigkeit. Um einen Vergleich mit der Langstreckendisziplin herstellen zu können, wird im Folgenden die Technik der Höchstgeschwindigkeitsphase beschrieben. Eine für die Kurzstrecke optimale Technik ist hierbei abgeleitet aus den zuvor erarbeiteten Leistungsmerkmale in Punkt 2.

Vordere Schwungphase

<note> Ziele:

  • Ausnutzen der Hebelwirkung zur effektiven Hüftbeugung
  • Effektives Abbremsen für ein schnelles Absenken und einer Generierung einer hohen Fußgeschwindigkeit in der Stützphase

</note>

Technik

Bild 1: Das stark gebeugte Schwungbein passiert den KSP-Punkt und erreicht den höchstmöglichen Energieimpuls (Geschwindigkeit doppelt so hoch wie der eigene Körper).

Bild 2-3:

Das Schwungbein ist immer noch stark gebeugt und wird in eine ca.15 Grad unter der Waagerechten liegenden Position geführt. Zu erkennen ist der große Winkelabstand zwischen Stütz- und Schwungbein. Dies ist notwendig, um die aktive Muskulatur für den anschließenden Richtungswechsel (Bremsphase) vorzudehnen. Ergebnis: Die durch den entstanden Kniehub und der Arbeit des Stützbeines eine maximal erzeugte horizontale Kraft und die individuelle maximale Schrittlänge.

<spoiler | Muskulaturfunktion> Der durch den zweigelenkigen Oberschenkelstrecker vorbereitete Kniehub setzt ein: Der Oberschenkel wird nahe an die vordere Waagerechte gebracht. Während der Kniewinkel durch den Kniestrecker (M. vastus lateralis) geöffnet wird. Dabei überschreitet der Unterschenkel nicht die Senkrechte. Ergebnis: Durch diese Hebelwirkung ist der Beinschwerpunkt am geringsten und der Hüftbeuger hat einen minimal erreichbaren Kraftaufwand, um die Hüfte für den Kniehub zu beugen. </spoiler>

Technik

Bild 3-5:

Der Unterschenkel pendelt nach vorne ohne eine maximale Streckung zu erreichen. Dies ist nötig, um ein optimales Aufsetzen zu generieren (Bremsphase) und ist erreichbar durch die gegenläufige Bewegung der aktiven Muskulatur (erweitert bis Bild 7). Es entsteht eine aktive Greif- und Zugbewegung/Rückbewegung des Beines.

<spoiler | Muskulaturfunktion>

  • Beim Kniehub wird der Oberschenkel durch die Entspannung der zweigelenkigen ischiocruralen Muskulatur (M. biceps femoris) und der Gesäßmuskulatur (M. gluteaus Maximus) abgebremst.
  • Durch die Entspannung der zweigelenkigen ischiocruralen Muskulatur und der Gesäßmuskulatur senkt sich das Bein.
  • Ein zu frühes Aufkommen des Fußes wird vermieden durch ein kontrolliertes Beugen des Knies (nicht zu stark), durch die erneute Aktivierung des Kniestreckers und durch die Wirkung die zweigelenkige ischiocrurale Muskulatur auf die Hüftstreckung.

Ergebnis: Vor dem Aufsetzen wird das gesamte Bein zur Laufrichtung nach hinten gezogen und es entsteht eine Zugbewegung. </spoiler>

Abb.1: Vordere Schwungphase (nach Killing & Heß, 2012, S.26).

Vordere Stützphase

<note> Ziele:

  • Verringerung des Bremsstoßes auf den Fuß beim Fußaufsatz.
  • Verringern der Verminderung von vertikalen Bewegungen, um Verlustarbeit zu vermeiden und den vorderen Stütz effektiv zu überwinden.

</note>

Technik

Bild 7-8:

Die Vorwärtsgeschwindigkeit ist durch das schnelle Rückführen des Schwungbeins nach hinten-unten vor dem Fußaufsatz nun neutralisiert. Ziel ist es den Fuß mit nur geringer Bremsgeschwindigkeit auf dem Vorderfuß nahe des KSPs aufzusetzen, um einen aktiven Fußaufsatz zu erzeugen. Zu Stützbeginn (Bild 7) sind das Knie- und Fußgelenk fast senkrecht übereinander. Das Körpergewicht wird durch ein geringes Beugen von Fuß- und Kniegelenk Abgefangen. Im weiteren Verlauf wird durch das nach-hinten Führen des Beines durch die aktive Muskulatur der Gesamtkörper nach vorne über den KSP-Punkt beschleunigt.

<spoiler | Muskulaturfunktion>

  • Die Streckung des Fußgelenkes wird durch den Schienbeinmuskel verhindert. Gleichzeitig wird dadurch der Wadenmuskel M. gastrocnemius und der Schollenmuskel (M. soleus) vorgespannt.
  • Kurz vor der Landung wird das Fußgelenk durch die Wadenmuskulatur steif gestellt.

Ergebnis: Die Streckung des Sprunggelenkes kann hierdurch mit größere Geschwindigkeit durchgeführt werden. Die entstandene angezogene Fußspitze ist somit bis kurz vorm Bodenkontakt sichtbar.

  • Die Aktivität durch den Kniestreckermuskel und die Gesäßmuskulatur zu Beginn des Kontaktes bewirkt die Verhinderung des starken Beugens des Kniegelenkes.
  • Die zweigelenkige Waden- und ischiocrurale Muskulatur ist bis kurz vor dem Abheben des Fußes aktiv. Die dadurch einsetzende streckende Funktion der Fuß-, Knie- und Hüftgelenke führt zur Erhöhung der Stabilität und zu einem geringem Nachgeben zur Verminderung der vertikalen Kraft.

Ergebnis: Landungsdruck wird amortisiert und die Bremswirkung wird gering gehalten. </spoiler>

Abb.2 Vordere Stützphase (nach Killing & Heß, 2012, S.26).

Hintere Stützphase

<note> Ziele:

  • Generieren von Größe und Richtung der Abdruckkraft
  • Schnelles aktives Überwinden zum optimalen generieren des Vortriebes.

</note>

Technik

Bild 8: Das Stützbein hat den KSP-Punkt überwunden.

Bild 9-10:

Das Stützbein wird nach hinten bis zum Lösen vom Boden geführt. Das Knie ist leicht gestreckt, wobei keine betonte Kniestreckung erzeugt werden soll, um die Stützzeit so gering wie möglich zu halten. Der Kniewinkel ist bei der kompletten Stützphase konstant. Unterstützend wirken die Arbeit der Arme und des Schwungbeines bei der schnellen Rückführung.

<spoiler | Muskulaturfunktion>

  • Durch eine hohe Aktivität des Hüftstreckers und der ischiocruralen Muskulatur entsteht eine deutliche Streckung des Fuß- und Hüftgelenkes. Dadurch entsteht eine nach hinten ziehende Bewegung und der Gesamtkörper wird über das Stützbein nach vorne weiter beschleunigt.

</spoiler>

Abb.3 Hintere Stützphase (nach Killing & Heß, 2012, S.27).

Hintere Schwungphase

<note> Ziel: Gewicht des Läufers muss näher an die Hüfte gebracht werden zur Entstehung einer größeren (Dreh-) Winkelgeschwindigkeit durch das entstandene verringerte Trägheitsmoment, um den Oberschenkelvorschwung vorzubereiten. </note>

Technik

Bild 10: Das Abdruckbein löst sich vom Boden ab.

Technik

Bild 11-14: Das Bein wird schnell nach vorne geführt, um eine maximale Schrittlänge bei hoher Schrittfrequenz zu erreichen.

<spoiler | Muskulturfunktion> Durch die Reaktivität der ischiocruralen Muskulatur und die Trägheit (sehr hohe Geschwindigkeit) des Unterschenkels wird eine Bewegung nach hinten oben ausgeführt. </spoiler>

Technik

Bild 12: Der Hüftwinkel wird verringert.

<spoiler | Muskulturfunktion>

  • Die Bewegung nach hinten oben mit dem Einsetzen der hüftbeugenden Muskulatur (M. Ilopsoas) bewirkt eine weitere Verkleinerung des Winkels
  • Aktivität des M. rectus femoris (zweigelenkiger Oberschenkelstrecker) verstärkt die Hüftbeugung

</spoiler>

Technik

Bild 13: Das Bein wird im Knie angewinkelt, damit es als Pendel schnell nach vorne und anschließend nach oben geführt werden kann.

<spoiler | Muskulturfunktion>

  • M. tibialis anterior (Schienbeinmuskulatur) setzt ein wenig später ein, um die Fußspitzen anzuziehen

</spoiler>

Technik

Bild 14:

Der Unterschenkel wird angeferst. Das Schwungbein befindet sich am Ende der hinteren Schwungphase im Vertikalmoment: Der Oberschenkel des Schwungbeines erreicht den Oberschenkel des Stützbeines, Die Geschwindigkeit des Schwungbeines ist maximal, Bein ist im Knie angewinkelt.

<spoiler | Muskulaturfunktion>

  • Durch das Anfersen entsteht eine Entspannung der Knie- und Hüftstrecker und anschließend zu einer optimalen Vordehnung für Hüftbeugung in der vorderen Schwungphase. Das Vorschwingen kann dann mit einer erhöhten

Anfangskraft schneller ausgeführt werden. </spoiler>

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Abb.4 Hintere Schwungphase (nach Killing & Heß, 2012, S.27).

Technikbeschreibung nach Killing & Heß, 2012, S.26-27; Schröter & Lehmann, 2016 S. 240-246.

Muskukatrfunktion nach Schöllhorn, 2003, S.36-37; Schröter & Lehmann, 2016 S. 240-246.

verfasst von S. Geweke


4 Ausdauerfähigkeit in der Langstrecke

Der Langstreckenlauf erfreut sich in der Öffentlichkeit großer Beliebtheit, so ziehen die großen Stadtmarathons mit ihrem Eventcharakter Zehntausende Zuschauer an die Strecken, aber auch in den Stadien ist das Aufsehen groß, wenn es beispielsweise im olympischen 10.000m Finale in die letzten Runden geht und die Läufer sich gegenseitig zu Höchstleistungen antreiben.

Abb.5: Energiebereitstellung (nach Killing, 2014, S. 32).

Wie bei allen Formen des Wettrennens, steht auch im Langstreckenlauf das primäre Ziel im Vordergrund, eine vorgegebene Strecke in möglichst kurzer Zeit zu bewältigen. Im Langstreckenlauf geht es hierbei um Streckenlängen, die länger sind als eine englische Meile (ca. 1609m) (Grüning, 2012). Bezieht man diese Definition auf die olympischen Distanzen, sind die Disziplinen 5.000m, 10.000m und Marathon in der Langstrecke einzuordnen, im weiteren Sinne auch 3.000m Hindernis, wobei hier durch die Hindernisüberquerung weitere Faktoren hineinspielen, weshalb diese Disziplin in den meisten Lehrbüchern als eigene Kategorie behandelt wird. Man spricht auch umgangssprachlich von Dauerläufen, was die Ausdauerleistung nochmals mehr betont und somit die Fähigkeiten einer maximalen Geschwindigkeit weniger wichtig sind. Ab Streckenlängen von 10.000m spielt die vL3, welche die Laufgeschwindigkeit bei einem Laktatwert von 3mmol/l beschreibt, eine übergeordnete Rolle. Das Laufen an der aerob-anaeroben Schwelle steht damit im Mittelpunkt und wird stark durch hohe Trainingsumfänge beeinflusst (Killing, 2014, S. 122). Grundlegend wird zwischen allgemeiner und spezieller Ausdauer sowie zwischen aeroben und anaeroben Ausdauer unterschieden. Der für die dauerhafte Belastbarkeit und dessen Entwicklung wichtigste Faktor ist die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) bei maximaler Ausbelastung pro Minute. Da die maximale Sauerstoffaufnahme in Relation zum Körpergewicht gesetzt wird, ist hierbei die Wichtigkeit eines geringen Körpergewichtes zu erkennen. Insbesondere auf langen Strecken sollten Läufer eine gut ausgeprägte allgemeine Ausdauer, welche durch unspezifisches Ausdauertraining entwickelt wird, besitzen, da diese für das Standhalten von Dauerbelastungen hauptverantwortlich ist. Dennoch benötigt jede Laufdisziplin besondere Leistungsfähigkeiten im Bereich der speziellen Ausdauer, welche sich über die Dauer, beziehungsweise die Streckenlänge, definiert. Hierbei geht es um das Verhältnis des aeroben und anaeroben Bereiches, welches sich abhängig von der Streckenlänge unterscheidet. So wird vor allem in Langstreckendisziplinen die Energie zum großen Teil über den aeroben Bereich bereitgestellt (siehe Abb. 5) (Killing, 2014, S. 25-32). Neben den Ausdauerfähigkeiten spielen im Langstreckenlauf weitere Leistungskomponenten eine Rolle, wie Rahmenbedingungen, Motivation, allgemeiner körperlicher Zustand, Schnelligkeit, anaerobe Kapazität, Renntaktik, anatomische Merkmale und die Laufökonomie/-technik (Killing, 2014, S. 25).

verfasst von L. Elißer


4.1 Leistungsvoraussetzungen für Langstrecke

Jede Langstreckendisziplin fordert spezifische Voraussetzungen an die Ausdauerfähigkeiten, so müssen Läufer über ein breites Leistungsspektrum verfügen, welches ebenso Fähigkeiten in Über- und Unterdistanzen bietet (Killing, 2014, S. 124). Ein leptomorpher, schlanker Körperbau und eine angemessene Körpergröße sind idealtypische körperliche Voraussetzungen für einen Läufer, sodass ein optimales Kraft-Last-Verhältnis vorhanden ist (Killing, 2014, S. 24). Der optimale Läufer ist damit wie im Eingangsvideo bereits erklärt schlank, jedoch nicht zu dürr und keinesfalls untergewichtig. Lediglich unbrauchbare Muskulatur im Bereich des Oberkörpers und der Arme sind zurückgebildet (Killing, 2014, S. 26). Durch die spezifische, dünne Muskeldefinition, welche durch das Training hervorgerufen wird, wird sein schlankes anatomisches Körperbild weiter ausgeprägt und bildet eine der grundlegenden Voraussetzung eines hochklassischen Langstreckenläufers. Die Verbesserung der aeroben Ausdauer als oberstes Ziel, kann in verschiedene Teilaspekte untergliedert werden, die alle miteinander zusammenspielen müssen. Die Erhöhung der maximalen Sauerstoffzunahme (VO2max) bildet den Hauptfaktor der aeroben Kapazität. Die bereits angesprochene vL3 muss an die angestrebte Wettkampfgeschwindigkeit angepasst werden. Darin einher geht ein besserer Sauerstofftransport und folglich eine optimale Sauerstoffnutzung, der eine verbesserte Atemtechnik erfordert. Eine Erhöhung der Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit lässt sich als weiterer positiver Effekt feststellen. Durch eine saubere Technik wird folglich die Ökonomie des Laufens verbessert, was zu einer effizienteren Nutzung der gewonnenen Energien führt, sodass dadurch ebenso Belastungen länger ausgehalten werden können (Killing, 2014, S. 122-124).

<note tip> Gute 5000-Meter-Läufer besitzen ebenfalls ein hohes Leistungsniveau auf Distanzen von 1.500 und 10.000 Metern. </note>

verfasst von L. Elißer


4.2 Leistungsentscheidende Determinanten auf der Langstrecke

Als wichtiges Merkmal des Langstreckenlaufs gilt die Beanspruchung der Muskulatur und der damit verbundenen Energiebereitstellung. Die Energiebereitstellung bildet einen zentralen Faktor und beeinflusst demnach auch die Sauberkeit des Laufstils bei auftretender Ermüdung. Durch langstreckenorientiertes Training wird die Muskulatur speziell beansprucht und erfährt dadurch bestimmte Effekte, welche für eine Erhöhung der Leistungserbringung sorgen. Das Gewebe der beanspruchten Muskulatur wird stärker durchblutet und eine Umwandlung in rote Muskelfasern geht vermehrt vonstatten (vgl. Killing, 2014, S. 26). Durch ausdauerbetontes Training wird im Muskel das Protein Myoglobin vermehrt hergestellt, welches für den Sauerstofftransport verantwortlich ist. Umso mehr Myoglobin vorhanden ist, desto besser gelingt der Sauerstofftransport in der Zelle und desto dunkler färben sich die Muskelfasern, weshalb man hier von roten Muskelfasern spricht (vgl. Riedel, 2009). Rote Muskelfasern arbeiten mit 10-20 Aktionspotentialen pro Sekunde relativ langsam, sind sehr ausdauernd und gestalten sich als äußerst dünne Fasern, was zum schlanken Körperbild eines trainierten Langstreckenläufers beiträgt (vgl. Riedel, 2009). Aus diesen Gründen wird im Bezug auf die roten Muskelfasern umgangssprachlich von langsamen oder langsam zuckenden Muskelfasern gesprochen. Bei Hochleistungsathleten kann der Anteil roter Muskelfasern um bis zu 75% gesteigert werden (Killing, 2014, S. 26). Ein erhöhter Anteil roter Muskelfasern fördert somit die aerobe Energiebereitstellung, welche insbesondere bei Dauerbelastungen von hoher Bedeutung ist. Bei steigender und länger andauernder Belastungsintensität tritt jedoch nicht nur ein rein anaerober Stoffwechsel auf. Hierbei erfolgt ein Zusammenspiel der beiden aeroben und anaeroben Bereiche (Simon, 1998, S. 33). Einflussfaktoren des physiologischen Energieverbrauchs werden nach Simon (2014, S. 35) in bewegungsabhängige und bewegungsunabhängige Einflussfaktoren unterschieden. Bewegungsunabhängige Einflussgrößen lassen sich in drei Kategorien einteilen: physiologische Faktoren, psychologische Faktoren und mechanische Faktoren. Da wir uns jedoch im Bereich der Bewegungsanalyse befinden, werden wir die bewegungsunabhängigen Einflussgrößen hier nicht behandeln. Vielmehr liegt unser Hauptaugenmerk auf den bewegungsabhängigen Faktoren, welche unter Lauftechnik und Laufökonomie verstanden werden.

Lauftechnik unterliegt zahlreicher Determinanten, die in Zusammenhang zueinander stehen und für die erforderliche Leistungserbringung von hoher Relevanz sind. Ein optimales Verhältnis zwischen Schrittlänge und Schrittfrequenz ist von hoher Bedeutung, den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten. Verschiedene Untersuchungen schlossen darauf zurück, dass es nicht eine bestimmte vorgegebene optimale Schrittlänge und Schrittfrequenz gibt. So sind von Läufer zu Läufer aufgrund individueller Unterschiede verschiedene Schrittlängen und - frequenzen auszumachen, die jeweils einen optimalen Energieverbrauch aufzeigen. Tendenzen ließen sich zwischen trainierten und untrainierten Läufern ausmachen: Trainierte Läufer besitzen eine verhältnismäßig geringere Schrittlänge mit erhöhter Schrittfrequenz, da sich die Bodenkontaktzeit reduziert. Bei untrainierten Läufern tritt dementsprechend das Gegenteil auf. Daneben sind optimale Verhältnisse in Bezug auf Winkel in der Körperlage und in den Gelenken von Nöten. Für die Ökonomie ist ein größerer, nach vorne gerichteter Rumpflagewinkel von Vorteil, hierbei spricht man bei ökonomischen Läufern von einem optimalen Winkel von 6°. Die Kniegelenksstreckung am Ende der Stützphase sollte stark ausgeprägt sein, wohingegen die Fußgelenksstreckung eher geringfügiger ausgeprägt ist. Während der Stützphase gibt das Fuß- und Kniegelenk nach, um die Geschwindigkeit nicht zu verlieren und eine runde Laufbewegung zu erzielen. Markant im Langstreckenlauf ist ebenso ein geringerer Kniehubeinsatz (Simon, 1998, S. 45-47). Je geringer die Laufgeschwindigkeit, desto weiter entfernt sich der Fußaufsatz vom Körperschwerpunkt in Richtung nach vorne. Das heißt, dass gut trainierte Langstreckenläufer mit höherer Laufgeschwindigkeit, den Fuß näher an der Projektion des Körperschwerpunktes setzen und somit eine geringere Bremswirkung erzeugen (Killing, 2014, S. 41). Nach Simon (1998, S. 49-50) besitzt die KSP-Bewegung (Körperschwerpunkt-Bewegung) einen geringfügigen Einfluss auf die Laufökonomie. Bedeutsam ist ein gewisses Maß an vertikaler KSP-Bewegung, welches den Läufer in die Flugphase befördert, jedoch ein zu starkes Auf und Ab vermeidet. Der Fußaufsatz erfolgt im Langstreckenbereich in den meisten Fällen auf dem ganzen Fuß. So kommt der Bereich zwischen dem vorderen Ende der Ferse und dem Mittelfuß in suppinierter Position als erstes auf. Anschließend erfolgt eine Pronation und der Läufer befindet sich für eine kurze Zeit auf dem ganzen Fuß, bevor er sich über den Fußballen und den Zehenspitzen nach vorne abdrückt (Strüder, Jonath & Scholz, 2013, S. 421). Jedoch gibt es insbesondere bezüglich des Fußaufsatzes oftmals individuelle Unterschiede, welche sich scheinbar aus den unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen und Veranlagungen ergeben. Auch besteht weiterhin die Diskussion um den optimalsten Laufstil und die Natürlichkeit des Laufens. So wird nicht der Rückfußlaufstil, auch nicht der Aufsatz auf dem ganzen Fuß, sondern das Laufen auf dem Vorfuß als Teil einer perfekten Lauftechnik angesehen. Hierbei wird sich auf die Aussage der Natürlichkeit des Laufens auf dem Vorfuß gestützt, die in der westlichen, gemütlichen Welt immer mehr verloren gehe und dementsprechend Formen wie der Rückfußlauf entstehen (Marquardt, 2002, S. 16-17). Daraus ist zu entnehmen, dass von Natur aus ein Laufstil auf dem Vorfuß als optimal angesehen wird, es dennoch individuelle Unterschiede gibt, die verschiedene Abweichungen zulassen. Die Laufgeschwindigkeit ist demnach nicht zu verachten, bei geringeren Laufgeschwindigkeiten ist ein Kontakt mit der Ferse und somit des ganzen Fußes auf dem Boden häufig zu beobachten. Daher ist der Vorfußlaufstil im Bereich der Langstrecke nicht so weit verbreitet, wie im Bereich der Mittelstrecke oder gar des Sprints.

Im nachfolgenden Video wird die Lauftechnik von Eliud Kipchoge, einer der besten Marathonläufer der Welt, während seines inoffiziellen Rekordversuches aufgezeigt. Hierbei können die oben beschriebenen Determinanten und Merkmale nochmals im Bild aufgezeigt und analysiert werden.

<note important>Unterschiede in der Lauftechnik sind aufgrund individueller Merkmale sowie Veranlagungen möglich und können jeweils zu einer verbesserten Laufökonomie führen</note>

verfasst von L. Elißer


5 Technikbeschreibung - Langstrecke

Eine saubere und effiziente Lauftechnik führt folglich zu einer besseren Laufökonomie, was dazu führt, dass der Läufer länger und schneller laufen kann (vgl. Killing, 2014, S. 44). Durch die Reduzierung des Energieverbrauches entstehen somit weniger energieverschwendende Bewegungen, sodass Kraft gespart und richtig eingesetzt wird. Aus diesem Grund ist es von hoher Wichtigkeit, nicht nur die Ausdauerfähigkeiten im Bereich der Energiebereitstellung und Muskulatur zu verbessern, sondern gleichermaßen eine optimale Lauftechnik zu erlernen, welche die Effizienz weiter erhöht. Im Folgenden wird eine optimale Lauftechnik anhand einer Lehrbildreihe nach Killing (2014, S. 42-43) beschrieben, sodass die einzelnen Phasen transparent aufgezeigt werden können. Bei der Betrachtung der Bildreihe gilt zu beachten, dass sich die einzelnen Phasen innerhalb des Doppelschrittes auf das äußere (rechte) Bein beziehen.

Hintere Stützphase

<note> Ziele:

  • Streckung des Knie-, Fuß- und Hüftgelenks
  • Erzeugen von Vortrieb

</note>

Technik

Bild 2-4: Bei der hinteren Stützphase ist eine weitgehende Streckung insbesondere im Knie- und Hüftgelenk zu beobachten. Auch das Fußgelenk wird beim Abdruck relativ stark gestreckt. Die gesamte Streckerkette bildet einen Kraftstoß, der den Körperschwerpunkt zentral trifft und Vortrieb erzeugt (Bild 4). Durch die Schwungbein- und Armbewegung wird die Streckung des Stützbeines unterstützt.

Abb.6: Hintere Stützphase (nach Killing, 2014, S. 42-43).

Hintere Schwungphase

<note> Ziele:

  • Anfersen des Unterschenkels
  • Beugen des Kniegelenks, für schnelle Bewegung

</note>

Technik

Bild 5-8: Nach Lösen des Fußes vom Boden, pendelt das Bein nach vorne aus. Dabei wird der Unterschenkel zum Gesäß hin angeferst, was abhängig von der Laufgeschwindigkeit, weniger oder mehr ausgeprägt ausfällt. Am Ende der hinteren Schwungphase ist die größte Kniebeugung erreicht und die Arme schwingen in die Mittelstellung (Bild 8). Da Arme und Beine mit doppelter Geschwindigkeit des Körpers bewegt werden müssen, ist eine starke Beugung, welche dies vereinfacht, unabdingbar.

Abb.7: Hintere Schwungphase (nach Killing, 2014, S. 42-43).

Vordere Schwungphase

<note> Ziele:

  • schnelle Kniehubbewegung nach vorne-oben
  • Kniehub nicht vollständig in die Waagrechte führen
  • Auspendeln des Unterschenkels

</note>

Technik

Bild 9-14: Das gebeugte Bein wird aus der hinteren Schwungphase heraus schnell nach vorne-oben in die vordere Schwungphase geführt. Auch hier ist ein Unterschied in Abhängigkeit zur Laufgeschwindigkeit zu vermerken, sodass bei längeren Strecken der Kniehub geringer ausfällt, als bei kürzeren Strecken, auf denen schnellere Geschwindigkeiten erzielt werden. Der Oberschenkel wird demnach nicht bis in die Waagrechte geführt, sondern bewegt sich auf der Ebene darunter (Bild 10-11). Dabei öffnet sich der Kniewinkel und der Unterschenkel pendelt nach vorne aus, sodass eine ausgreifende Bewegung stattfindet (Bild 12-13). Während des Ausgreifens des Unterschenkels wird der Oberschenkel gesenkt und das gesamte Bein gestreckt. Durch die Streckung erfährt die ischiocrurale Muskulatur eine Anspannung, welche für eine Bewegung nach hinten-unten verantwortlich ist.

Abb.8: Vordere Schwungphase (nach Killing, 2014, S. 42-43).

Vordere Stützphase

<note> Ziele:

  • Bremsstoß minimieren
  • schnelle Überleitung in die Streck- und Abdruckbewegung

</note>

Technik

Bild 14 & 1: Das aktive Rückführen des Beines, welches in der vorderen Schwungphase eingeleitet wird, sorgt dafür, dass der Läufer in einer flüssigen Bewegung weiterlaufen kann. Der Fußaufsatz setzt nah an der KSP-Projektion auf, was den runden Schritt weiter fördert. Durch diese Faktoren wird der horizontale Bremsstoß gering gehalten. Nach Bunz (2013, S. 39) ist insbesondere die Dynamik einer flüssigen Laufbewegung von hoher Bedeutung, weshalb so das Rad des Laufens rund gehalten werden kann. Durch die ischiocrurale Muskulatur wird das Bein nach hinten gezogen, durch geringes Nachgeben in Fuß-, Knie- und Hüftgelenk wird dabei schnell in die Streck- und Abdruckbewegung und somit wieder in die hintere Stützphase übergegangen.

(Hinweis zur Abbildung 9: da sich die hintere Stützphase über das Ende und den Anfang der hier abgebildeten Lehrbildreihe erstreckt, bilden wir Bild 14 und Bild 1 zusammengefügt ab)

Abb.9: Vordere Stützphase (nach Killing, 2014, S. 42-43).

Technikbeschreibung nach Killing, 2014, S.40-44 & S. 126-127; Bunz, 2013, S. 36-39.

verfasst von L. Elißer


6 Zusammenfassung und Ausblick

Nach der Einzelbetrachtung der unterschiedlichen Disziplinen erscheint es auf dem ersten Blick, als ähnliche Bewegungsabläufe. Bei genauerer Betrachtung können jedoch signifikante Unterschiede bezüglich der Leistungsmerkmale erkannt werden, die in Tabelle 1 aufgezeigt werden. Am auffälligsten ist zunächst die Grundlagenvoraussetzung der Schnelligkeitsfähigkeit auf der Kurzstrecke, im Vergleich zur Ausdauerfähigkeit auf er Langstrecke. Trotzdem spielen Ausdauer- sowie Schnelligkeitsfähigkeiten in der jeweils anderen Disziplin eine Teilrolle.

Die von den Grundlagen abgeleiteten Leistungsvoraussetzungen unterschieden sich dahingehend, dass das Hauptaugenmerk bei der Kurzstrecke auf eine schnellstmögliche Muskelaktivierung durch das Zentralnervensystem, während bei der Langstrecke der kraftsparende Muskeleinsatz im Vordergrund liegt. Die Muskelausbildung weist dabei bei der Kurzstrecke eine maximale Ausbildung des Anteils der weißen Muskelfasern auf, bei der Langstrecke hingegen eine maximale Ausbildung des Anteils der roten Muskelfasern. Dies zielt bei beiden Disziplinen darauf ab, ein der Strecke entsprechend optimales Kraft-Last-Verhältnis zu generieren. Die Energiebereitstellung erfolgt in der Kurzstrecke zu 100% im anaeroben Bereich, in der Langstrecke erfolgt diese zu großen Teil im aeroben Bereich.

Beim Wettkampf leistungsunterscheidend fokussiert sich die Literatur in der Kurzstrecke auf die optimale Ansteuerung der Muskulatur und Ansteuerung der Kraftübertragung sowie ein individuelles Verhältnis zwischen Schrittlänge und Schrittfrequenz. Zentrale Leistungsunterschiede in der Langstrecke lassen sich durch eine effiziente Sauerstoffaufnahme und ökonomische Energiebereitstellung erkennen, welche in der Laufökonomie münden.

Ziel der Leistungsmerkmale ist es, eine der Strecke entsprechenden Techniken auszubilden, welche Voraussetzungen schaffen, um ein hohes Leistungsniveau zu erreichen. Die Technik in der Kurzstrecke zielt darauf ab, eine hohe Maximalkraft zu generieren und eine bestmögliche Schrittlänge auszubilden. Wohingegen eine optimale Schrittfrequenz und ein ökonomischer Krafteinsatz in der Langstrecke im Vordergrund steht. In Tabelle 1 sind hierbei für jede Phase die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten stichpunktartig aufgelistet. Hierbei ist zu erkennen, dass es entsprechend der Zielsetzung der Kurzstrecke darum geht, eine Maximalbewegung im Bereich Kniehub, Anfersen und aktiver Fußaufsatz zu generieren. Die Langstrecke hingegen stellt die Laufökonomie in den Vordergrund, sodass der Kniehub, das Anfersen und der aktive Fußaufsatz nicht mit maximaler Bewegungsausführung ausgeführt wird. Gemein haben beide Lauftechniken, dass sie eine dem Ziel entsprechende Abdruckphase und den daraus resultierenden Antrieb generieren.

Somit ergibt sich folgende Take-Home-Message, aus dem Einstiegsvideo:

<note tip> „Both Runners, yet different Athletes“ </note>

Tabelle 1: Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Sprint und Langstrecke (mod. nach eigener Darstellung)
Leistungsmerkmale Kurzstrecke Langstrecke
Grundlage Sprintfähigkeit Ausdauerfähigkeit
Leistungsvoraussetzungen schnelle Muskelaktivierung, Muskelausbildung, anaerobe Energiebereitstellung, weiße Muskelfasern, optimales Kraft-/Lastverhältnis kraftsparender Muskeleinsatz, Muskelausbildung, aerobe Energiebereitstellung, rote Muskelfasern, optimales Kraft-/Lasterhältnis
Leistungsentscheidende Determinanten optimale Ansteuerung der Muskulatur, Kraftübertragung, Schrittfrequenz und Schrittlänge effiziente Sauerstoffaufnahme, ökonomische Energiebereitstellung, Laufökonomie
Technik - vordere Schwungphase nahezu waagrechter Kniehub, starke Greifbewegung durch Vorpendeln des Unterschenkels geringerer Kniehubeinsatz, geringere Greifbewegung
Technik - Vordere Stützphase Fußaufsatz nahe des KSP-Punktes, sehr aktiver Fußaufsatz Fußaufsatz sehr nah am KSP-Punkt, aktiver Fußaufsatz
Technik - Hintere Stützphase Generieren der Abdruckkraft Generiern der Abdruckkraft
Technik - Hintere Schwungphase Starkes Anfersen Mittlere Ausprägung des Anfersens
Technik - Allgemein eher hohe Schrittlänge, Generieren der Maximalkraft eher hohe Schrittfrequenz, Ökonomischer Krafteinsatz



verfasst von L. Elißer & S. Geweke


Themenvorschläge für weitere wissenschaftliche Studien

  1. Gibt es Unterschiede der Leistungsvoraussetzungen zwischen weiblichen und männlichen Athleten?
  2. Nähere Untersuchungen des optimalen Fußaufsatzes in der Langstrecke - Gibt es den optimalen Fußaufsatz?
  3. Ist das Verhältnis zwischen Schrittlänge und Schrittfrequenz abhängig von Körpergröße und/oder Beinlänge?

Fragen

<spoiler | 1. Weshalb ist laufen und sprinten allgemein relevant im Sport?> Die Formen des Laufens und Sprintens kommen in einem Großteil an Sportarten vor. </spoiler>

<spoiler | 2. Welche Leistungsvoraussetzungen müssen bestehen, um eine optimale Sprinttechnik ausbilden zu können?> Es ist für den_die optimale_n Sprinter_in entscheidend, die notwendigen Muskeln maximal auszubilden, diese schnellst möglich zu aktivieren und ihnen so schnell wie möglich die nötige Energie bereitzustellen, um für den Sprint eine optimale Technik auszubilden. </spoiler>

<spoiler | 3. Gibt es Unterschiede bezüglich der Lauftechnik in der Langstrecke? Und wenn ja, warum?> Unterschiede in der Lauftechnik sind aufgrund individueller Merkmale sowie Veranlagungen möglich und können jeweils zu einer verbesserten Laufökonomie führen. </spoiler>

<spoiler | 4. Fallen dir weitere Sportarten ein, bei denen die Lauftechnik in der Kurz- und Langstrecke von Bedeutung ist? Überlege dir Einflussgrößen von außen, welche die Lauftechnik beeinflussen können.> Beispielhaft:

  • Hindernisslauf: Aufkommen von Hindernisse
  • Fußball: Kombination von Schnelligkeit und Ausdauer, Ballführung
  • Hockey: Kombination von Schnelligkeit und Ausdauer, Schlägerführung, Körperhaltung

</spoiler>

Literatur

Batterham, A. M.; Bezodis, I. N.; Kerwin, D. G. & Salo, A. I. T. (2011). Elite sprinting: are athletes individually step-frequency or step-length reliant? Medicine and Science in Sports and Exercise, 43 (6), S. 1055-1062. Zugriff am 01.Juni 2018 unter http://opus.bath.ac.uk/24129/

Bunz, W. (2013): Perfekte Lauftechnik: Schneller durch gezieltes Training. München: Blv.

Deraere, S.; Delecluse, C. & Jonkers I. (2013). The contribution of step characteristics to sprint running Performance in high-Level male and female athletes. The Journal of Strength & Conditioning Research, 27 (1), S. 116-124, Zugriff am 01. Juni 2018 unter https://journals.lww.com/nsca-jscr/Fulltext/2013/01000/The_Contribution_of_Step_Characteristics_to_Sprint.16.aspx

Grüning, M. (2012): Langstreckenlauf. Zugriff am 11. Juni 2018 unter: https://www.runnersworld.de/laufevents/langstreckenlauf.261276.htm

Lehmann, F. & Schröter, G. (2016): Kurzstrecken- und Hirdenlauf. In K-. H. Bauersfeld & G. Schröter (Hrsg.). Grundlagen der Leichtathletik (S.205-270). Aachen: Meyer & Meyer.

Killing, W. (2014): Jugend-Leichtathletik: Rahmentrainingsplan des Deutschen Leichtathletik-Verbandes für die Lauf- und Gehdisziplinen im Aufbautraining. Münster: Philippka-Sportverlag.

Killing, W. & Heß W-. D.(2012). Leichtathletik: Rahmentrainingsplan des Deutschen Leichtathletik-Verbandes für die Sprintdisziplinen im Aufbautraining. Münster: Philippka-Sportverlag.

Letzelter, H.; Letzelter, M. & Letzelter, S. (2010). Sprinttraining-Eine Bewegungs- und Trainingslehre - Band II .Niederhausen: Schors-Verlags-GmbH.

Marquardt, M. (2002): Natürlich Laufen: Schnell, leichtfüßig und verletzungsfrei durch die optimale Lauftechnik. Freiburg: Spomedis GmbH.

Riedel, C. (2009). Der Unterschied zwischen den Muskelfasern. Zugriff am 11. Juni 2018 unter: https://www.netzathleten.de/gesundheit/aufgedeckt/item/551-der-unterschied-zwischen-den-muskelfasern

Simon, C. (1998): Zur Effizienz und Ökonomie des Mittel-/Langstreckenlaufs. Köln: Sport und Buch Strauß GmbH.

Strüder, K. H., Jonath, U. & Scholz K. (2013): Leichtathletik: Trainings- und Bewegungswissenschaft – Theorie und Praxis aller Disziplinen. Köln: Sportverlag Strauß.



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